Der Traum des Satyrs
sich langsam mit tiefer Röte, als er sich selbst dabei zusah, wie er die Rolle des Hengstes übernahm. Er hatte sich selbst nie so viel Leidenschaft zeigen sehen. Einmal, während einer Vollmondnacht, hatte er zufällig sein Spiegelbild in einem Bassin gesehen, während er eine Nebelnymphe nahm. Er war überrascht gewesen, wie wenig Gefühl sein Gesicht widergespiegelt hatte, selbst in der Hitze des Höhepunktes.
»Euer Handschuh«, vernahm er den Bewahrer mit leisem Vorwurf. »Warum habt Ihr ihn nicht verzaubert?«
Dominic sah auf seine Hand im Spiegel, die an Emmas Leib lag. »Er ist sichtbar?«
»Natürlich, du Narr!«, platzte seine Mutter heraus.
»Aber ich habe ihn verzaubert, so wie immer!«, versicherte er verwirrt.
»Vielleicht nicht gut genug, um den starken Gefühlen entgegenzuwirken, die in jener Nacht im Spiel waren«, murmelte der Bewahrer, taktvoll wie immer.
»Noch nicht!« Das war Emmas Stimme. Im Spiegel war seine Hand zwischen ihre Beine geglitten und öffnete sie für sein Eindringen. Sie sog scharf die Luft ein, und der Augenblick, in dem er sich in sie stieß, war deutlich in ihrem Gesicht zu erkennen.
Der Bewahrer und die Akolythen zeigten keine Reaktion darauf, doch Dominic fühlte den Abscheu seiner Mutter, als sie ihm beim Liebesakt zusah. Ihr Entsetzen war ebenso groß wie das seine, als die Ereignisse der vergangenen Nacht hier öffentlich gezeigt wurden.
»Ausmachen!«, befahl er. Ein zuckender Muskel an seinem Kiefer war das einzige Anzeichen seines Zorns. Der Bewahrer hingegen sprang lediglich von dort weiter zu späteren Ereignissen und hielt schließlich bei der Szene an, als Dominic Emma das Neugeborene hinhielt, so dass sie es betrachten konnte.
»Eine weibliche Auserwählte?«, lamentierte seine Mutter und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Wir sind verloren! Welchen Nutzen hat ein Mädchen gegen so etwas wie Dämonen?«
»Du hast wenig Vertrauen in dein eigenes Geschlecht«, tadelte Dominic sie und ignorierte ihre Hysterie. »Ich würde mir eher Sorgen um ihr Alter machen. Ein Baby, ganz gleich, ob männlich oder weiblich, ist nicht in der Lage, meinen Platz einzunehmen. Es ist von entscheidender Wichtigkeit, dass sie Zeit hat, heranzureifen, bevor ich vernichtet werde.«
»Wohl wahr!«, stimmte der Bewahrer zu. »Und hier liegt die Hauptursache für meine Sorge und auch der Grund für diese eilige Verlobung. Bisher wart Ihr für die Bürger der Anderwelt von großem Nutzen. Doch mit der unglücklichen Enthüllung sowohl Eurer Identität als auch der der Auserwählten …«
»Wer hat das alles gesehen?«, unterbrach Dominic ihn.
»Jeder, der einen Wahrsagespiegel besitzt.«
»Bei den Höllen!« Er fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Narbe an seinem Kinn. »Dann ist alles zerstört.«
»Aber ich werde doch meinen Status als Verehrte Mutter behalten, nicht wahr?«, fragte seine Mutter aufgeregt. »Ich habe nichts falsch gemacht! Mein Sohn ist derjenige, der Verderben über uns alle gebracht hat.«
»Ihr übertreibt beide«, erwiderte der Bewahrer bedächtig. Dann fuhr er an Dominic gewandt fort: »Der Punkt ist: Euer Leben ist jetzt noch mehr in Gefahr als vorher, und wir könnten Euch jederzeit verlieren. Die Auserwählte ist noch lange nicht so weit, uns in diesem Falle zu verteidigen. Die Familie Eurer Verlobten hat viel für uns zu bieten, was Waffen und Truppen angeht.«
»Welchen Nutzen soll das haben?«, entgegnete Dominic. »Nichts davon kann das Böse der Dämonenseelen einsperren.«
»Die Zeiten werden immer auswegloser. Was kann es schon schaden, das Mädchen zu heiraten?«, beharrte seine Mutter. »Es gibt Gerüchte, dass einige Dämonen sich weiterentwickeln und Schüler als Wirte nehmen. Schon bald könnten sie unerkannt unter uns wandeln.«
Der Bewahrer bedeutete ihr, zu schweigen. »Das sind Gerüchte, die man am besten nicht beachten sollte.«
Götter!
Frustriert wandte Dominic sich ab. Das ging alles so schnell. Innerhalb von nur vierundzwanzig Stunden schien alles kurz davor, ins absolute Chaos zu stürzen.
Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie sein Spiegelbild Emmas Brustwarze an die rosigen Lippen ihrer Tochter hob. Der Gesichtsausdruck, mit dem er sie beide ansah, war wie berauscht.
»Macht dieser Vorführung ein Ende, wenn Ihr diesen Spiegel nicht in Stücke splittern sehen wollt!«, brüllte er und schlug so hart gegen die Seite des Spiegels, dass das Bild darin erbebte.
Der Bewahrer vollführte eine winkende Geste mit einer
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