Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Traum des Satyrs

Der Traum des Satyrs

Titel: Der Traum des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
Vom Netzwerk:
Hand, und das Bild verschwand.
    Dafür wurde ein anderes Bild sichtbar – die goldene Scheibe, die sich wieder in der Mitte des Spiegels drehte und immer abwechselnd ein Flachrelief von Bacchus auf der einen und die Weinreben der antiken Satyrn auf der anderen Seite zeigte.
    »Es ist größer, als ich dachte«, bemerkte Dominics Mutter nach einer kurzen Weile. Sie betrachtete das Amulett und fühlte sich sichtlich unwohl angesichts des gespannten Schweigens, das im Raum lag.
    »Es ist vergrößert dargestellt, so dass die Verzierungen besser erkennbar sind«, erklärte man ihr. »Wir hoffen, dass irgendjemand es sieht und uns Meldung macht. Doch bisher haben wir noch nichts gehört.«
    Dominic starrte auf den Spiegel. Er war mit seinen Gedanken woanders. Sein Magen knurrte und erinnerte ihn daran, dass er noch nichts gegessen hatte.
    »Ich brauche Nahrung«, brummte er gereizt.
    Der Bewahrer schnippte mit den Fingern. Augenblicklich erschien einer seiner Lakaien und fing an, Dominics übliches Frühstücksmahl zu bestellen, bestehend aus Obst, Gemüse, Fleisch, Brot und Ziegenmilch. Es war ein immer gleichbleibendes Menü, das er hier seit fünfzehn Jahren zweimal am Tag erhielt. Er stellte es nicht in Frage, denn schon vor langer Zeit war er in dem Geist erzogen worden, dass er eine Waffe darstellte und dass die Nahrung, die er zu sich nahm, nur dem Zweck diente, seine kräftige Statur zu erhalten.
    Dominic hörte nur halb zu, während sein Frühstück geordert wurde. Seine Aufmerksamkeit galt dem Spiegel, und er sah zu, wie das Bild der Scheibe sich mit hypnotisierender Langsamkeit immer wieder drehte.
    Bacchus. Reben. Bacchus. Reben. Goldenes Aufblitzen bei jeder Umdrehung, als würde sie von einer unsichtbaren Hand hochgeworfen …
    »Bacchus!«, stieß er hervor, als ihn die Erkenntnis traf. Ohne seinen Kopf zu wenden, befahl er: »Mutter, geh in die Küchenräume, und beaufsichtige die Vorbereitung meiner Mahlzeit!« Als sie sich nicht rührte, wandte er sich mit grimmiger Miene zu ihr um. »Geh!«
    Daraufhin wich sie so hastig zurück, dass sie ihre Haube fallen ließ.
    Er hob sie mit seiner behandschuhten Hand auf und hielt sie ihr hin.
    Sie sah die Haube an und wich zurück. »Nicht nötig. Ich habe noch andere.«
    Er ergriff ihr Handgelenk, drückte ihr das Stück Stoff in die Hand und schloss ihre Finger darum.
    Sie stieß unwillkürlich einen Schmerzenslaut aus und schreckte vor ihm zurück, während sie ihre Hand wegriss. »Warum musst du nur so widerlich sein?«
    »Das ist meine Natur. Nun geh, Mutter, und lass uns allein!«
    Grollend ging sie. »Ich gehe, also gut. Ich gehe. Ich werde nicht hierbleiben, um mit deinesgleichen zu essen!«
    Sobald sie fort war, wandte Dominic sich an die Akolythen und deutete auf den Spiegel. »Geht zurück zu dem Bild von letzter Nacht in der Erdenwelt – zu dem Augenblick, bevor Emmas Ehemann das Schlafzimmer verließ!«
    Sie starrten ihn neugierig an, gehorchten aber, und die Szene wurde wieder sichtbar. Carlos Hand wurde an der Seite des Spiegels sichtbar, wie sie sich zum Frisiertisch bewegte. Dann ein klimperndes Geräusch.
    »Da. Halt!«, wies Dominic sie an. »Der Gegenstand, den er aufnehmen will – vergrößert ihn, und seht ihn genau an!«
    Als sie gehorchten, erkannte er, dass es so war, wie er gedacht hatte. Dort auf dem Tisch lag eine goldene Münze. Auf der Oberseite war ein Abbild von Bacchus zu sehen, identisch mit dem auf der Scheibe, die noch vor wenigen Augenblicken im Spiegel rotiert war.
    »Das Amulett!«, rief der Bewahrer verblüfft aus. Neben ihm murmelten die Akolythen in leiser Aufregung.
    »Seht weiter hin!«, verlangte Dominic. Nach einer Weile kam der Tisch wieder ins Bild. Die goldene Münze war verschwunden.
    »Wo ist sie jetzt?« Der Bewahrer suchte Dominics Blick. »Habt Ihr sie?«
    Dominic schüttelte den Kopf. »Carlo muss sie haben.«
    Er hatte erzählt, er trage sie immer bei sich, als Erinnerung daran, wie Emma ihn übertölpelt hatte, als sie versucht hatte, sie als Verhütungsmittel einzusetzen. Das war vor einem Monat gewesen, direkt nach der Verwüstung des Tempels.
    »Doch vor allem, woher hat er sie? Glaubt Ihr, er und seine Frau waren im Bunde mit den Dämonen, die für den Raub des Amuletts verantwortlich sind? Das würde erklären, wie es kommt, dass sie die Auserwählte geboren hat – durch die Magie des Amuletts. Vielleicht haben sie beide absichtlich den Spiegel enthüllt, um Eure Identität preiszugeben und den

Weitere Kostenlose Bücher