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Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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besiegen kann«, schloss er.
    Sie waren beinahe so etwas wie Freunde geworden. Bartók hätte die Sorgen, die er sich um die Verhältnisse in Budapest machte, keinem anderen anvertrauen können. Über das Grauen, das sich in den Straßen ausbreitete, und das Wunder. Unwahrscheinlich, dass er mit anderen Leuten über duftenden Jasmin sprach. Aber noch hatte er nicht erwähnt, warum er den Prinzen festhielt, aus welchem Grund er sich zu Kununs Handlanger machen ließ.
    Mattim hatte den Verdacht, dass es um Adrienn ging, und er wusste, dass er Bartók darauf ansprechen musste. Nur wie sollte er anfangen? Sollte er etwa sagen: Das mit Ihrer Mutter tut mir leid?
    Er stellte den Teller auf die Matratze, die auf dem Boden lag. Der Raum war behelfsmäßig eingerichtet, er gab nicht vor, etwas anderes zu sein als ein Gefängnis. » Ich habe dir ein Zimmer oben in der Wohnung angeboten, Mattim. Dass du es ausgeschlagen hast, dafür kann ich nichts.«
    » Weil ich nicht schwören wollte, dass ich keinen Fluchtversuch unternehme?« Mattim war wieder einmal in Versuchung, seinen Gastgeber anzugreifen. Er hatte es bereits einmal getan, aber Bartók war nicht irgendjemand, sondern ein Mann mit einer unglaublich harten Rechten und einer Menge nachahmenswerter Tricks. Dreimal hatte er Mattim mittlerweile niedergeschlagen. Für eine einzige Nacht hatte der Prinz genug durchgemacht. Nachdem ihn schon die Soldaten auf der Brücke in Akink verprügelt hatten, reichte es ihm allmählich. Mittlerweile konnte er sich kaum mehr rühren.
    » Ich will dir nicht wehtun.«
    » Das haben Sie schon. Lassen Sie mich endlich gehen. Ich werde nie im Leben versprechen, dass ich mich freiwillig irgendwo einschließen lasse. Ich will hier raus, und das wissen Sie genau.«
    Adrienn Bartók hatte ihn wie einen Enkelsohn verhätschelt, bevor sie durchdrehte, und auch Bartók hatte irgendwie einen Narren an ihm gefressen. In Akink war es genauso gewesen. Er hatte etwas an sich, das andere dazu brachte, ihn zu mögen. Leider hinderte sie das nicht daran, ihn zu quälen.
    » Er hat Magyria«, sagte Mattim, ohne den Namen seines Bruders auszusprechen. » Soll er denn alles andere auch bekommen?«
    » Du meinst, dafür ist Kunun verantwortlich?«, fragte Bartók. » Wie kann er bewirken, dass der Himmel über Budapest dunkler wird oder dass es in den Straßen nach Blumen riecht?«
    » Sie sind sich sogar sicher, dass mein Bruder damit zu tun hat«, stellte Mattim gelassen fest, » sonst wären Sie nicht mit all diesen Nachrichten hergekommen, ausgerechnet zu mir.«
    » Wie bewerkstelligt er das?«, wiederholte Bartók seine Frage, diesmal leise und eindringlich. » Wie, um alles in der Welt, ist das möglich? Ich möchte dich in diesem Kampf sehen, aber ich habe das Leben meiner Mutter aufs Spiel gesetzt. Wenn ich dich ewig hier festhalten muss, damit ich sie wiedersehe, dann werde ich das tun.« Seine Stimme wurde brüchig. » Das ist meine einzige Chance, verstehst du, und die kann ich nicht vertun.«
    » Kunun hat… Das hat er gesagt? Dass er Ihre Mutter in seiner Gewalt hat?«, fragte Mattim erschrocken.
    » Nicht direkt«, musste der Kommissar zugeben. » Aber dass ich nur auf Nachrichten von ihr hoffen kann, wenn ich auf dich aufpasse. Ich bin dafür verantwortlich, dass du hierbleibst, und kann es nicht riskieren, dass du abhaust. Kunun ist niemand, den man verärgern möchte, nicht wahr?« Er seufzte. » Ich hätte sie niemals in Gefahr bringen dürfen. Meine Mutter spielt gerne Schach, wusstest du das?«
    » Ja«, erwiderte Mattim leise. Wie sollte er… wie sagte man so etwas?
    » Der weiße König gegen den schwarzen König. Kunun sollte glauben, er hätte dich aus dem Spiel geworfen, und du solltest ihn besiegen! Warum hätte ich mir sonst so viel Mühe mit dir gegeben? Alles vergeblich! Ich hätte damit rechnen müssen, dass es übel ausgeht, wenn man sich einmischt. Wer überleben will, muss unauffällig sein und mitspielen. Wusste ich das nicht? So ist es immer. Was hat mich bloß geritten, mich mit Kunun anzulegen?«
    » Er hat etwas an sich«, meinte Mattim, » dass man ihm am liebsten die Nase brechen möchte.«
    » Stimmt«, sagte Bartók deprimiert. » Ich bin bloß ein kleiner Bauer in dem Ganzen. Was mit mir geschieht, ist nicht wichtig. Aber meine Familie… Das ist etwas anderes.« Seine Augen blieben trocken. » Dabei wusste ich nicht einmal, dass es etwas anderes ist.«
    » Es muss schlimm um die Welt stehen, wenn jemand so etwas

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