Der Traum des Wolfs
Thom als Schönheit, die es zu erobern galt, und Gareth als Königin, der man dienen musste. Aber keiner von ihnen machte mich zum Mittelpunkt seines Lebens, seines Herzens. Ich glaube, Thom und Gareth haben mich geliebt, aber als etwas, das man festhalten und dann wieder loslassen muss. Aber ich glaube nicht, dass du mich je losgelassen hast.«
»Das werde ich auch nicht«, erwiderte Tallanvor leise.
»Du gehst nach Tear. Aber du hast gesagt, du würdest niemals gehen.«
»Mein Herz bleibt hier. Ich weiß nur zu gut, wie es ist, aus der Ferne zu lieben, Morgase. Ich tat es jahrelang, bevor diese Narrenreise ihren Anfang nahm, und ich werde es noch viele Jahre lang tun. Mein Herz ist ein Verräter. Vielleicht tut ein Trolloc mir ja einen Gefallen und reißt es mir aus der Brust.«
»So bitter«, flüsterte sie.
»Ihr habt deutlich zum Ausdruck gebracht, dass mein Interesse nicht erwünscht ist. Eine Königin und ein einfacher Gardesoldat. Der reine Irrsinn.«
»Ich bin keine Königin mehr.«
»Nicht dem Titel nach, Morgase. Im Wesen schon.«
Ein Blatt löste sich aus der Höhe und fiel in den Teich. Dabei hätte es noch ein langes grünes Leben haben müssen.
»Wisst Ihr, was das Schlimmste daran ist?«, fragte Tallanvor. »Die Hoffnung. Die Hoffnung, die ich mir zu empfinden gestattete. Ich dachte, wenn ich mit Euch … mit dir reise, dich beschütze, dann erkennst du es vielleicht. Interessierst dich ebenfalls. Und vergisst ihn.«
»Ihn?«
»Gaebril«, fauchte Tallanvor. »Ich sehe doch, dass du noch immer an ihn denkst. Selbst nach allem, was er dir antat. Ich lasse mein Herz hier, aber du hast deins in Caemlyn gelassen.« Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie er sich von ihr abwandte. »Was auch immer du in ihm sahst, ich habe es nicht. Ich bin nur ein einfacher Idiot von einem Gardisten, der die richtigen Worte nicht findet. Du hast Gaebril angehimmelt, und er hat dich so gut wie ignoriert. So ist die Liebe. Verdammte Asche, eigentlich habe ich bei dir das Gleiche getan. «
Sie schwieg.
»Und darum muss ich gehen«, sagte er. »Du bist jetzt in Sicherheit, und allein das ist wichtig. Das Licht steh mir bei, aber das ist immer noch alles, wofür ich mich interessiere!«
Er ging, Zweige zerbrachen unter seinen Stiefeln.
»Gaebril war einer der Verlorenen«, sagte sie.
Die Zweige verstummten.
»In Wirklichkeit war er Rahvin«, fuhr sie fort. »Er übernahm Andor mithilfe der Einen Macht und zwang anderen Menschen seinen Willen auf.«
Tallanvor stieß zischend die Luft aus und eilte zurück zu ihr. »Bist du sicher?«
»Sicher? Nein. Aber es macht Sinn. Wir können nicht ignorieren, was mit der Welt geschieht, Tallanvor. Das Wetter, wie Lebensmittel in einem Herzschlag verderben, die Taten dieses Rand al’Thors. Er ist kein falscher Drache. Die Verlorenen müssen wieder frei sein.
Was würdest du tun, wenn du einer von ihnen wärst? Ein Heer aufstellen und erobern? Oder einfach in einen Palast spazieren und die Königin zu deiner Gefährtin machen? Ihren Verstand so verdrehen, dass sie dich tun lässt, was immer du willst? Du bekämst die Mittel einer ganzen Nation, und das mit geringem Aufwand. Du müsstest kaum einen Finger rühren …«
Sie hob den Kopf und starrte in die Ferne. Nach Norden. Nach Andor. »Man nennt es Zwang. Ein finsteres, abscheuliches Gewebe, das deinem Opfer den Willen raubt. Eigentlich darf ich gar nicht wissen, dass es das gibt. .
Du sagst, dass ich an ihn denke. Das stimmt. Ich denke an ihn, und ich hasse ihn. Ich hasse mich selbst für das, was ich ihn tun ließ. Und ein Teil meines Herzens weiß ganz genau, sollte er hier erscheinen und etwas von mir verlangen, ich würde es tun. Ich könnte nichts dagegen tun. Aber was ich für ihn empfinde, dieses Ding, das mein Verlangen und meinen Hass wie zwei Haarsträhnen in einem Zopf verflicht, das ist keine Liebe.«
Sie drehte sich um und sah Tallanvor an. »Ich weiß, was Liebe ist, Tallanvor, und Gaebril hat sie nie von mir bekommen. Ich bezweifle, dass eine Kreatur wie er überhaupt Liebe verstehen konnte.«
Tallanvor erwiderte ihren Blick. Seine Augen waren dunkelgrau, weich und rein. »Frau, du gibst mir wieder dieses Ungeheuer namens Hoffnung. Pass auf, was sich direkt vor dir befindet.«
»Ich brauche Zeit zum Nachdenken. Würdest du im Augenblick davon Abstand nehmen, nach Tear zu gehen?«
Er verneigte sich. »Morgase, wenn du etwas von mir willst, egal was es ist, brauchst du mich nur zu fragen. Ich
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