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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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ein liebevoller Vater zu sein. Und er konnte die Rollen nicht trennen. Er erhielt Ehrenmedaillen, starb jedoch langsam, aber sicher als menschliches Wesen.
    Als ich hörte, wie der Fremde die Arroganz des Beamten unterhöhlte, hatte ich den Impuls, diesen zu fragen, ob er wirklich einen Sohn hatte oder ob der Meister dies nur vermutete. Doch ich sah den Polizeibeamten in sich versunken; er schien an seinen Verstand gekettet und versuchte wohl gerade, einem Gefängnis zu entkommen, in das er sich vor vielen Jahren selbst hineinbegeben hatte.
    Der Psychiater hielt es nicht länger aus. Da er sah, dass der Polizeihauptmeister völlig verloren war, versuchte nun er, den Eindringling in Verlegenheit zu bringen. Wahrscheinlich glaubte er, dass seine Ideen ihm den Boden unter den Füßen wegziehen und seine Unsicherheit ans Tageslicht zerren würden. Mit psychologischer List sagte er: »Wer seine Identität nicht preisgibt, versteckt seine Schwäche.«
    »Glauben Sie, ich sei schwach?«, fragte der Meister.
    »Ich weiß nicht!«, reagierte der Psychiater zögernd.
    »Sie haben recht. Ich bin schwach. Ich habe gelernt, dass niemand, auch kein Wissenschaftler, es wert ist, eine Autorität genannt zu werden, wenn er nicht seine Grenzen und seine Schwächen anerkennt. Sind Sie schwach?«
    »Also …«
    Da der Psychiater zauderte, fragte der Meister weiter: »Welcher therapeutischen Schule gehören Sie an?«
    Der Fremdling, der mich für sich eingenommen hatte, überraschte mich mit dieser Frage, deren Motiv ich nicht verstand. Sie schien mit der Angelegenheit nichts zu tun zu haben. Aber der Psychiater, der auch Psychotherapeut war, sagte mit einer Prise Hochmut: »Ich bin Freudianer.«
    »Also gut. Dann antworten Sie mir: Was ist komplexer – eine psychologische Theorie, welche auch immer, oder der Geist eines Menschen?«
    Der Psychiater fürchtete eine Falle und schwieg einen Augenblick. Dann antwortete er indirekt: »Wir nutzen Theorien, um die menschliche Psyche zu entziffern.«
    »Bitte lassen Sie mich noch eine Frage stellen: Eine Theorie können Sie studieren und schließlich erschöpfend auslegen, aber ist Letzteres auch mit der menschlichen Psyche möglich?«
    »Nein. Aber ich bin nicht hier, um von Ihnen hinterfragt zu werden!«, sagte der Psychiater geringschätzig, ohne zu verstehen, was sein Gegenüber erreichen wollte. »Ich bin ausgewiesener Spezialist auf psychologischem und psychiatrischem Gebiet!«
    Angesichts dieses Hochmuts versetzte ihm der Meister nun den tödlichen Stoß: »Die Fachleute für geistige Gesundheit sind Poeten der Existenz, sie haben eine wunderbare Mission, doch sie können einen Patienten niemals in das Korsett einer Theorie zwängen, sondern immer nur die Theorie an den Patienten anpassen. Schließen Sie einen Patienten niemals in das Gemäuer einer Theorie, denn dann machen Sie ihn klein. Jede Krankheit ist Teil eines kranken Menschen, und jeder kranke Mensch hat eine Psyche, die so unendlich ist wie das Weltall.«
    Ich verstand die an den Psychiater gerichtete Botschaft, da ich am eigenen Leibe erlebt hatte, worauf sie sich bezog. Er hatte mich mithilfe therapeutischer Techniken vor dem Hintergrund gewisser Interpretationen angesprochen, die ich sofort zurückwies. Er hatte die Selbstmordabsicht behandelt, aber nicht das zerrissene Menschenwesen in mir. Seine Theorien mochten wohl in vorhersehbaren Situationen nützlich sein, insbesondere wenn der Patient von selbst um Hilfe bittet, aber nicht in Situationen, in dem dieser Widerstand leistet oder die Hoffnung verloren hat. Ich leistete Widerstand, sodass ich den Psychiater zunächst als Menschen brauchte und dann erst als Fachmann. Da er mich als Kranken angesprochen hatte, empfand ich ihn als Eindringling und zog mich in mein Schneckenhaus zurück.
    Der Traumhändler hatte den umgekehrten Weg beschritten. Mit seinen penetranten Fragen hatte er zunächst meine Psyche durchdrungen wie eine Nährlösung, die sich im Blutkreislauf ausbreitet und die Zellen anregt. Erst in einem zweiten Schritt hatte er die Selbstmordabsicht behandelt. Er hatte bemerkt, dass ich ein widerständiger, sturer Intellektueller war, und hatte erst einmal meiner Selbstgefälligkeit das Fundament entzogen.
    Obwohl er als Poet der Existenz bezeichnet worden war, gefiel es dem Psychiater nicht, von einem schlecht gekleideten Unbekannten ohne akademischen Rang hinterfragt zu werden. Er zeigte auch keine Freude darüber, dass ich mir den Gedanken an Selbstmord aus dem

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