Der Traumhändler
Kopf geschlagen hatte. Unglückselige Missgunst! Sie machte mich wütend, aber ich erinnerte mich daran, dass auch ich ihr im Tempel der Universität erlegen war.
Da legte der Meister seine Hand auf die Schulter des jungen Einsatzleiters der Feuerwehr und sagte zu ihm: »Herzlichen Glückwunsch, mein Sohn, für deinen Mut, dein Leben für Menschen zu riskieren, die du nicht kennst. Auch du bist ein Traumhändler!«
Nach diesen Worten machte er einige Schritte in Richtung Tür, um mit dem Aufzug wieder nach unten zu fahren, und ich folgte ihm. Aber die Überraschungen waren hier noch nicht zu Ende. Der Psychiater schaute den Polizeibeamten an und sprach hinter unserem Rücken einen Gedanken aus, den wir nicht hören konnten, der aber erstaunlicherweise vom Traumhändler gleichzeitig laut formuliert wurde: »Verrückte unter sich!«
Der Psychiater wurde rot. Er fragte sich wohl genauso wie ich, wie es sein konnte, dass ein Fremder seinen Gedanken zeitgleich mit ihm aussprechen konnte.
Angesichts unserer Verblüffung hatte der Traumhändler noch Zeit, uns auf dem Gebäudedach eine letzte, unvergessliche Lektion zu erteilen. Er bemerkte zum Psychiater: »Bei den einen ist der Wahnsinn sichtbar, bei den anderen unsichtbar. Unter welcher Art von Wahnsinn leiden Sie?«
»Unter keiner! Ich bin normal!«, reagierte der Fachmann für geistige Gesundheit in heftigem Tonfall. Sofort gab der Traumhändler zurück: »Mein Wahnsinn ist sichtbar.«
Anschließend kehrte er ihm den Rücken zu und ging los, mit den Händen auf meinen Schultern. Nach wenigen Schritten schaute er auf zum Himmel und rief: »Gott, bewahre mich vor den sogenannten ›normalen Menschen‹!«
Austreibung der Dämonen
S tumm fuhren wir im Fahrstuhl hinab. Während ich grübelte, pfiff der Traumhändler seelenruhig vor sich hin. Freudig schien er die breiten Alleen seines Geistes zu beschreiten. Wir durchquerten die großzügige Eingangshalle mit ihren Lüstern, antiken Möbeln und dem riesigen Rezeptionstisch aus glänzendem Mahagoni. Erst jetzt bemerkte ich, wie wunderschön diese Gegenstände waren. Bisher hatte ich sie furchtbar gefunden. Meine düsteren Gefühle hatten die Welt verdunkelt.
Draußen unter der taghellen Straßenbeleuchtung wartete eine ungeduldige Menschenmenge auf Neuigkeiten, die ich nicht vorhatte zu liefern. Ehrlich gesagt wollte ich mich davonstehlen, den Skandal vergessen, in meinem Leben eine neue Seite aufschlagen und keine Sekunde länger auf meinen Schmerz verschwenden. Es war mir klar, dass ich alle Aufmerksamkeit auf mich gezogen hatte, weil ich mich aus dem Leben hatte verabschieden wollen. Nun versank ich vor Scham im Erdboden. Aber ich konnte mich nicht wegbeamen, sondern musste mich den Blicken des Publikums stellen. Einen Augenblick lang war ich wütend auf mich selbst. Ich dachte: »Es gab doch verschiedene Auswege aus meiner Krise. Warum habe ich keinen davon gewählt?« Tja, Schmerz macht blind, und Frustration verdunkelt das Denken.
Als wir aus dem Alpha-Gebäude auf die Straße traten und die Absperrung passierten, wollte ich mein Gesicht verbergen und schnellstens verschwinden. Der Menschenauflauf war jedoch so groß, dass es kein rasches Durchkommen gab. Pressevertreter bestürmten mich. Mit gesenktem Kopf trat ich einen Kreuzweg an.
Um mich nicht bloßzustellen, vermied es der Traumhändler, irgendwelche Auskünfte zu geben. Niemand wusste, was wirklich auf dem Gebäudedach passiert war, sodass meine bereichernde Auseinandersetzung mit dem geheimnisvollen Mann in meinem Geist verborgen blieb.
Langsam entkamen wir den Medienvertretern und bahnten uns den Weg durch die Menge. Mir kam der erschreckende Gedanke, dass wir wie Stars behandelt worden waren: Ich war nun berühmt, aber aus Gründen, die mir alles andere als angenehm waren.
Für meinen Begleiter war der Starkult ein bezeichnendes Symptom für das globale Irrenhaus, in dem wir uns befinden.
»Wer verdient denn mehr Beifall, ein Hollywoodschauspieler oder vielleicht eher der anonyme Müllmann? Was die Komplexität ihrer Psyche und ihrer Lebensgeschichte angeht, gibt es keinen Unterschied zwischen ihnen. Aber das zu sagen empfinden sogenannte ›normale Menschen‹ als Ketzerei.«
Da die erregte Menge mich noch immer bedrängte und mit der Frage nach dem, was passiert war, bestürmte, leitete der Traumhändler ein geschicktes Manöver ein, um ihre Aufmerksamkeit umzulenken. Anstatt sich diskret aus der Situation zu stehlen, hob er mitten im Aufruhr
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