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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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die Hände und bat um Ruhe. Diese stellte sich erst nach einigen langen Augenblicken ein.
    Ich erwartete die nächste verwirrende Ansprache. Aber mein befremdlicher Begleiter war noch exzentrischer, als ich dachte. Ohne weitere Erklärungen bat er die Zuschauer darum, einen großen Kreis zu bilden, was aufgrund des Gedränges nicht einfach war. Und zur Überraschung aller begann er in der Kreismitte eine Art irischen Tanz. Er ging in die Hocke und warf dann abwechselnd den rechten und linken Fuß in die Höhe, wobei er sich langsam wieder aufrichtete. Dazu juchzte er euphorisch.
    Ich konnte mich nicht des Gedankens erwehren, dass ein kultivierter Mensch nie so reagieren würde. Auch wenn er dazu Lust hätte, würde ihm der Mut fehlen. Da waren sie wieder, meine Vorurteile! Gerade hatte ich mich fast umgebracht, aber meine Vorurteile waren lebendiger denn je. Tja, im Grunde war ich auch nicht besser als die »Normalbürger« …
    Keiner verstand die Reaktion des Traumhändlers, ich am wenigsten, aber einige Leute begannen mitzumachen. Andere standen mit offenem Mund da, nachdem sich das Horrorspektakel auf diese Weise in ein fröhliches Fest verwandelt hatte. Freude ist ansteckend, und so breitete sich eine ungezwungene Euphorie aus.
    Der Kreis wurde größer und diejenigen, die den Tanz kannten oder so taten, als ob, hakten sich untereinander ein und tanzten im Reigen. Diejenigen am Rand ließen sich mitreißen und begannen rhythmisch zu klatschen. Viele jedoch hielten auch Abstand, unter ihnen einige gut gekleidete Geschäftsleute. Sie wollten mit den Ausgeflippten lieber nichts zu tun haben und zogen es vor, ihren persönlichen Wahnsinn zu verbergen, genau wie ich.
    Einer der Tanzenden war besonders enthusiastisch und sprang immer wieder in die Kreismitte, um ein Solo nach dem anderen zu tanzen. Nach jedem Auftritt erntete er tosenden Applaus. Ich konnte mich noch eine Zeit lang im Gewühl verbergen, doch plötzlich kam der Traumhändler auf mich zu, nahm mich am Arm und zog mich übermütig in die Mitte des Kreises.
    Ich war verlegen und stand da wie angewurzelt. Ich, der brillante Hochschullehrer und überragende Redner, war körperlich völlig steif und ohne Rhythmusgefühl. Ich konnte zwar vor Studenten und Professoren aus dem Kapital von Marx zitieren und war ein glühender Verteidiger der Redefreiheit, aber im innersten Winkel meiner Seele war kaum Freiheit zu finden. Die Leute tanzten um mich herum und feuerten mich an, aber ich war wie gelähmt. Noch vor Kurzem hatte ich mich auf dem Gebäudedach selbst zum Zentrum der Aufmerksamkeit gemacht, doch jetzt hoffte ich inständig, niemand möge mich erkennen und kein Professor oder Student meiner Universität zugegen sein. Zu sterben war mir gleichgültig gewesen, aber mitten auf der Straße zu tanzen war mir nun peinlich … Welch ein Wahnsinn! Ich musste feststellen, dass ich kränker war, als ich dachte.
    Ich war ein diskreter, gefasster, nachdenklicher Mensch, der mit ruhiger Stimme sprach, zumindest wenn ich nicht provoziert wurde. Zu jubilieren, und dann auch noch mitten auf der Straße – das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Ich hatte keinerlei Improvisationstalent und war vom Intellektuellenvirus der Förmlichkeit befallen: Alles hatte so zu sein, wie es sich gehörte, alles hatte seinen Platz … aber es stank zum Himmel. Die Umstehenden schauten erwartungsvoll und wollten mich tanzen sehen, doch ich war wie erstarrt. Doch die nächste Überraschung ließ nicht lange auf sich warten. Der zerlumpte Säufer, der mit dem Finger auf mich gezeigt hatte, als ich oben auf dem Alpha-Gebäude stand, erschien, hakte mich unter und wollte mich in den Tanz ziehen.
    Nicht nur war seine Alkoholfahne unerträglich, sondern er torkelte beim Tanzen derart, dass ich ihn festhalten musste. Da er meine Erstarrung bemerkte, blieb er stehen, sah mich an, gab mir einen schmatzenden Kuss auf die Wange und lallte: »Entspann dich, Alter! Der Anführer der Außerirdischen hat dich gerettet. Das hier ist dein Fest!«
    Damit traf er mitten in meinen Hochmut, der langsam zu schwinden begann. So viel Lebendigkeit und Spontaneität hatte ich selten erlebt. Da kam mir das Gleichnis vom guten Hirten in den Sinn. Ich hatte es früher einmal mit den Augen des Soziologen gelesen und absurd gefunden, dass der Schäfer darin neunundneunzig Schafe allein lässt, um ein einziges zu suchen. Während für das sozialistische Ideal Millionen Menschen sterben mussten, war Christus tief

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