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Der Traumkicker - Roman

Der Traumkicker - Roman

Titel: Der Traumkicker - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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gekommen war), und dann fielen wir über ihn her. Am Ende meinte Pata Pata in spöttisch versöhnlichem Ton, die Idee von dem alten Grindkopf sei ja gar nicht schlecht, aber er hätte da eine viel bessere: Er könne ja heute Nacht in geheimer Mission wie Agent 007 im Film nach María Elena gehen und die beiden Schäferhunde vom Staubfressertrainer mit seinen Strychninbällchen füttern, als Rache dafür, dass sie unseren Torwart in Gips gelegt hatten.
    Ins allgemeine Gelächter hinein lallte Don Silvestre, das sei in der Tat eine Überlegung wert:
    »Könnt ihr euch vorstellen, wie der Arsch am Sonntag in den Seilen hängt, wenn ich ihm die beiden Tölen vergifte?«
    Und zu guter Letzt fiel uns noch ein (der Pisco schien mit seinen fünfundvierzig Umdrehungen unser Denkvermögen zu vertausendfachen), den Gästen bei der Ankunft nicht bloß ein paar Häppchen zu bieten, wie die Siedlungsverwaltung sich das vorstellte, sondern ein Fest im Rancho Grande, das sich gewaschen hatte. Ein Gelage, zu dem die Gold Whites aufspielten und Wein und Bier in Strömen flossen (nicht wie der Loa, zwarder längste Strom Chiles, aber so schmal, dass man an einigen Stellen mit einem Schritt ans gegenüberliegende Ufer kam). Ein Fest und ein Mittagessen. Wo selbst María Marabunta hinterher keinen Bissen mehr runterbekam. So schwer und so sättigend wie irgend möglich. Zum Beispiel (hier ließen wir unserer Phantasie freien Lauf, und das Wasser lief uns im Mund zusammen), als ersten Gang eine schön pikante Platte mit Schweinsfüßen und rohen Zwiebeln, fein gehackt wie für gefüllten Truthahn, und gekochte Kartoffelscheiben dazu, als Hauptgang einen großen Berg Püree mit Rippchen und Kutteln und als Nachtisch einen bleischweren Brotpudding mit Nüssen und Rosinen, übergossen mit zähem Bienenhonig oder Rohzuckersirup.
    »Oder Unmengen von Pfirsichsaft mit Graupen, mein Lieber!«, schlug Silvestre Pareto vor, für den es kein Halten mehr gab. »Das Zeug bläht doch wie der Teufel!«
    Von Doña María Marabunta (die auch als Hexe tätig war) wusste Pata Pata schließlich noch zu berichten, dass sie in seinem Auftrag schon mit den Ritualen für den Sieg unserer Mannschaft begonnen hatte. Sie habe nicht bloß zwei schwarze Hühner geschlachtet, sondern vor drei Tagen auch im Räucherkerzenqualm die Macumba-Beschwörung »Pilatus, Pilatus, siegen wir nicht, bleibst du in der Pflicht« gemurmelt und dabei Nadeln in elf Püppchen aus Lumpen getrieben, die schwarz-orange angezogen waren wie die Staubfresser.

Hier bin ich, liebe Hörerinnen und Hörer an den Radios, werte Patienten, draußen vor dem Rancho Grande inmitten der Menschenmenge, die auf den Beginn der Parade wartet, und nicht weit von mir haben die Spieler der beiden Teams in ihren jeweiligen Clubfarben Aufstellung genommen, hinter der kleinen Marschkapelle unserer Grundschule, die in diesem Augenblick loslegt mit den ersten Akkorden von »Die alten Standarten«, und damit setzt sich der Zug zum Sportplatz in Bewegung, und wir werden mitgeschwemmt von dieser Parade, die in letzter Minute anberaumt wurde von denen, die hier das Sagen haben, weil diesen papulösen Auswüchsen der bösen Geschwulst Paraden so irre behagen, und hier marschieren wir im Takt wie die dressierten Pausenclowns, Ran, Tan, Rantantan, marschieren mit den Hauptdarstellern dieser historischen Begegnung, inmitten der Menschenmassen, unter der brandigen Sonne siechend und schweißgetränkt, und von hier kann ich als Erste vorneweg die beiden gegnerischen Mannschaften marschieren sehen, dann, gleich dahinter, die Offiziellen, Siedlungsleitung und Vereinsobere, alle recht aufgeblasen, Gesichter wie bis zum Anschlag strangulierte Hämorrhoiden, und gleich dahinter, martialisch im Takt, alles, was in der Siedlung Rang und Namen hat, als da sind, um nur einige zu nennen: die Pfadfinder, die Frauen der Mütterzentren, die Tänzer derreligiösen Bruderschaften mit ihren Teufelsmasken und bunten Gewändern, die Feuerwehrleute in Galauniform und die Vertreter der verschiedenen Minenabteilungen, alle ergriffen, ja überwältigt von Gefühlen, wissen sie doch, dass es ihre letzte Parade durch diese Straßen ist, in denen sie aufgewachsen sind und die bald schon, meine Damen und Herren, sehr bald nicht mehr existieren, nicht mehr vorhanden, buchstäblich im Arsch sein werden, und hier gehen wir also alle zusammen, Staubfresser und Aasfresser, lassen in trauter Zwietracht die Siedlung hinter uns und ziehen geradewegs

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