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Der Traumkicker - Roman

Der Traumkicker - Roman

Titel: Der Traumkicker - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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Körper würde schon wissen, was zu tun war. Das klappte von selbst. Eine Frage der Natur.
    »Es ist genau so, wie einen Elfmeter zu treten. Du zielst und ziehst ab. Alles, was dann kommt, ist der siebte Himmel.«
    Danach fragte er, jetzt in ernsterem Ton, ob er Marilina sehr liebe.
    »Für immer und ewig«, sagte Tuny Robledo und bereute es sofort.
    »Bei mir hält die ewige Liebe exakt zweieinhalb Monate«, sagte sein Freund sarkastisch.
    Und erzählte ihm dann, das Thema wechselnd, wie er selbst seine gewohnte Vorbereitung diesmal gestalten wollte: die beiden Nummern in der Nacht vor dem Spiel.
    Diesmal müsse es eine Staubfresserin sein.
    Die ganze Woche habe er sich den Schädel darüber zerbrochen, seit ihm klar geworden war, dass der Tag vor dem Spiel Allerheiligen war. Da würden sich die Straßen mit Mädchen füllen, die den Friedhof besuchten, und das hieß, jede Menge Auswahl. Aber er suchte ja nichtirgendeine. Nein, er brauchte etwas ganz Spezielles, eine, die für alles zu haben war, schließlich würde er sie nicht nur verführen und erobern müssen, sondern auch dazu bewegen, dass sie blieb, bis es dunkel war.
    »Falls nötig, schwöre ich ihr ewige Liebe«, sagte er lachend.
    Und weil es außerdem ein sehr besonderes Spiel sei, müsse auch seine Vorbereitung anders verlaufen als sonst. Nicht in den Höfen und im Stehen wie meistens; auch nicht auf dem harten Steinbett hinter dem Basketballfeld, wo er es schon ein paarmal getan hatte (wo aber jetzt wegen des Regens sowieso alles im Matsch versunken wäre). Nein, diesmal müsse es auf dem Fußballplatz sein. Aber nicht in der Umkleide oder auf der Trainerbank, wo er auch schon ein paarmal gewesen war, sondern richtig auf dem Spielfeld. Wenn möglich vor dem Westtor, da habe er die besten Treffer seiner »Fußballkarriere« erzielt. Er werde die Kleine am Elfmeterpunkt vernaschen und sie von dort aus (das war das Geniale an der Idee) treiben und stoßen, bis er sie im Tor hätte.
    »Wie du siehst, Mann«, sagte er mit einem Blitzen in den Augen, »muss ich so eine Art ›Torfick‹ hinlegen.«
    Und für diese Meisterleistung würde er natürlich ein Weibsstück brauchen, das es faustdick hinter den Ohren hatte und mehr auf die harte Tour als auf Händchenhalten stand.
    Im Gewerkschaftshaus, wo man über vollgesogene Lappen steigen musste und gegen Behälter stieß, die das vom Dach tropfende Wasser auffingen, verputzten wirunterdessen einen Berg Kürbispfannkuchen, die Pata Patas Frau im Handumdrehen auf den Tisch gezaubert hatte. Während wir aßen und die Aufstellung der Mannschaft skizzierten, die am Sonntag antreten sollte (eigentlich gab es nicht viel Auswahl), hockte Expedito González nur in einer Ecke des Saals, hörte den Debatten und den Scherzen zu, die allenthalben gerissen wurden, und sagte kein Wort.
    Die Verzweiflung stand ihm in sein Indianergesicht geschrieben (von der Rothaarigen noch immer kein Lebenszeichen), wie er da seinen Ball zwischen den Händen drehte und aufmerksam wie ein Kartograph, der auf einem Globus Inseln, Fjorde und Buchten studiert, die Abschabungen, Kratzer und Schrunden auf den einzelnen Waben begutachtete; ein Tun, das er nur unterbrach, um voller Erwartung zur Tür zu schauen, sobald jemand hereinkam.
    Gegen Mitternacht erschien Don Benigno Ramírez. Er hatte drei Flaschen fünfundvierzigprozentigen Pisco für uns dabei. Er wolle uns ein bisschen Gesellschaft leisten und ein wenig plaudern, sagte er. Sein eigentliches Anliegen war aber wohl, beim Spiel am Sonntag zum Schiedsrichter ernannt zu werden. Wir mussten ihm erklären, dass die Siedlungsverwaltung wegen der Bedeutung und der besonderen Umstände der Begegnung unparteiische Schiedsrichter verlangt habe. Und dass die aus der Siedlung Pedro de Valdivia kommen würden.
    Vom Hochprozentigen beflügelt, hatten wir gegen eins am Morgen die Mannschaftsaufstellung nahezu geklärt. Noch wussten wir nicht, was mit unserem ersten Tormann war (man raunte, die verrückte Maluenda schmiede Pläne, wie er aus dem Krankenhaus von María Elena zu befreien wäre), und Chambeco Cortés, unser bester Torjäger, hatte weiter Probleme mit dem Knie, deshalb würde die Mannschaft folgendermaßen aussehen:
    Im Tor würde (auch wenn Concha der Dorfsheriff sich ärgerte) der ruckelnde Villagra stehen (ruckelnd, weil er der Vorführer in unserem Kino war). In der Abwehr mit der Nummer Zwei Plinio Gatica, mit der Drei Crispeta Mundaca und mit der Vier der Indio Maravolí. Im

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