Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
theatralischer Geste. Ein Klick und weg war er. Noch einen Schauspieler wollte Emilia auch nicht.
Emilia blätterte ihre Fotos durch und entschied sich doch für ein altes. Hilda hatte es geknipst, als sie am ersten warmen Abend im Frühling bis zum Strandbad an der Spree spaziert waren und dort das Tuch gefunden hatten. Emilia lachte auf dem Bild. Sie erinnerte sich, wie wohl sie sich gefühlt hatte, enthoben dem Alltagseinerlei einer absterbenden Ehe, auch wenn ihr das zu dem Zeitpunkt noch gar nicht bewusst gewesen war. Emilia lud das Bild hoch. Innerhalb der nächsten 24 Stunden nach der Freigabe würde es online gehen.
Um sein Profil besonders aussagekräftig zu gestalten, gab es hundert Fragen, die man beantworten konnte. Das war um einiges detaillierter als eine Zeitungsannonce. Es sei denn, man füllte sie so fantasielos aus, wie es einige Männer taten, von denen sich Emilia den Fragebogen ansah. Entweder waren die Fragen dort gar nicht beantwortet oder es stand nur ein Wort da, das im schlimmsten Fall so gut wie nichts aussagte.
Lieblingsessen: fast alles
Lieblingsfilme: viele
Was ich an anderen besonders schätze: gute Eigenschaften
Wie ich gern einen schönen Abend verbringe: vieles
Was ich nicht mag: einiges.
Die klickte Emilia gleich wieder weg. Andere waren sehr ausführlich. Man bekam tatsächlich eine Vorstellung von dem Mann dahinter. Aber unter den Profilen befand sich niemand, der Emilia dazu veranlasst hätte, sofort zu antworten. Sie hatte auch ein wenig Scheu davor. Sie wollte es langsam angehen. Sie wollte erst ihr eigenes Profil erstellen und warten, bis ihr Foto online war. Außerdem wollte sie zunächst nur ein bisschen chatten. Wenn Jo sich mit einem 16jährigen blonden Mädchen aus dem Internet traf, war das schließlich was anderes, als wenn Emilia sich mit wildfremden, erwachsenen Männern verabredete, die einem virtuell sonst was erzählen konnten.
Emilia begann, die wichtigsten Fragen zu beantworten. Es machte Spaß. Bald war sie so müde, dass sie darüber einschlief.
Pseudonym: Emilia
Ich bin: weiblich
Geburtsdatum: 21.April 1976
Mein Beziehungsstand: single
Ich suche: keine bestimmte Auswahl
Wohnort: Berlin
Persönliches Statement: Es ist nie zu spät, aber immer höchste Zeit
Wie ich aussehe: schlank, graue Augen, blonde Locken, 1,65 cm
Ausbildung und Beruf: keine Angaben
Lebensstil: Ich bin täglich bei Ikea
Kinder: Sohn, 16
Was ist das gewisse Etwas, das er haben muss: dass er ganz normal ist
Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick? Ja, aber sie taugt nichts.
Welches war ihre schlimmste Abfuhr? Die vor zwei Monaten war filmreif.
Wie gehen Sie mit einer Trennung um? Ich mit ihr? Sie mit mir! Und zwar total respektlos.
Was tun Sie zu ihrer Entspannung? Zeichnen.
Wie ist ihr Wohnstil? Kerze, Decke, Buch.
Welche Düfte mögen Sie? Gänseblümchen.
Was ist der Sinn des Lebens? Veränderung.
Was halten Sie für die genialste Erfindung? Freundinnen.
Haben Sie einen Lieblingsdichter ? Ich misstraue Männern, die Gedichte aufsagen können.
Welche Art von Filmen mögen Sie? Actionfilme.
Wo ist für Sie Ihr Zuhause ? Man soll ja immer in sich selbst zuhause sein, manchmal finde ich aber nicht hin.
Was sind Ihre Schwächen? Alkohol, aber nur, wenn zwei Trennungen kurz hintereinander kommen.
Sind Sie eitel? Nein, ich bin zu nett.
Wie viel Beachtung schenken Sie einer eventuellen Bedeutung eines Pseudonyms? Keine. Ich heiße Emilia und das stimmt auch.
Was würden Sie gern in dieser Community erleben? Die große Liebe natürlich!
Das orange Licht fühlte sich warm und schön an. Emilia erwachte. Die Sonne schien auf ihr Gesicht, aber sie hatte noch keine Lust die Augen zu öffnen. Sie hatte irgendetwas Schönes geträumt. Sie suchte danach. Aber der Traum war wie ein Helium-Ballon, den man aus Versehen losließ, aufgestiegen und am Himmel der Traumwelt nicht mehr zu sehen. Irgendetwas Aufregendes passierte. War es im Traum gewesen oder in der Wirklichkeit? Dann fiel es Emilia ein. Sie hatte heut Nacht begonnen, ein Profil bei Finya zu erstellen. Ob schon Jemand geantwortet hatte? Ob ihr Bild schon hochgeladen war? Sie richtete sich auf und schaute auf die Uhr. Es war Samstag. Und es war erst kurz vor zehn. Sie ging ins Bad, holte sich ein Glas Orangensaft, und machte es sich mit ihrem Laptop im Bett gemütlich.
Emilia loggte sich bei Finya ein. Tatsächlich, ihr Profil hatte jetzt ein Bild. Ein komisches Gefühl. Sollte sie dort wirklich
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