Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
kleinen Unfall erst nicht, warum sie überhaupt noch zu einer Therapeutin sollte, aber das Reden tat dann doch gut. Manchmal weinte Emilia, nicht weil sie sich nach Bernhard sehnte, sondern weil ihr klar wurde, wie oft er sie verletzt hatte und wie oft sie diesen Schmerz tief in sich verschlossen hatte. Trotzdem fand es Emilia künstlich, das neue Glück auf die Zeit hinter dem Scheidungsdatum zu verschieben. Wer tat das schon? Es gab genug Beispiele, wo eine dauerhafte Beziehung nahtlos in die nächste dauerhafte Beziehung überging. Klar, Emilia hatte eine schlimme Krise gehabt, aber sie war nicht beziehungsunfähig. Im Gegenteil, konnte man das nicht sogar als sehr fähig bezeichnen, es so lange mit Jemandem wie Bernhard ausgehalten zu haben?
Die viel schwierigere Frage war, wo Emilia einer neuen Liebe begegnen konnte? In Discos oder auf Veranstaltungen hatte sie noch nie jemanden kennen gelernt. Dazu war sie wahrscheinlich zu verschlossen und schüchtern. Kollegen waren nach der Geschichte mit Erik tabu, abgesehen davon, dass es da auch niemanden gab, der in Frage kommen könnte.
Dafür begann Emilia, sich die männliche Kundschaft genauer anzusehen. Ihr fiel auf, dass es nicht viele Männer gab, die allein im Möbelhaus einkauften. Meistens waren sie Teil eines Pärchens, bei dem er nur mit dem Kopf nickte und sie unaufhörlich auf ihn einschnatterte, während sie ihn hierhin und dorthin zog. Wenn Männer allein einkaufen waren, steuerten sie zielstrebig die Produkte an, die auf ihrem Einkaufszettel standen oder sie kauften für eine Firma oder ihr Büro ein. Überhaupt nahm Emilia Männer neu wahr. Gab es denn überhaupt welche, die sie interessieren konnten? In den langen Jahren mit Bernhard hatte es keine gegeben. Und jetzt? Jetzt, wo sie frei war, sagten ihr die vielen fremden Männer, die sie nach Einrichtungsgegenständen fragten, während sie im Verkaufsraum arbeitete, auch nichts, nicht ein einziger. Oder sagen wir, mit einem hatte sie sich letztens sogar gestritten. Er war auf Emilia zugekommen, als sie gerade die Innenraumdekoration für ein neues Bettenmodell arrangierte. Er hatte sich geradezu von hinten angeschlichen und Emilia einen gehörigen Schrecken eingejagt.
„Wo finde ich denn die PC-Unterlagen aus schwarzem Plastik, die günstigen für drei Euro? Die standen doch hier letztens noch.“
Emilia gab Auskunft, wenn sie Bescheid wusste, auch wenn das nicht ihre Aufgabe war. Aber diesmal wusste sie nicht gleich, was er meinte. Der Typ, der sie fragte, sah ziemlich gut aus. Emilia war verwirrt und erfreut. Das war der erste Mann, der ihr auf Anhieb gefiel unter all den fremden Männern, auf die sie in der letzten Zeit geachtet hatte. Und er hatte keine Frau dabei. Emilia griff nervös in den Vorhang, den sie gerade befestigen wollte und erwischte eine Stecknadel, die ihr in den Daumen stach. Verdammt! Blöder Idiot. Sie so zu erschrecken. Außerdem, was für dumme Gedanken. Bei so jemandem hatte sie eh keine Chance, schon gar nicht in der Ikea-Verkleidung.
„Da müssen Sie die Kollegen vom Verkauf fragen. Ich bin für die Dekoration zuständig. Ist das denn so schwer zu erkennen?“
Emilias Antwort kam schroffer, als sie vorgehabt hatte.
„Entschuldigung, ich habe nur freundlich gefragt.“
Obwohl Emilias Ton wütend klang, war der Ton des Fremden jetzt ziemlich aggressiv. Das stand in keinem Verhältnis. Was bildete der Schönling sich eigentlich ein?
„Da vorne steht eine Verkäuferin. Die haben PCs vor der Nase und hängen keine Gardinen auf. Das können Sie sich doch bestimmt merken fürs nächste Mal. Oder?!“
Um die Mundwinkel des Fremden zuckte es. Er hatte auf der linken Seite ein Grübchen, auf der Rechten keins. Trotz seines überheblichen Tons hatte er eigentlich nichts Angeberisches in seiner Ausstrahlung, eher was Liebenswertes. Im Film fing ein Kennenlernen auch oft mit einem rüden Wortwechsel an. War das jetzt so eine Situation? Der Moment, in der der Eine den Anderen zum Kaffee einladen musste? Wenn ja, dann war Emilia meilenweit davon entfernt, so einen Schritt jemals zu tun. Der Typ wandte sich ab. Emilia bedauerte es, obwohl er sie fast angeschrien hatte. Aber er war eh eine Nummer zu groß für sie, tröstete sie sich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er war fast an die frei hängende Gardinenstange gestoßen. Das bedeutete, dass er knapp zwei Meter maß. Emilia wollte sich wieder ihrer Arbeit zuwenden, da stand er ein zweites Mal hinter ihr. Sie konnte es kaum
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