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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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sich hin.
    |94| Donaldson gehörte noch zur alten Schule der Verbrechensbekämpfer, die mögliche Gesetzesbrecher ohne Handschuhe anfaßten, ungeachtet
     ihrer Rasse, Hautfarbe oder politischen Position. Deswegen deutete er warnend mit dem Zeigefinger auf Hercules Jantjies und
     sagte: »Wenn du Scheiße redest, bist du tot.« Dann, mißtrauischer: »Bist du besoffen?«
    »Euer Ehren«, sagte Jantjies nervös, als wäre die Sache komplexer geworden, als er erwartet hatte.
    »Diese Männer sind vom Morddezernat. Die reißen dir die Eier ab, wenn du Scheiße redest. Verstanden?«
    »Ja, Euer Ehren.«
    Mit seinen braunen Augen schaute er die drei Polizisten an, den Kopf ein wenig geneigt. »Ich habe alles gesehen, aber ich
     will Polizeischutz.«
    »Wenn du nicht vorsichtig bist, kriegst du Polizei-Mißhandlung«, sagte Donaldson.
    »Ich hab in den Büschen gelegen, Euer Ehren, zwischen dem Parkplatz und der Hauptstraße.«
    »Warst du besoffen?«
    »Nein, nur müde, Euer Ehren.«
    »Und dann?«
    »Dann habe ich gesehen, wie sie erschien, Euer Ehren.«
    »Sie?«
    »Die mit der Pistole, Euer Ehren.«
    »Und dann?«
    »Sie hat im Schatten gewartet, und dann ist der Verstorbene gekommen, Gott sei seiner Seele gnädig, und er hat sie gesehen,
     und er ist erschrocken, er hat seine Hand gehoben, Euer Ehren. Aber sie hat ihn erschossen, und er ist umgefallen wie ein
     Stein.«
    »Und dann?«
    |95| »Dann war alles vorbei, Euer Ehren.«
    »Wo ist der Mörder dann hingegangen?«
    »Nein, sie ist einfach verschwunden.«
    »Eine Frau? Willst du mir sagen, es war eine Frau?«
    »Nicht einfach nur eine normale Frau, Euer Ehren.«
    »Was soll das heißen?«
    »Es war der Engel des Todes, Euer Ehren.«
    Stille breitete sich in dem Büro aus.
    »Deswegen will ich Polizeischutz, Euer Ehren. Denn nun will sie kommen und mich holen.«
    »Wie hat sie ausgesehen?« fragte Joubert, aber seine Stimme verriet schon seine Enttäuschung.
    »Ein langer, schwarzer Umhang, wie bei Batman. Schwarze Stiefel und schwarzes Haar. Der Engel des Todes. Sie ist letzte Nacht
     zu mir gekommen und hat mich zu sich gerufen, so, mit ihrem Finger. Euer Ehren, ich weiß um meine Rechte im neuen Südafrika.
     Ich will Polizeischutz.«
    Absolut jeder Polizist wußte um die Visionen, die Blue Train verursachte, nicht aus erster Hand, aus eigener Erfahrung, aber
     aus zahllosen Zeugenberichten und Vorwürfen. Trotz der verdächtigen Anzeichen waren sie bislang hoffnungsvoll geblieben.
    »Du Sau!« sagte Donaldson und ging direkt auf Hercules Jantjies los. Joubert hielt den Leiter der Polizeiwache gerade noch
     rechtzeitig auf.
     
    Früh am Sonntagmorgen rief Lieutenant Leon Petersen an. »Ich glaube, ich habe die Arschlöcher, die das Mädchen vergewaltigt
     haben, Captain. In Mitchell’s Plain. Es war eine Gang. Vierzehn von ihnen. Und sie reden nicht.«
    Joubert fuhr auf die Wache, um ihm beim Verhör zu helfen |96| und Alibis zu vergleichen. Stundenlang mußten sie sich Lügen anhören und offene Provokationen ertragen, aber um 17.22 Uhr
     riß Lieutenant Petersen der Geduldsfaden. Im Verhörzimmer Nummer zwei der Wache Mitchell’s Plain verlor er die Kontrolle und
     schlug dem jüngsten Mitglied der Bande mit der geballten Faust auf Nase und Auge. Blut spritzte auf den Tisch.
    Das braunhäutige Kind begann zu weinen. »Meine Mama bringt mich um«, schluchzte der Junge, und dann begann er mit einem Geständnis,
     das langsam hochkochte, wie ein Topf, der überquoll. In der Ecke saß Constable Gerrit Snyman mit seinem Notizblock und schrieb,
     so schnell er konnte.

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    »Dreiundzwanzig gottverdammte Kilo, Mat. Der hat doch Steine im Kopf. Und weißt du, was er zu mir gesagt hat? Ich habe sechs
     Monate pro fünf Kilo. Er ist verrückt.« Die roten Wangen von Captain Gerbrand Vos leuchteten empört. Joubert schüttelte bloß
     mitfühlend den Kopf. Er wartete immer noch auf den Termin für die Besprechung der ärztlichen Untersuchung mit de Wit.
    »Teufel, Mat, ich war immer schon schwer. So bin ich einfach. Wie könnte ein Skelett denn Polizist sein? Kannst du dir das
     vorstellen? Egal, scheiß auf de Wit. Er kann es nicht erzwingen.«
    Joubert lächelte. »Das kann er, Gerry.«
    »Auf keinen Fall.«
    »Polizeivorschrift. Der Vorgesetzte muß dafür sorgen, daß alle seine Mitarbeiter jederzeit gesund und einsatzbereit sind.
     Schwarz auf weiß. Du kannst es nachlesen.«
    Vos schwieg einen Augenblick. »Wir sind die Mordkommission, Mat, nicht

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