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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ein Haufen Constables in irgendeiner Einheit von Angebern.
     Wie fit muß man denn sein? Ich kann vielleicht keinen Marathon mitlaufen, aber zum Teufel …«
    Joubert erinnerte sich an seinen Schwimmbadbesuch vor ein paar Stunden. Es war nicht besser gelaufen als am Samstag: Das Seitenstechen
     nach fünfzig Metern langsamen Freistils, der Zigarettenteer in seinen Lungen schien Feuer zu |98| fangen. Nach hundert Metern hatte er wieder am Beckenrand gehangen und um Atem gerungen. Er sagte nichts.
    »Gottverdammte dreiundzwanzig Kilos. Ich muß mir den Mund zunähen lassen.«
     
    Der Mann schlurfte durch die Tür der Premier Bank in der Heerengracht. Langsame, ruhige Schritte, er hielt den Gehstock fest
     in der linken Hand, sein Blick war konzentriert etwa einen Meter vor die eigenen Füße gerichtet. Viele Falten um Augen und
     Mund, die Spuren des Alters.
    Er trat an den Tresen, auf dem die Formulare standen, schob die Hand in eine Innentasche und zog langsam und geduldig ein
     Brillenetui hervor. Seine Hände zitterten ein wenig, als er die Klappe öffnete und eine schwarze Lesebrille herausnahm. Er
     klemmte sie auf seine Nase. Die Hand verschwand langsam wieder in der Tasche und zog einen Füllfederhalter heraus.
    Er schraubte ihn auf, streckte vorsichtig den Arm aus und griff nach einem Auszahlungsschein. Mit unsicherer Hand schrieb
     er Zahlen und Buchstaben in die Spalten auf dem weißen Blatt mit dem malvenfarbenen Streifen oben.
    Als er fertig war, schraubte er den Füllfederhalter wieder zu und steckte ihn sorgfältig zurück in die Innentasche. Er klappte
     die Brille zusammen, steckte sie in das Etui, schob es mit zitternder Hand zurück in die Tasche. Mit der rechten Hand hielt
     er den Auszahlungsschein, in der linken den Gehstock. Er ging langsam hinüber zur Kassiererin.
    Die Zweigstelle Heerengracht der Premier Bank war nicht die größte, doch um sich von all den anderen Banken in der direkten
     Umgebung abzuheben, war diese Filiale ein makelloses Beispiel der Corporate Identity von Premier: malvenfarbene |99| Teppiche, blaßgrau gestrichene Holzmöbel, weiße Wände mit Werbepostern.
    Joyce Odendaals Kostüm war ebenso korrekt – ein Malve-Jackett und ein gleichfarbiger Rock, eine weiße Bluse mit einem Rüschenkragen
     und eine Silberbrosche mit dem Logo der Bank. Joyce war zweiundzwanzig, attraktiv, Kassiererin des Monats.
    Sie sah den unsicheren Gang des alten Mannes, den braunen Anzug aus einer anderen Zeit, die goldene Uhrenkette, die sich aus
     der Weste in die Hosentasche streckte, die Krawatte, die seine rheumatischen Hände nicht ganz korrekt hatten binden können.
    Sie seufzte. Sie mochte alte Menschen nicht. Alte waren taub und stur und überprüften jede Buchung, als hätte die Bank nichts
     anderes vor, als sie zu betrügen. Und sie veranstalteten oft einen vollkommen unnötigen Aufstand über den kleinsten Fehler.
    Trotzdem sagte sie freundlich »Guten Morgen, Sir« und lächelte. Zwischen Joyces Schneidezähnen gab es eine kleine Lücke. Sie
     sah die Essensflecken auf der Krawatte und der Weste des Mannes und war dankbar, daß sie nicht zuschauen mußte, wie er aß.
    »Guten Morgen, Süße«, sagte er, und sie dachte, daß seine Stimme erstaunlich jung klang. Auch die blauen Augen inmitten der
     Fältchen sahen jung aus.
    »Was können wir für Sie tun?«
    »Ein Mädchen wie Sie kann einem Mann wie mir in vielerlei Hinsicht behilflich sein«, sagte er mit seiner jungenhaften Stimme.
     »Aber konzentrieren wir uns doch darauf, was jetzt möglich ist.«
    Joyce Odendaals Lächeln wankte nicht einen Augenblick, weil sie keine Ahnung hatte, was er da redete.
    |100| »Nehmen Sie eine dieser großen Geldtaschen und füllen Sie sie mit Fünfzig-Rand-Noten. Ich habe unter meinem Jackett einen
     großen, alten Revolver, den ich nicht benutzen möchte. Sie haben hier so eine hübsche Zweigstelle.«
    Er schlug sein Jackett zur Seite, um ihr die Waffe zu zeigen.
    »Sir?« sagte Joyce, deren Lächeln nun etwas unsicherer wurde.
    »Komm schon, Süße, laß das Füßchen vom Alarm und fang einfach an. Dieser alte Mann hat’s eilig.« Er lächelte. Joyces rechte
     Hand wanderte langsam auf die Höhe ihres Gesichts. Mit dem Zeigefinger rieb sie sich langsam die Haut unter der Nase, ihr
     Mund stand jetzt offen. Dann begann ihre Hand zu zittern. Sie senkte sie wieder. Der Alarmknopf befand sich vier Zentimeter
     von ihrem Fuß entfernt.
    »Welches Parfüm benutzen Sie?« fragte der alte Mann mit

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