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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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achtzehn Jahre alte Tochter eines Bestattungsunternehmers zu verführen.
    Wie peinlich.
    Benny Griessels Gesicht kam ihm wieder in den Sinn. In dem Augenblick, in dem Yvonne Stoffberg in der Tür erschienen war,
     eine Fanfare praller Fleischeslust, sein mitternächtliches Dessert.
    Benny Griessels Gesicht.
    Joubert lächelte. Plötzlich sah er sein Selbstmitleid aus einer anderen Perspektive – erst nur für einen Augenblick, dann
     endgültig. Und er lächelte über sich. Und über Benny Griessels Gesicht. Joubert betrachtete seine brennende Zigarette |149| und sah sich so, wie er in diesem Augenblick war – in seinem Lesesessel, wie er die Zigarette anstarrte, mit einem Lächeln,
     das nur ihm galt, und er wußte, daß er noch eine Chance hatte.
    Er drückte die Zigarette aus und stand auf. Er holte seinen Ernährungsplan und das Rezeptbuch, das die Ernährungsberaterin
     ihm gegeben hatte. Er ging in die Küche: 60 Gramm Huhn (keine Haut), 60 Milliliter fettfreie Bratensauce, 100 Gramm gebackene
     Kartoffel, 150 Gramm Karotten, Brokkoli. Zwei Fetteinheiten.
    Großer Gott.
    Er holte Töpfe und Pfannen heraus, begann mit der Vorbereitung, dachte an die beiden Morde. Schließlich setzte er sich an
     den Tisch und aß langsam.
Essen langsam kauen. Das ermöglicht es dem Magen, dem Hirn mitzuteilen, wann er voll ist
, stand auf dem Ernährungsplan. Sein Telefon klingelte zweimal, bevor sein Teller leer war.
    Beim ersten Mal meldete er sich mit dem Mund voll Brokkoli.
    »Captain Joubert, bitte.« Eine Männerstimme.
    Joubert schluckte. »Am Apparat.«
    »Guten Abend, Captain. Tut mir leid, Sie zu Hause stören zu müssen. Aber Ihr Colonel ist ja schrecklich.«
    »Oh?«
    »Ja, Captain. Michaels hier, aus dem Labor. Es geht um den Mordfall Wallace.«
    »Ja?«
    »Die Waffe, Captain. Es ist keine …«
    »Sind Sie aus Pretoria?« Joubert versuchte immer noch zu verstehen, was eigentlich vor sich ging.
    »Ja, Captain.«
    »Von welchem Colonel reden Sie?«
    |150| »De Wit, Captain.«
    »Was hat der damit zu tun?«
    »Er hat hier angerufen, Captain, heute nachmittag, und uns aus großer Höhe auf den Kopf geschissen. Er hat gesagt, seine Leute
     arbeiten sich die Finger blutig, während wir nur auf unserem Arsch säßen.«
    »Bart de Wit?«
    »Ja, Captain. Ihre Tokarew …«
    »Ja?« Er war immer noch überrascht von de Wits Anruf und der Tatsache, daß sein Vorgesetzter ihm nichts davon erzählt hatte.
    »Das ist keine Tokarew, Captain. Keine Ahnung, wer sich das ausgedacht hat. Es ist eine Mauser.«
    Plötzlich war Joubert ganz bei der Sache. »Eine was?«
    »Eine Mauser, Captain, und zwar nicht irgendeine alte Mauser. Eine Broomhandle.«
    »Eine was?«
    »Das ist eine Pistole, Captain.« Michaels Stimme klang geduldig wie die eines Lehrers. »Das Mausermilitärmodell, M96 oder
     M98, würde ich schätzen. Kaliber 7,63 mm. Die Patronenhülsen sind ganz typisch. Randlos mit einem Flaschenhals. Ich habe keine
     Ahnung, wieso Sie dachten, es sei eine Tokarew. Die …«
    »Das Kaliber«, verteidigte Joubert Griessels Vermutung.
    »Nein, Captain, tut mir leid, aber da gibt’s einen riesigen Unterschied. So oder so sollte das Ihren Job viel einfacher machen.«
    »Oh?«
    Michaels wurde nun doch ungeduldig. »Die Mauser, Captain, ist alt und selten. Es kann am Kap nicht viele Leute geben, die
     eine haben.«
    |151| »Wie alt ist diese Waffe?«
    »Fast hundert Jahre, Captain. 1896 oder 98. Das schönste, was die Deutschen je gemacht haben. Aber Sie kennen sie bestimmt,
     Captain. Broomhandle. Die Buren-Polizei hat sie getragen. Langer Holzlauf, Magazin vor dem Abzug.«
    Joubert versuchte sich die Waffe vorzustellen, und irgendwo begann ein Bild zu entstehen, eine vage Erinnerung. »Sieht fast
     aus wie eine Luger?«
    »Genau die – der Großvater der Luger, Captain.«
    »Wo kriegt man denn dafür Munition? Nach hundert Jahren?«
    »Man kann Tokarew nehmen, aber dann kann sie kaputtgehen. Unterschiedlicher Druckaufbau. Dieser Mann hat noch welche, Captain.
     Ihr Mörder. Selbst die Patronenhülsen sind alt. 1899. Vielleicht 1900. Sie müssen ihn kriegen. Er ballert echte Sammlerstücke
     zur Hölle.«
    »Die Munition ist ebenfalls hundert Jahre alt?«
    »Unglaublich, was?«
    »Und funktioniert immer noch?«
    »Damals hat man noch für die Ewigkeit gebaut, Captain. Dann und wann gibt’s eine Fehlzündung, aber die meisten funktionieren
     noch. Der Kerl kann ganz Kapstadt ausradieren.«
    »Sie glauben, es ist ein

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