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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Wochen lang durchatmen, bevor er wieder Einsatzbereitschaft
     hatte. Deswegen der Luxus einer Zeitung auf seinem Schreibtisch am Morgen. Er las und schüttelte den Kopf über den Erfindungsreichtum
     eines Journalisten, der eine Titelgeschichte aus der Marke einer Waffe, einer Theorie und einem vagen Statement der Polizei
     stricken konnte.
    Aber ihn störte das nicht. Die Öffentlichkeitsarbeit war eine große Hilfe bei der Verbrechensbekämpfung. Einige Verbrecher
     hatten sich sogar gestellt, nur weil eine Zeitung berichtete, daß »die Polizei ihr Netz enger zieht«. Und wenn man erst mal
     an den Einfluß des Fernsehens dachte …
    Er las den Bericht und schaute sich die Fotos von Jimmy Wallace und Drew Wilson an. Er wußte, daß er keine einzige vernünftige
     Spur hatte, und er war sicher, daß dies nicht der letzte Mauser-Mord war. Doch vielleicht hatte der Reporter recht. Vielleicht
     war es einfach nur ein Mann, der nach Hause gekommen war und einen schwarzhaarigen Mann mit einem schwarzen Schnauzbart mit
     seiner Frau erwischt hatte. Und jetzt erschoß er solche Kerle, um sein Ego aufzublasen.
    Mat Joubert, Hobby-Psychologe.
    Vergiß es einfach, sagte er sich. Noch ein paar Stunden, dann würde er wieder dort sitzen, bei seiner eigenen Seelenklempnerin.
     Der einzigartigen Dr. Hanna Nortier, der Verhörspezialistin, der Chirurgin der Psyche, der Heilerin der kranken Seele.
    »Wir sehen uns am Donnerstag wieder, Captain«, hatte sie gesagt. Plötzlich wurde ihm klar, daß er sich darauf freute.
    Was konnte das heißen? Er zündete sich eine Benson & Hedges Special Mild an. Schmeckte immer noch nicht wie eine
     Winston. Er faltete die Zeitung und schaute auf die Uhr. Halb neun. Vielleicht waren die Leute in der Stelle für die Waffenscheine |156| inzwischen bei der Arbeit. Er griff nach dem Hörer und wählte die Nummer. Es war Zeit, nach einer Mauser zu suchen.
     
    Ferdy Ferreira las am Donnerstag, dem 10. Januar, nicht den
Burger.
Auch an keinem anderen Tag. Denn Zeitung zu lesen war zu anstrengend.
    Und er hatte schon genug Nerverei in seinem Leben. Zum Beispiel seine Frau. Seine Frau war Nerverei in Reinkultur.
    »Ferdy, geh mit den Hunden.«
    »Ferdy, such dir Arbeit.«
    »Ferdy, du ißt zuviel.«
    »Ferdy, du hast einen Bierbauch.«
    »Ferdy, du könntest mir wenigstens mal helfen, den Tisch abzuräumen.«
    »Ferdy, ich bin den ganzen Tag auf den Beinen. Und was machst du? Du sitzt rum.«
    Vor allem saß er gern vor dem Fernseher. Von dem Augenblick an, in dem seine Frau mit dem Golden Arrow von der Bushaltestelle
     vor dem Old Ship Caracan Park abfuhr, bis es am Abend eine Religionssendung gab.
    Ferdy wußte nichts von den Morden, weil sich SABC nun wirklich nicht um jeden Mord im Land kümmern konnte. Es war schließlich
     ein landesweiter Sender, der nur über große Ereignisse berichtete. Deswegen hatte man den Tod von James J. Wallace und Drew
     Wilson nicht erwähnt. Insofern konnte man durchaus zu dem Schluß kommen, daß die SABC-Nachrichtenredaktion wenigstens eine
     Mitschuld am Tod von Ferdy Ferreira trug.
    Nicht, daß sie das dort jemals erfahren würden.
     
    |157| Joubert klopfte an der Tür eines baufälligen Hauses in Boston und dachte daran, daß es sich nur zwei Blocks vom verstorbenen
     Drew Wilson entfernt befand. Sein Herzschlag wurde schneller, und er tastete mit seiner Hand nach seiner Z88, um sich zu vergewissern,
     daß sie noch da war.
    Auf dem Fax von den Waffenscheinleuten hatte gestanden, daß es sechzehn registrierte Mauser Broomhandles auf der Kap-Peninsula
     gab.
    Joubert hatte die Liste zwischen sich und Gerrit Snyman aufgeteilt, weil es keinen anderen gab: Die Detectives, die nicht
     Einsatzbereitschaft hatten, waren als Zeugen vor Gericht – schlüssiger Beweis dafür, daß sie letztes Jahr gute Arbeit geleistet
     hatten. Snyman war neu. Und Mat Joubert …
    Die Tür ging auf. Da stand eine Frau, groß, mittleres Alter, häßlich. Ihre Gesichtszüge – die Augen, der Mund, die Nase –
     waren allesamt klein und unattraktiv in der Mitte ihres Gesichts angeordnet, so daß sie wie ein Reptil aussah.
    »Mrs. Stander?«
    »Ja.« Ungeduldig.
    Er stellte sich vor und erklärte ihr, warum er da war. Sie mußten jede Mauser auf der Peninsula überprüfen, um festzustellen,
     ob sie abgefeuert worden war.
    »Kommen Sie rein.« Sie wandte sich ab und entschwand durch den Flur. Joubert bemerkte, daß sie breite Schultern hatte, und
     dachte, sie sehe wie eine Mörderin aus.

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