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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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ich, Gaius Cornelius Cinna, Sohn des Gnaeus!«
    Cinna stutzte. Noch nie war er von einem der Barbaren mit vollem Namen angesprochen worden – immer nur mit dem Vornamen, in derselben scharfen Kürze, wie sein Vater ihn gerufen hatte. Sein Rücken straffte sich fast von selbst, und ein winziges Lächeln schob sich in seine Mundwinkel.
    »Einverstanden, Hraban, ich werde versuchen, dich zu lehren, was ich kann – unter einer Bedingung!« Er bemerkte, wie Hraban zurückzuckte. »Keine Dienste in Haus und Hof mehr! Ich werde die Arbeit eines Gladiatoren tun – und ein Gladiator ist kein Knecht.«
    Hrabans Blick flog über ihn hinweg zum Schuppen, wo Inguiotar an der Seite seines jüngsten Sohnes stand, die Arme vor der Brust verschränkt wie dieser. Sie hatten so laut gesprochen, dass der Alte zweifelsohne alles gehört hatte. Bewegungslos musterte er Cinna; dann nickte er.

XII
    »Jetzt ist es genug!«
    Gunthis’ Stimme zitterte vor Wut, als sie Saldir am Arm packte und mit sich zerrte, während sich Schreibtafeln, Griffel und anderes Gerät klappernd auf den Boden verstreuten.
    »Wenn du schon keine hübschen Stoffe weben kannst, dann sollst du deine Zeit wenigstens darauf verwenden, deine Kleider selbst in Ordnung zu halten. Mir ist nicht danach, deine Sachen zu flicken, während du Löcher in die Luft starrst und Zeichen in dieses Ding ritzt.«
    Sie führte das Kind zum Zaun, der Thauris’ Garten umgab, dorthin, wo ein Stapel sorgsam gefalteter Stoffe mit einem Lederbeutel auf einer Bank lagen.
    »Siehst du das, Saldir? Das wird deine Aufgabe für die nächste Zeit sein – deine Sachen für das Frühjahr herzurichten, vor allem die für das Fest. Und hüte dich, wenn ich Grund zur Klage finde.« Damit ließ sie das Mädchen stehen, während Swintha rasch Saldirs liebste Besitztümer in ihrem Rockbausch barg und mit einem verschwörerischen Lächeln ins Haus trug.
    Saldir verharrte stirnrunzelnd auf der Stelle; erst nach einer Weile nahm sie das Bündel, stapelte es zusammen mit dem Beutel auf ihren Armen und kehrte zu ihrem Platz unter den Apfelbäumen zurück, wo ihre Puppe auf sie wartete. Von dort aus hatte sie einen guten Überblick über den Platz, der sich hinter den Schuppen ausdehnte, wo Liuba seine Übungsgefechte abgehalten hatte.
    Kritisch begutachtete Cinna den Inhalt der schweren Taschen, die er und Hraban herangeschleppt hatten – mehrere hölzerne Übungsschwerter und, eingewickelt in Leintücher, Kettenhemden in unterschiedlicher Verfassung. Das beste Stück, dessen Tausende von Eisenringen selbst bei sorgfältigster Musterung keine Beschädigungen aufwiesen, Hraban zu übergeben, bedurfte keiner langen Überlegung.
    »Es ist ohnehin meines.«
    »Dann nehme ich an, dass du noch nicht oft deinen Mann hast stehen müssen.«
    Hrabans Augen funkelten, doch er entgegnete nichts, während Cinna die übrigen vier Rüstungen einer Prüfung unterzog. Eine davon erschien ihm leichter als die anderen und tauglich für seine Zwecke. Mühelos schlüpfte er in das eiserne Hemd, das Geflecht winziger Ringe prasselte an seinem Körper herab und wollte ihn zu Boden ziehen; er schlug die Schulterklappen nach vorn und befestigte sie über der Brust mit einem Lederriemen anstelle der verloren gegangenen Häkchen.
    Mit jedem Atemzug spürte er deutlicher den Schutz, welchen das schwer von den Schultern hängende Kettenhemd verlieh. Er sah den Schwertgürtel, der zu Hrabans Füßen lag, und ahnte, dass die Begehrlichkeit dunkel in seiner Miene aufleuchtete. Doch Hraban war mit seiner Rüstung beschäftigt.
    Nacheinander wog Cinna die hölzernen Schwerter in der Hand. Die Schilde waren gut gepflegt, das Holz ohne Sprünge, nur die Bemalung bedurfte einer Erneuerung.
    Hart traf ein Stoß seine Flanke. Beinahe hätte er das Gleichgewicht verloren. Hraban stand vor ihm, ließ eines der Übungsschwerter in seiner Hand pendeln und grinste herausfordernd. Cinna griff nach einer der Waffen. Rasch versetzte er Hraban einen Hieb gegen die Brust und wich rückwärts tänzelnd aus, dabei warf er das Schwert von einer Hand in die andere. Hraban stutzte; dann sprang er vor und stieß zu. Cinna fing die Waffe ab und schleuderte sie beinahe aus Hrabans Faust. Mühelos wich er dem Gegner aus, den das eigene Ungestüm an ihm vorbeiwarf.
    »Was soll das? Verstehst du keinen Spaß?«, schrie Hraban herumfahrend.
    »Du willst, dass ich dir zeige, wie man tötet, ohne selbst getötet zu werden.« Cinna rammte die stumpfe Waffe in den

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