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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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bekäme. Ist der Kreml eines Tages obenauf, gibt's kein Gesellschaftsregister mehr, das können Sie mir glauben. Dann pflanzen diese Dandys Radieschen in Nowosibirsk.« Er stellte sein Glas ab. »Also gut, Sie müssen nach Berlin, wie ich gehört habe, aber in Ihrer alten Pariser Rolle sind Sie enttarnt, richtig?«
    »Das nehme ich an. Ich will jedenfalls nichts riskieren.«
    »Berlin, was? Da spielen Sie jetzt in der ersten Liga.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Wenn Sie meinen, der NKWD sei knallhart, dann sollten Sie mal die Gestapo erleben. Diese Jungs fackeln nicht lange.«
    »Ich habe sie in Paris erlebt.«
    »Paris war ein Kindergarten, James. Paris ist nichts. In Berlin gibt die Gestapo den Ton an. Glauben Sie mir, dort müssen Sie verdammt gut auf sich aufpassen. In Berlin können Sie nicht herumflanieren und mit Miezen ins Bett gehen.«
    Metcalfe zuckte mit den Schultern. »Mein Auftrag ist eher unkompliziert.«
    »Und der wäre?«
    »Mein Auftrag?«
    »Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn ich keine Einzelheiten weiß.«
    »Denken Sie an Corkys geheiligtes Prinzip.«
    »Aufsplitterung kann tödlich sein, James. Sehen Sie sich an, wie viele von seinen Jungs allein im letzten Monat ins Gras gebissen haben. Alles nur, weil Corky darauf bestanden hat, dass sie isoliert, auf sich allein gestellt waren. Ich habe ständig in Berlin zu tun - ich kann Ihnen dort behilflich sein.«
    Metcalfe schüttelte den Kopf. »Vielen Dank für Ihr Angebot, aber ich brauche nur falsche Papiere.«
    »Wie Sie meinen.« Nolan sperrte eine Schreibtischschublade auf und nahm eine Ledermappe heraus. »Am besten versteckt man sich in aller Öffentlichkeit, sage ich immer. Okay, Sie sind also ein in Basel tätiger amerikanischer Bankier. William Quilligan.«
    Er gab Metcalfe einen amerikanischen Reisepass mit Eselsohren.
    Metcalfe schlug ihn auf und fand darin sein eigenes Foto und mehrere Seiten mit Ein- und Ausreisestempeln, die über Jahre hinweg zahlreiche Transatlantikreisen zwischen Amerika und der Schweiz dokumentierten.
    »Sie arbeiten bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, einer internationalen Einrichtung, die viele Geschäfte mit den Deutschen macht. Die Reichsbank ist der größte Kunde Ihres Instituts. Viele Transaktionen werden von euch Leuten sehr diskret für Deutschland abgewickelt - Goldverkäufe und ähnliche Dinge.«
    »Sie behaupten also, dass die Bank für Hitler-Deutschland Geld wäscht.«
    Der FBI-Mann musterte Metcalfe mit scharfem Blick.
    »Alle ihre Transaktionen sind legal und werden unter strikter Beachtung der Schweizer Neutralität durchgeführt. Schließlich hat der Bankpräsident in Harvard studiert - genau wie Sie.«
    »Yale, um genau zu sein.«
    »Yale, Harvard, wo auch immer. Jedenfalls reist der Mann ziemlich oft zu Besprechungen mit Reichsbankpräsident Walther Funk nach Berlin, aber diesmal ist er verhindert, deshalb fungieren Sie als besserer Botenjunge. Sie überbringen einige Dokumente zu Finanztransaktionen, die unterzeichnet und Ihnen zurückgegeben werden müssen.«
    »Hauptsache, ich komme damit nach Berlin.«
    »Klar. Nun, ich rate Ihnen dringend, dort zu tun, was Sie zu tun haben, und die Finger von den Ladys lassen. Sie sind nicht mehr in irgendeinem Errol-Flynn-Streifen.«
    Eineinhalb Stunden später saß Metcalfe im Zug von Bern nach Basel, der ersten Etappe seiner Deutschlandreise.

Kapitel Dreiunddreißig
    Die Berliner Straßen hallten vom Marschtritt uniformierter Kolonnen wider, deren Knobelbecher aufs Pflaster knallten. Überall waren auch SS-Führer in schwarzer Uniform, einzelne SA-Männer im Braunhemd und dazwischen Hitlerjungen in ihrer dunkelblauen Uniform mit Schnürstiefeln zu sehen. Von seinem letzten Besuch vor ungefähr einem Jahrzehnt hatte Metcalfe Berlin als Metropole voller Leben und Lachen in Erinnerung. Jetzt waren die Berliner schweigsam und ausdruckslos, in ihren Wintermänteln gut gekleidet, aber farblos. Auch die einst so hübschen Frauen, jetzt mit Baumwollstrümpfen und Schuhen mit niedrigen Absätzen, wirkten farblos, weil sie kein Make-up trugen, das bei den Nazis verpönt war.
    Düsterkeit war der vorherrschende Eindruck. Das lag nicht nur an dem normalerweise trüben Berliner Novemberwetter oder den zu Winteranfang kürzer gewordenen Tagen. Nein, daran war die allgemein gedrückte Stimmung schuld, die von der seit Kriegsbeginn angeordneten Verdunklung noch verstärkt wurde. Er war mit zwei Stunden Verspätung auf einem verdunkelten Bahnhof

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