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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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immer offen. Er wohnte hier allein, und wenn er nicht zu Hause war, gab es keinen Grund, seine Schlafzimmertür zu schließen. Die kleinen Dinge, die winzigen, unauffälligen Gewohnheiten. Sie bildeten das Grundmuster der Normalität, das Mosaik des Alltagslebens. Und hier war dieses Mosaik beschädigt.
    Metcalfe trat an die Schlafzimmertür, blieb wieder stehen und horchte eine Minute lang. Horchte auf Schrittgeräusche, auf die Bewegungen eines Fremden, der nicht wusste, welche Bodenbretter knarrten. Aber von nebenan war nichts zu hören.
    Er blieb wie ein Soldat einer Spezialeinheit neben der Tür an die Wand gepresst stehen, drückte die Klinke herab, zog langsam die Tür auf, ließ sie nach innen schwingen. Sein Herz hämmerte, während er ins Wohnzimmer starrte, auf eine winzige Veränderung des Lichts, eine Bewegung im Schatten, auf es wartete.
    Dann änderte er seine Blickrichtung, suchte den Raum ab, machte bei möglichen Verstecken Halt, überzeugte sich davon, dass dort niemand war. Er griff nach seiner Pistole, zog sie aus dem Beinholster.
    Dann trat er plötzlich mit schussbereiter Waffe ins Wohnzimmer und sagte laut: »Halt, keine Bewegung!«
    Während er den Körper von einer Seite zur anderen drehte, zog er den Schlitten zurück, lud durch und entsicherte die Pistole. Er war schussbereit.
    Der Raum war leer.
    Hier war niemand. Das wusste er ziemlich sicher. Er spürte keine Gegenwart eines Eindringlings. Trotzdem hielt er die Pistole noch immer schussbereit, als er die Wand entlang weiterging, bis er die Tür der kleinen Bibliothek erreichte.
    Diese Tür war offen, wie er sie zurückgelassen hatte. Die Bibliothek - eigentlich ein kleineres zweites Wohnzimmer, jedoch mit einem Schreibtisch und wandhohen Bücherregalen -war leer. Er konnte jeden Quadratzentimeter des Raums überblicken; hier gab es keine verborgenen Winkel.
    Aber er wollte nichts riskieren. Er lief zur Küche, stieß die zweiflüglige Tür auf und trat mit schussbereiter Pistole ein. Auch die Küche war leer.
    Er durchsuchte die restlichen möglichen Verstecke - das Esszimmer, die Speisekammer, den großen Einbaukleiderschrank, eine Besenkammer - und überzeugte sich davon, dass sie ebenfalls leer waren.
    Jetzt konnte er in seiner Wachsamkeit ein wenig nachlassen. Hier war niemand. Er kam sich nachträglich ein bisschen lächerlich vor, aber andererseits wusste er, dass er nichts riskieren durfte.
    Als er ins Wohnzimmer zurückkehrte, fiel ihm eine weitere kleine Veränderung auf, die eine auf der Bar stehende Flasche Cognac Grande Champagne, Reserve de Familie, von Delamain betraf. Ihr Etikett zeigte normalerweise nach außen; jetzt war es zur Seite gedreht. Also hatte jemand die Flasche verrückt.
    Metcalfe klappte seinen Zigarettenkasten aus Ebenholz auf und sah, dass jemand sich auch an der Doppellage Zigaretten zu schaffen gemacht hatte. In der oberen Lage hatte es nach der dritten Zigarette eine Lücke gegeben; jetzt befand sich die Lücke nach der fünften Zigarette. Jemand hatte die Zigaretten herausgenommen, um darunter . was zu suchen? Dokumente? Schlüssel? Dort war nichts versteckt, aber das hatte der Eindringling nicht wissen können.
    Weitere Hinweise. Der Schalter am Fuß der alten Messinglampe befand sich nicht mehr links, sondern rechts, was darauf hinwies, dass jemand sie hochgehoben hatte, um den Fuß zu untersuchen. Ein gutes Versteck, aber keines, das er benützte. Der Telefonhörer war so aufgelegt worden, dass die Zuleitung eine verschlungene Acht bildete, während er immer darauf achtete, dass sie glatt blieb. Jemand hatte also den Hörer abgenommen: Um zu telefonieren? Oder nur, um die Unterseite zu begutachten? Auch die schwere marmorne Uhr auf dem Kaminsims war bewegt worden - das zeigten die Spuren im Staub. Die Durchsuchung war bemerkenswert gründlich gewesen: Sogar die Asche im Kamin war zur Seite weggekehrt und anschließend wieder verteilt worden; jemand hatte auch in der Aschenschublade unter dem Kamin nachgesehen - ein weiteres cleveres Versteck, das er aber nicht benützte.
    Als Nächstes hastete Metcalfe zu dem Einbaukleiderschrank in der Nische vor dem Schlafzimmer. Seine Hemden und Anzüge hingen in der gewohnten Reihenfolge, aber die Abstände zwischen den Kleiderbügeln waren nicht exakt gleich. Offenbar hatte jemand seine Sachen herausgenommen, um alle Taschen zu filzen.
    Der oder die Täter hatten jedoch den Safe, den einer von Corkys Handwerkern raffiniert eingebaut hatte, nicht entdeckt.

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