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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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mit diesen Leuten schließen willst. Alles für den allmächtigen Dollar.«
    »Vielleicht gibt es ein paar Dinge, von denen du nichts weißt«, wandte er halblaut ein.
    »Du bist Geschäftsmann ... ein Mann des Geschäfts. Schon möglich, dass du versuchst, dich dagegen aufzulehnen, was du mitbekommen, was du geerbt hast, aber das ist zwecklos. Den Makel wirst du nicht los.«
    »Welchen Makel?«
    »Den des Kapitalismus. Dass du aus dem Blut der Werktätigen Gewinn ziehst.«
    »Ah, ich verstehe«, sagte Metcalfe. Dies war nicht mehr die unbeschwerte, unpolitische Lana von früher; stattdessen redete sie jetzt wie eine Komsomol-Ausbilderin, als habe sie all die Propaganda der Kommunisten, über die sie früher gespottet hatte, jetzt verinnerlicht. »Ist freies Unternehmertum ein Makel, dann hat Russland sich in den vergangenen Jahren davon ... gesäubert ... es total ausgerottet.«
    »Es ist so, wie unser großer Führer sagt«, intonierte sie feierlich. »Man kann keine Omelette machen, ohne die Hühnerfarm niederzubrennen. Wie's in der Parole heißt, ist Kommunismus gleich Sowjetmacht plus elektrische Stühle fürs ganze Land.«
    Was versuchte sie zu sagen? Waren das absichtliche Versprecher? Ihre Miene wirkte dabei nicht im Geringsten ironisch.
    »Ich glaube nicht, dass Stalin das ganz so ausgedrückt hat. Meines Wissens hat er zur Rechtfertigung seiner blutigen Säuberungen gesagt, man könne keine Omelette zubereiten, ohne ein paar Eier zu zerschlagen.«
    Sie errötete. »Stalin hat lange vor dem russischen Volk erkannt, dass es stets Feinde dessen geben würde, was wir zu erschaffen versuchen.«
    »Oh? Und was >versucht ihr zu erschaffen    »Wir bauen einen neuen sozialistischen Staat auf, Stephen. Alles wird kollektiviert. Und nicht nur die Landwirtschaft. Alles! Fabriken werden kollektiviert. Familien werden kollektiviert. Bald wird auch die Dichtkunst kollektiviert! Kannst du dir eine Gesellschaft vorstellen, die das geschafft hat?«
    Sie redete blanken Unsinn, plapperte leere Parolen nach. Aber das war viel zu dick aufgetragen, zu lächerlich, fast schon als mache sie sich über die allgegenwärtige Propaganda lustig. Konnte das möglich sein? Aber wenn sie wirklich über die unheimliche Sprache der kommunistischen Propaganda spottete, tat sie es so unterkühlt und mit so trockenem Witz, dass er ihn -oder sie - kaum verstand. Was war nur aus der lieben, schlichten Lana, der Tänzerin mit kaum einem ernsthaften Gedanken im Kopf geworden?
    »Lana«, sagte er ruhig, »wir müssen miteinander reden.«
    »Das tun wir gerade, Stiwa.«
    »Allein.«
    Sie machte eine kurze Pause, als erwäge sie in Gedanken etwas. »Hast du den Park des Landhauses schon mal gesehen? Er ist wirklich besonders schön angelegt. Wollen wir vielleicht einen kleinen Spaziergang machen?«
    Das schlug sie in spielerisch lässigem Tonfall vor, aber ihm war sehr genau bewusst, was sie damit tat: Sie willigte erstmals ein, erklärte sich damit einverstanden, mit ihm zu reden.
    »Das wäre wunderbar«, sagte er.
    Draußen war es bitterkalt, kaum der richtige Abend für einen Spaziergang über die sanft gewellten Rasenflächen hinter der Datscha. Lana trug einen langen Nerzmantel mit dazu passendem Hut - ein luxuriöses Ensemble, das im heutigen Moskau praktisch nicht mehr erhältlich war, wie Metcalfe wusste. Er fragte sich, ob es ein Geschenk von ihrem deutschen Liebhaber war. Diese Leute - so hatte sie die Nazis verächtlich genannt. Was meinte sie damit? Hasste sie von Schüssler und alles, was er verkörperte? Wieso war sie dann mit ihm zusammen? Die Lana, die Metcalfe kannte, war keine seichte Materialistin; sie hätte sich niemals nur wegen der Dinge, die er ihr kaufen konnte, mit einem Mann eingelassen.
    Aber sie war ihm völlig rätselhaft geworden. Welche Einstellung hatte sie heutzutage? Weshalb war sie mit dem Deutschen zusammen? Was dachte sie wirklich über das stalinistische System? Wer war sie überhaupt?
    »Bist du wirklich geschäftlich hier, Stephen?«, fragte Lana, während sie mit im Schnee knirschenden Stiefeln ziellos über den Rasen schlenderten. Er stellte fest, dass sie auf gewissen höflichen Abstand zu ihm achtete, als wolle sie ihm - und jedem, der sie vielleicht beobachtete - signalisieren, sie seien lediglich Freunde oder Bekannte, wie sie von Schüssler ausdrücklich erklärt hatte. In einiger Entfernung konnte Metcalfe ein Außengebäude sehen, das vermutlich ein Stall war.
    »Natürlich. Das ist mein Beruf. Das

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