Der Triumph der Heilerin.indd
denen sich gefällig ein cremefarbenes Seidenhemd bauschte. Ein schwarzer Samtmantel mit einem roten, golddurchwirkten Futter floss von seinen Schultern bis zum Boden. Seine Strümpfe waren ebenfalls aus weichem, schwarzem Samt, einfach und schmucklos bis auf das blaue Band des heiligen Georg, das auch er unter seinem linken Knie trug. Edwards Haar - jetzt im Winter von einem dunklen Goldton - lockte sich üppig über seinen Schultern. Um seinen Kopf lag ein schlichtes Band aus massivem Gold, dessen einzige Verzierung die Löwen der Plantagenets und die stilisierten Lilien waren. Dies allein verriet, wer er war und als wer er empfangen wurde: als herrschender Monarch von England und Frankreich.
Herzog Karl kniff kurz die Augen zusammen, als diese strahlende Gestalt näher kam. War es gerecht, dass ein Mann mit so viel Schönheit ausgestattet war? War das vielleicht der eigentliche Grund für Edwards Probleme? Der Herzog unterdrückte ein Seufzen und schüttelte sich leicht bei diesem widersinnigen Gedanken. So sei es. Wieder einmal wollten sie das Schicksal he rausfordern.
Mit einer tiefen Verbeugung trat Karl vor und hob an zu sprechen. »Euer Majestät, endlich treffen wir uns.«
Edward verbeugte sich ebenfalls, wenn auch nicht ganz so tief wie Karl. Seine teuren Gewänder raschelten. Der Duft von Veilchenwurzelpulver lag in der Luft. »Es ist viel zu lange her, dass wir uns gesehen haben, Bruder. Welch eine Freude, wieder in Eurer bezaubernden Stadt zu weilen. Brügge ist wahrlich ein hochedler Ort und Euer Palast seine größte Zierde. Wir sind entzückt, an diesem Ort glücklicher Erinnerungen zu sein.«
Nicht die geringste Spur von Ironie lag in Edwards Ton, und lächelnd reichte ihm seine Schwester die Hand zum Kuss. »Liebste Herzogin. Wir finden Euch wohlauf?« Es war ein müheloser Wechsel in die Sprache des Königs, der er beinahe zehn Jahre lang gewesen war.
Die Herzogin knickste. »Sehr. Ich danke Euer Majestät für die gütige Nachfrage.«
Margarets Augen waren auf den Steinfußboden gerichtet, aber als Karl kurz abgelenkt war, sah sie schnell zu ihrem Bruder hoch. Ein Blick, der bedeuten sollte: Ich habe Neuigkeiten.
Edward zog seine Augenbrauen hoch, konnte aber nicht antworten, denn in diesem Augenblick geleitete ihn der Schlossvogt unter vielen Verbeugungen zu einem Thron. Dieser mit Schnitzereien und Goldmalereien reich verzierte Stuhl stand auf einer kleinen Erhebung am obersten Ende des Podests, so dass Edward ein winziges Stückchen höher thronte als seine Gastgeber.
Zuversicht ließ Edwards Herz höher schlagen. Vielleicht wurde wirklich alles wieder gut? Der Empfang war so, wie ein Herzog einen regierenden Monarchen empfangen würde. Trotzdem, der König hatte über zwei Monate lang Wirrnisse und Enttäuschungen verkraften müssen. Und dieser Pracht hier wollte er erst trauen, wenn alles andere geregelt wäre. Und außerdem musste er sich um Anne kümmern. Das war das Wichtigste.
Nachdem ihr Gemahl kurz genickt hatte, sprach die Herzogin mit lauter Stimme, so dass alle sie hören konnten: »Wir haben einen Überraschungsgast für Euch, Euer Majestät, einen alten Freund.«
»Einen alten Freund - das wird aber eine Freude sein.« Es herrschte ein ungezwungener, höfischer Plauderton zwischen ihnen. Aber war dieser Umgangston zu diesem Zeitpunkt wirklich angebracht?
Edward drehte sich zur Tür des Audienzsaals um, und als diese aufging, lächelte er aufrichtig erfreut, ebenso wie der Mann, der nun durch den riesigen Raum auf ihn zukam. »Louis! Oder sollte ich in dieser, Eurer Stadt besser Lodewijk sagen? Mein lieber Freund. Ist es nicht schon wieder eine Ewigkeit her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben? Wie schnell die Zeit verfliegt, es kommt mir wahrhaftig vor, als sei es nur wenige Tage her. Ich würde mich freuen, wenn wir mal wieder zusammen auf die Jagd gingen.«
Louis de Gruuthuse verneigte sich lächelnd und näherte sich dem Thron. »Eine Ewigkeit, Euer Majestät? Aber nein. Aber es wäre mir eine große Freude, mit Euch wieder ausreiten zu dürfen. Unter leichteren Umständen als bei früheren Jagdausflügen natürlich.«
Edward lachte unbeschwert und laut. »Ach, mein Freund, wie freue ich mich, Euch zu sehen. Wiederzusehen.« Die letzten Worte waren voller Ironie, deren Bedeutung aber nur von wenigen Menschen im Audienzsaal erfasst wurde.
Karl wandte sich an Edward. »Ich habe meinen Gouverneur gebeten, nach Brügge zu kommen. Wir brauchen seinen Rat, denn
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