Der Triumph der Heilerin.indd
Menschen schoben und drängten, jeder wollte den besten Platz, von wo aus er das Spektakel beobachten konnte. Die Männer mochten Edward Plantagenet, weil er wie ein richtiger König aussah, und die Frauen schmachteten ihn an, diesen hochgewachsenen Mann mit seinen breiten Schultern, seinem hübschen Gesicht und seinen strahlenden Augen. Ja, die Bürger von Brügge wünschten ihm alles Gute und waren gewillt, ihm bei der Rückeroberung seines Throns zuzujubeln - vorausgesetzt, es kam sie nicht zu teuer zu stehen.
Edward und sein Bruder, umringt von einer Handvoll Ritter, Bogenschützen und Söldner, gaben sich alle Mühe, ein eindrucksvolles Bild abzugeben. Wie Bittsteller wollten sie wahrhaftig nicht aussehen! Die Brüder ritten Seite an Seite durch das weit geöffnete Tor in die Stadt ein. Über ihnen ein strahlend blauer Himmel nach Wochen grauen und regnerischen Wetters. Die ehrerbietigen Verbeugungen der Wächter, als sie unter den Festungsmauern des Kruispoort vorbeikamen, entbehrten nicht einer gewissen Ironie. Obwohl diese Männer natürlich von der Tagesschicht waren.
Richard stieß einen erleichterten Stoßseufzer aus. »Recht vielversprechend bis jetzt, Bruder. Ich meine das Wetter. Die Sonne scheint endlich wieder.«
Der Herzog, der sein vornehmstes Staatsgewand anhatte, winkte seinen neugierigen Untertanen fröhlich zu. Aus allen Fenstern schauten die Menschen und sahen die Plantagenets und ihr Gefolge zum Prinzenhof reiten. Der Herzog hoffte, die vielen hübschen Frauen unter den Zuschauern würden Edward auf andere Gedanken bringen.
»Wahrlich ein gutes Zeichen, Richard. Vor allem die Sonne. Sol scheint uns weiter freundlich gesinnt zu sein.« Wie sein Bruder nickte, lächelte und winkte Edward den Frauen zu, die ihm von überall her zujubelten, aber seine Augen waren leer. Nur die Mutter Maria wusste, ob Anne tot oder lebendig war.
»Ganz offensichtlich sind wir beim Volk wohlgelitten, mein König. Herzog Karl wird sich freuen, dass wir so warmherzig empfangen werden.« William Hastings ritt direkt hinter den beiden Brüdern und musste schreien, um in dem Willkommensjubel gehört zu werden.
»Das gebe Gott, Majestät.« Richard wollte Edward unbedingt aufmuntern, auch wenn keiner von ihnen glaubte, dass der Jubel der Menge die Haltung des Herzogs beeinflussen konnte.
Edward nickte und fing eine Orange auf, die ihm ein hübsches Mädchen aus einem Fenster zuwarf. Er verneigte sich dankend, und als sein Pferd ihn unter dem hohen Giebeldach ihres Hauses vorbeigeführt hatte, reichte er die runzelige, kleine Frucht an seinen Bruder weiter.
»Ich habe einen Plan. Dabei spielt es kaum eine Rolle, wie die Menschen hier über uns denken. Ganz einfach. Wir bitten den Herzog um Schiffe. Schiffe und Geld.«
»Und Soldaten?«
Sie kamen durch das erste große Tor in den Prinzenhof. Der Klang der Pferdehufe wurde von den dicken Mauern zurückgeworfen. Edward zitterte, als er durch das dunkle, hallende Tor ritt. Irgendwo in diesen Gemäuern war Anne, tot oder lebendig. »Was? Ich habe dich nicht verstanden, Richard.«
Die Männer aus Edwards Gefolge stiegen von ihren Pferden und scharten sich um ihren König. Sie richteten ihre Mäntel, zogen ihre Jacken und Westen gerade und die Reitfalten an ihren Kniehosen straff.
»Ich sagte, was ist mit Soldaten? Glaubt Ihr, er wird uns auch Soldaten geben?«
Für eine Antwort war keine Zeit. Aus dem schattigen Inneren des Gebäudes näherte sich der Schlossvogt des Prinzenhofs, verneigte sich tief, dann noch tiefer und ließ sich schließlich auf ein Knie nieder. Eine kleine Armee von Palastdienern in seinem Gefolge tat es ihm gleich. Mit volltönender Stimme, so dass alle in Rufweite ihn hören konnten, rief der Schlossvogt: »Euer Majestät, mein Herr, der Herzog von Burgund, Herr von Peronne, Roye, Montdidier, Liege, Gent, Flandern, den Niederlanden und Gorinchem, Großmeister des hochedlen Ordens vom Goldenen Vlies und Ritter des erlauchten Ordens vom Hosenbande heißt Euch an diesem glücklichen Tag willkommen.«
Edward bedankte sich für den ehrenvollen Willkommensgruß mit einer leichten Verbeugung und bedeutete dem Schlossvogt, sich zu erheben. Als der Mann und sein Gefolge aufstanden und in einer hierarchisch geordneten Formation Aufstellung nahmen, zog Edward seine Augenbrauen hoch und flüsterte: »Sehr vielversprechend, Richard. Das volle Protokoll, wie mir scheint.«
Richard von Gloucester lächelte fröhlich. »Nun, es wird aber auch Zeit, dass
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