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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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auf das andere. Der König schwieg, das machte ihm Sorgen.
    »Und das Kind? Das Ungeheuer. Wie geht es ihm?«
    »Der Säugling Louisa ist wohl auf, Euer Majestät«, log le Dain beherzt. »Sie wächst und gedeiht.«
    Dies heiterte den König auf. »Sehr gut. Nur ein kleiner Rückschlag, wie mir scheint. Schickt eine Nachricht an Margaret von Anjou und lasst sie wissen, dass das Kind wohlauf ist und gedeiht. Es wird ihr ein Trost sein, wenn sie weiß, dass der Herr immer noch auf unserer Seite steht. Das Frühjahr ist immer eine sehr launische Jahreszeit.«
    Le Dain verneigte sich, so tief er konnte. Er hatte alles dafür getan, damit König Louis einzig durch ihn, le Dain, von seinem kleinen Schützling Louisa zu hören bekam und dass diese Informationen immer hoffnungsvoll klangen. In Wirklichkeit kränkelte das kleine Ungeheuer. Es trank schlecht und schrie viel, und seine arme Mutter war verzweifelt. Das ließ le Dain unerklärlicherweise nicht gleichgültig. Er hatte sie beide ins Herz geschlossen, besonders das Mädchen. Das war seltsam. Sonst empfand er kaum Zuneigung für andere Menschen, nur für Hunde.
    Er hatte schreckliche Angst, was mit Frankreich - und mit ihm - geschehen würde, wenn das Kind stürbe.
    »Le Dain!« Der Barbier wurde aus seinen furchtsamen Gedanken gerissen. Höflich kniete er nieder. »Sire?«
    »Was gibt es sonst für Neuigkeiten? Zum Beispiel vom Grafen von March. Haben die Engländer ihn endlich aus dem Land getrieben?«
    Le Dain schluckte. Das würde schwierig werden.
    »Nun, Euer Majestät, nicht unbedingt .«
    Kapitel 54
    Die Nachrichten aus dem Norden waren nicht gut für Margaret von Anjou und ihren Mitstreiter, den Grafen Warwick.
    Die Unterstützer, die Warwick geblieben waren, marschierten mit dem alten König Henry VI. durch die Straßen von London. Es sollte eine machtvolle Zurschaustellung von Stärke und Selbstvertrauen werden, aber die verzweifelten Anhänger Warwicks erreichten genau das Gegenteil.
    George Neville, der Erzbischof von York und Bruder des Grafen Warwick, spürte beinahe körperlich, wie die Stimmung gegen die Lancasters umschlug, als er neben Henry durch die Straßen ritt. Er sah es in den dumpfen, verschlossenen Gesichtern der Londoner, die sich aus ihren Fenstern lehnten und auf den höfischen Umzug hinabblickten. Niemand rief den Namen des alten Königs und niemand jubelte »Gott segne König Henry«. Nein, sie blickten stumm beiseite, als der seltsame alte Mann, der seit seiner frühsten Kindheit König von England gewesen war, an Sankt Peter vorüber und an den dicht an dicht stehenden, schiefen Häusern vorbei nach Chepe ritt. George Neville ritt neben dem König, er hielt die Hand des alten Mannes - eine anrührende Geste der Ergebenheit, wie er dachte. Sie wurde von scharfen, unfreundlichen Blicken sehr wohl bemerkt, aber nicht als Ergebenheit interpretiert, sondern als das, was es wirklich war: die einzige Möglichkeit, den tatterigen, alten König einigermaßen sicher im Sattel zu halten.
    Die Leute tauschten leise ihre Meinungen aus. Ihr einstiger König war kreidebleich, und einzelne Strähnen seines weißen Haars flatterten lose in der frischen Brise, die vom Fluss heraufwehte. Den hat man irgendwo weggesperrt, ins Dunkle, sagten die Leute. Schaut nur, wie bleich er ist, wie ein Gespenst!
    Henryjedoch lächelte seinem Volk freundlich zu, ja, er winkte wie ein gütiger Großvater, und das verfehlte nicht seine Wirkung, denn es erinnerte ein wenig an frühere Zeiten. Seine Augen aber wanderten hierhin und dorthin, ruhelos und leer wie die eines Säuglings. Er war armselig gekleidet und trug nur einen verschlissenen, fleckigen Umhang aus blauem Samt ohne jeden Pelzbesatz, der wenigstens seinen dünnen Hals hätte warm halten können. Auch dies wurde registriert. Misslungenen Pomp konnten die Londoner nicht ausstehen.
    George Neville musste an sich halten, um bei Henrys Anblick nicht zu erschrecken. Eile hatte die Absicht dieser Prozession zunichtegemacht, und er hoffte, dass sie bald überstanden wäre. Man hätte sich mehr Zeit nehmen müssen, um den alten König sorgfältiger einzukleiden. Man hätte mehr Schmuck aus der Kammer der Pyx holen sollen, um die Massen zu blenden. Man hätte aus dem armen Henry einen richtigen König machen sollen. Man hätte ... man hätte ... zu spät. Neville sah Enttäuschung und Beschämung in den Blicken der Londoner. Henry von Lancaster sah nicht aus wie ein Monarch, und mochten noch so viele Männer vor ihm

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