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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ihre Aufgabe, den Leuten Vertrauen zu geben, und dafür musste sie die Rolle der Gutsherrin einnehmen. Aus diesem Grund hatte sie sich an diesem Morgen besonders sorgfältig gekleidet: Sie trug ihr drittbestes Kleid aus einem tiefblau gefärbten, leichten Wollstoff. Die Kleidung einer Lady, auch wenn sie ins Dorf nicht zu Pferd, sondern zu Fuß gekommen war.
    Eine Weile hielten die Leute sich unsicher zurück, und es erforderte Annes ganze Kraft, geduldig zu warten. Aber dann wagte sich das Häuflein aus Frauen, Kindern und zwei alten Männern endlich näher. Sie erinnerten Anne an halb gezähmte Vögel, die erst nach einigem Zögern auf die ausgestreckte Hand hüpfen, die ihnen hingestreckt wird.
    »Mistress?« Einer der alten Männer hatte sich nach vorn geschoben und zog nun, als er sprach, seine schmierige Lederkappe vom Kopf.
    Anne neigte würdevoll den Kopf und lächelte. »Ich bin Anne de Bohun. Und ja, ich wohne jetzt in Herrard Great Hall. Und ich bin glücklich, dass ich endlich zu Hause bin.«
    Ein Seufzen ging durch die kleine Schar. Weiter hinten schrie ein Kind. Es war das Wimmern eines Neugeborenen. Anne lächelte. »Dürfte ich das Kleine sehen?«
    Alle Köpfe wandten sich dem Mädchen zu, das hinten in der Gruppe stand. Sie errötete und wandte sich ab, damit Anne der Anblick des Säuglings, der nun eifrig an ihrer Brust nuckelte, erspart bliebe.
    »Zeig es ihr. Zeig der Lady den Jungen.«
    Die Menschen traten zur Seite, und dann stand das Mädchen vor Anne. Anne war gerührt von der Angst, die sie auf seinem Gesicht sah, als es ihr zitternd das Kind zur Begutachtung entgegenstreckte. Anne brachte es irgendwie fertig, zu lächeln und die Tränen zurückzuhalten, die ihr beim Anblick des halb verhungerten Kindes in die Augen schossen.
    »Ein hübsches Knäblein, dein Sohn.«
    Riesige Augen in einem schrumpeligen Gesichtchen musterten Anne. Wenn es überlebte, würde es vielleicht zu einem stattlichen Mann heranreifen. Die junge Mutter errötete und neigte ihren Kopf ruckartig zu ihrem Säugling hinunter. Sie war verlegen, aber sie freute sich. Sie reichte Anne kaum bis zur Schulter und war so dünn, dass unter ihrem zerlumpten Kleid die Rippen hervorstachen. Ihre schmächtige Gestalt zeugte von langen, harten Zeiten.
    »Werdet Ihr länger hierbleiben, Mistress?«
    Diesmal fragte jemand aus der Mitte der Gruppe. Anne suchte die Sprecherin mit den Augen - eine magere Frau mit wenigen Zähnen und einem verhärmten Gesicht. Ihr Ton klang frech, beinahe höhnisch.
    Anne erwiderte ruhig: »Ich weiß Euren Namen nicht, meine Dame.«
    »Meggan heiße ich. Aber Namen, weder der Eure noch meiner, beantworten meine Frage nicht.«
    Die anderen zogen hörbar die Luft ein und traten von einem Bein auf das andere. Der alte Mann sah verlegen drein. »Also Meggan, es geht dich gar nichts an, was die Lady vorhat.«
    Anne lächelte. »Ich beantworte die Frage gern, Master ...?« Sie benutzte diesen Ehrentitel und nickte ermutigend, als er antwortete.
    »Will. Früher auch Long Will.« Er richtete sich beim Sprechen auf, und Anne sah, dass er einst ein groß gewachsener Mann gewesen war. Schlechte Zeiten und das Alter hatten ihm manches genommen, unter anderem auch die Zähne.
    »Master Will und auch Ihr, Meggan und alle anderen. Bitte informiert eure Familien, dass ich in das Haus meiner Mutter zurückgekehrt bin. Sie hat niemals hier gelebt, aber für mich ist das ihr Zuhause. Und jetzt ist es unser Zuhause.« Anne legte ihren Arm um Edward und nickte Deborah zu.
    »Das ist mein Neffe Edward und das ist Dame Deborah, meine Haushälterin. Wir sind dabei, uns einzurichten, aber ich brauche Hilfe. Hilfe von euch allen.«
    »Ach ja?« Das war wieder die streitsüchtige Stimme von Meggan, doch diesmal wurde sie von den anderen zum Schweigen gebracht, und alle beugten sich vor, um jedes Wort von Anne zu verstehen. »Und werdet Ihr uns auch bezahlen?«
    Long Will runzelte missbilligend die Stirn über Meggans Aufsässigkeit. »Verzeiht, Lady, aber die letzten zwei Jahre waren sehr hart für uns. Die Ernte war schlecht und ... nun, wir brauchen Geld, um dafür aufzukommen.«
    Anne nickte und dachte über die Worte des Mannes nach. Dann lächelte sie. »Jetzt am Sonntag möchte ich einen Gottesdienst zum Dank für unsere sichere Ankunft abhalten lassen. Haben wir hier im Dorf unseren eigenen Pfarrer?« Die Antwort war Schweigen, dann sprach das kleine Mädchen, das sie zuerst gesehen hatten. Sie hatte genau wie die anderen

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