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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Knaben lächelnd an, als er wieder zu Anne zurückrannte. »Und Gott segne auch dich, mein Kind. Und Euch auch, Lady Anne. Ihr seid unsere Maikönigin.«
    Maikönigin? Anne stockte plötzlich der Atem vor Angst. Ein schwarzer Nebel senkte sich herab, und die Kirche, die lachenden Menschen und die Kinder verschwanden.
    Schreien, nichts als Schreien hörte sie, und alles war in roten Nebel gehüllt. Nebel, aus dem das Blitzen und das Klirren von Schwertern erscholl. Entsetzt blickte sie an sich hinab. Ihr Kleid war fast bis zu den Knien mit Blut getränkt. Neben ihr ragten Männer auf, aus deren schwarzen Mündern Schreie kamen, de-ren Augen aus ihren Höhlen gerissen waren. Bald, bald würde sie von diesem Grauen, von dieser tosenden Woge aus Tod, Schrecken und Leid überflutet und verschlungen werden.
    Ein Wort nur verstand sie unter all den Schreien. Ein Name, ein Name, den sie nie zuvor gehört hatte. Tooksberry. Hieß er so? Turksbury? Tewkesbury, ja, das war der Name. Und dann sah sie ihn und rang nach Luft. Es war Edward, umgeben von Männern, die beinahe so groß waren wie er. Sein Gesicht war blutüberströmt, aber sie erkannte ihn. Er trug ein goldenes Diadem auf seinem Helm, und er schrie wie ein Hengst, wie ein Adler, und seine Axt hob und senkte sich in einem schrecklichen, erbarmungslosen Rhythmus. Sie wollte nicht hinsehen, konnte es nicht ertragen, wie er auf den Knaben einschlug, einen Jüngling, der aufFranzösisch seinen Anhängern zurief: »Ich bin der Prinz von Wales, zu mir, zu mir!«
    »Hat er den Knaben getötet? O Gott, bitte nicht!« Anne gewann das Bewusstsein wieder, aber sie war so abgrundtief traurig, dass unter ihren geschlossenen Lidern die Tränen hervorquollen. Sie nahm den Duft von Rosenwasser wahr, aber das machte es nur noch schlimmer. Rosenwasser und der feuchte Eisengeruch von Blut war eine übelkeiterregende Mischung. Sie versuchte sich aufzusetzen, hatte aber nicht die Kraft dazu. Kühle Hände streichelten sie und drückten sie sanft gegen ein Kissen. Seufzend ließ Anne sie gewähren. Deborah tupfte ihre Schläfen mit einem ausgewrungenen Leintuch ab. Annes Augenlider flatterten.
    »Das ist die Hitze, Meggan. Der Winter war sehr lang«, flüsterte Deborah ihrer Nachbarin zu. »Jetzt wird es ihr gleich wieder besser gehen.«
    Meggan war anderer Meinung. Sie flüsterte zurück: »Ich finde, das war eher ein Anfall.«
    Anne blieb still liegen, sie sah aus, als ob sie schliefe. Deborah legte einen Finger auf ihre Lippen. »Kommt, Meggan. Hier habe ich frischen Weißkäse. Den könnt ihr zur Hochzeitsfeier mitnehmen, mit einem schönen Gruß von meiner Herrin an den Pfarrer. Aber jetzt sollten wir Lady Anne schlafen lassen.«
    Anne hörte, wie die Stimmen sich entfernten, und wollte sich wieder aufsetzen. Das war ein Fehler. Das Zimmer schwankte und drehte sich, als ob sie zu viel Bier getrunken hätte.
    Tewkesbury. Das war der Name, den sie gehört hatte. Ein richtiger Name. Was er wohl bedeutete?
    Tod. Sicherlich bedeutete er Tod.
    Kapitel 58
    Als die Truppen des Königs sich London näherten, kam ihnen eine große Schar fröhlicher Bürger über die grünen Wiesen vor den Toren der Stadt entgegengerannt. Der Jubel aus vielen Kehlen klang stark wie das Rauschen des Meeres. Die Menschen boten ein buntes Bild, eine tanzende Menge aus Rot, Grün, Blau und Gold. Ihre Gesichter waren von der Hitze gerötet, und aus ihren Mündern kam Gesang und Jubelrufe. Sie schwenkten Fahnen, scheuchten Kühe beiseite und jagten die Schafe über die Weiden.
    William Hastings wusste, dass letztendlich die Staatskasse für die ganzen Kosten würde aufkommen müssen, für die abhandengekommenen Tiere, für die niedergetrampelten Getreidefelder. Aber irgendwie würde er das Geld schon aufbringen. Dafür war er da.
    Edward war von den Kämpfen der vergangenen Tage und Wochen schmutzig und ausgelaugt. Aber der Anblick der jubelnden Menschen richtete ihn wieder auf. Die Liebe, die sie ihm entgegenbrachten, gab ihm neue Kraft. Er vergaß, wie müde er war. Diesen Augenblick wollte er bis zur Neige auskosten.
    Endlich war er wieder zu Hause und das Land gehörte wieder ihm, und die Menschen standen wieder auf seiner Seite. Er war mit einer Armee zurückgekehrt - seine Truppen zogen sich über viele Meilen dahin, und zu ihnen gehörten die wichtigsten Fürsten und Magnaten Englands. Sie waren schlau gewesen, sie hatten den Richtungswechsel gespürt. Wie die Wetterhähne hatten sie sich einer nach dem anderen

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