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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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eine göttliche Eingebung war. Ihm war, als wäre er geflogen, und als er herabblickte, da sah er unter sich zwischen seinen Flügelspitzen das ganze englische Königreich. Er war ein Vogel. Nicht einfach ein Vogel, ein Adler. Und dann kam von der Sonne her ein anderer Adler auf ihn zu - riesig, zornig und kreischend. Aber er hatte den Adler besiegt. Er hatte beinahe tödliche Verletzungen davongetragen, aber dann hatte er den Schwachpunkt seines Gegners entdeckt. Mit einem letzten Schnabelhieb hatte er die Brust seines Feindes aufgerissen, so dass das Blut bis hinunter auf die Erde tropfte. Mit einem letz-ten zornigen Schrei war sein Gegner hinabgestürzt, hinabgetaumelt, und im Fallen verlosch sein Leben ...
    »Licht! Licht!«
    Alaunce Levaux rappelte sich von seinem Lager auf, das sich quer vor der Tür des königlichen Schlafgemachs befand. Er hatte lange nicht einschlafen können, weil die Binsen, die man viel zu nah an seinem Gesicht aufgeschüttet hatte, stanken und von den Hunden des Königs voller Flöhe waren. Und nun, nachdem er endlich in süßes Vergessen gesunken war .
    »Hier bin ich, Herr.«
    Levaux schlief immer vollständig angezogen. Aus langer Erfahrung wusste er, dass sein Herr oft aus unruhigen Träumen erwachte, und er scheute die Peinlichkeit - und die Kälte -, wenn er dem König in nächtlicher Blöße aufwarten musste. Es dauerte nur einen Moment, dann hatte er die Kerze angezündet, die er in einer silbernen Schale neben dem Bett des Königs aufbewahrte.
    Der König schnaubte ungeduldig. Levaux wurde alt. Und langsam. Genau wie sein Herr,
    »Schaff mir den Mönch herbei.«
    Levaux kämpfte noch mit dem Schlaf. »Der Mönch, Euer Majestät? Welcher ...?«
    Der König brüllte: »Den Mönch! Agonistes. Ich möchte Bruder Agonistes sprechen. Sofort!«
    Dieser Ton konnte vieles bedeuten: Tod, Zerstörung, schlechte Verdauung. Wie ein Geist flüchtete Levaux aus dem Zimmer, aber Louis schrie hinter ihm her: »Er soll an den Hof dieses Thronräubers. Sag ihm das! Ich brauche Informationen, hast du gehört? Informationen! Es muss einen Weg geben, diesen Königsmörder zu verwunden, ihn an einer Stelle zu verletzen, wo er es am wenigsten erwartet. Der Mönch wird einen Weg finden. Er soll noch heute Nacht aufbrechen. Unverzüglich. Geh!
    Befolge meine Anweisungen, sonst droht dir der Käfig, Levaux. Denk an den Käfig!«
    Levaux hastete hinaus. Natürlich würde er den Befehlen seines Herrn Folge leisten, auch wenn der König sich zu seiner eigenen Beruhigung an Wahnvorstellungen klammerte. In Frankreich war Hochsommer, doch für Louis hatte die Welt sich verdunkelt, das wusste der ganze Hof. Sicher, mit Burgund war ein brüchiger, dreimonatiger Waffenstillstand geschlossen worden, aber nur, weil Louis' Traum, in die Geschicke Englands eingreifen zu können, sich mit dem Tod Warwicks und dem Sieg über seine Cousine Margaret zerschlagen hatte. Louis war ein pragmatisch denkender Herrscher.
    Aber was sollte der Mönch dabei für eine Rolle spielen? Wieso sollte er an den Hof von König Edward gehen? Levaux schüttelte ratlos den Kopf und stolperte durch den dunklen Palast. Er hasste Nächte wie diese. Er würde le Dain aufwecken müssen, und der Barbier ließ sich nachts gar nicht gern aufwecken - das machte ihm Angst. Und Angst machte den Vertrauten des Königs unberechenbar und wütend.
    Ein böses Omen. Überall gab es böse Omen. Vor allem da er, er allein, wusste, dass le Dain ein Geheimnis vor dem König verbarg. Bestimmt würde es irgendwann herauskommen und dann ... dann beschütze der Himmel uns alle. Bis dahin wollte er möglichst unauffällig seinen Dienst verrichten. Gehorsam konnte ihn vielleicht noch eine Weile schützen. So Gott will.
    Kapitel 68
    »Sie ist fort. Schon seit ein paar Tagen, Mylord.«
    William Hastings, Großkämmerer von England, verspürte einen verrückten Drang zu lachen, als er aufDeborahs gebeugtes Haupt sah. Er streckte seine Hand aus und half ihr hoch.
    »Fürchtet Euch nicht, Mistress. Sagt mir einfach, wohin Lady Anne gegangen ist.«
    Deborah fasste sich wieder. Eigentlich mochte sie William Hastings, aber das plötzliche Gefühl von Angst war ihr eine Warnung. »Das ist allein die Angelegenheit der Lady, Sir.« Der Kämmerer des Königs war einer der mächtigsten Männer des Reichs. Er stand in Annes Diele und draußen, im Innenhof, wartete eine beträchtliche Anzahl bewaffneter Männer. Deborah hatte tapfer gesprochen. Um Williams Lippen zuckte es. Er

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