Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
weiterreiten.« Anne sprach so leise, dass ihre Worte im Getrappel der Hufe untergingen. Da brachte der König das Pferd zum Stehen. Anne meinte, ein schmiedeeisernes Tor und eine Fackel zu sehen.
    »Mach die Augen zu. Bitte. Mir zu Gefallen.«
    Sie hörte die Aufregung in seiner Stimme. »Also gut, ich kann nichts mehr sehen, versprochen.« Mit geschlossenen Augen waren Annes übrige Sinne geschärft, besonders ihr Gehör und ihr Geruchssinn. Als der König sich vorbeugte, um an das Tor zu klopfen, hörte sie das Knirschen seines Lederwamses. Sie spürte die Vibrationen seiner Stimme, als er die Wachen rief, sie hörte, wie daraufhin das Tor aufging - ein metallisches, unmelodisches, kratzendes Geräusch -, und sie spürte auch die Vibrationen, als die Hufe des Pferdes auf den Erdboden trafen.
    Sie war sich sicher, dass sie sich jetzt in einem Garten befanden. Sie konnte wilden Wein und Rosen riechen, den Nelkenduft von Levkojen und den süßlichen Duft von spät blühendem Jasmin. In einer warmen Nacht wie dieser blieben die Düfte noch lange nach Sonnenuntergang bestehen. Nun hörte sie auch nicht mehr das Hufeklappern, sie ritten auf einem weichen Untergrund. Rasen?
    Edward sagte sanft: »Du darfst jetzt deine Hände lösen, mein Herz, aber halte die Augen noch geschlossen. Geht das?«
    »Was, und wenn ich herunterfalle? Nur weil ich nichts sehen kann?«, spottete Anne. Natürlich würde er sie nicht fallen lassen!
    Der König löste vorsichtig Annes Hände von seinen Hüften und richtete sich in den Steigbügeln auf. Mit etwas Mühe gelang es ihm, sich vorn über den Hals des Tieres abzusitzen. Anne geriet für einen Augenblick in Panik, denn sie rutschte zur Seite!
    »Lass dich fallen - ich fange dich auf.« Die ganze Welt wird einem fremd, wenn etwas so Verlässliches wie das Augenlicht nicht mehr da ist. Trotzdem zögerte Anne nicht - sie ließ sich fallen, und er fing sie auf. Sie spürte seine Arme, ein Arm unter ihren Knien und einer um ihren Rücken direkt unter ihren Schulterblättern. Und dann lag sie an seiner Brust, und ihr Kopf schmiegte sich in die Kuhle an seinem Schlüsselbein.
    »Ich werde dir Wunder zeigen .« Sie hörte seine Schritte, erst weich auf einem Rasen, dann hart auf einem Steinboden. Quietschend öffnete sich eine Tür und dann kamen sie in einen duftenden Raum. Sie hörte, wie sich die Tür schloss, dann ging er über etwas Weiches, Raschelndes. Der natürliche Duft von frisch gepflückten, gebrochenen Binsen stieg in ihre Nase. Er blieb stehen. Er ließ sie zu Boden gleiten, und eine seiner Hände glitt zu ihrer Taille und hielt sie fest.
    »Öffne deine Augen, meine süße Anne. Sieh, was ich für dich habe richten lassen.«
    Anne blinzelte und musste sich erst an das gedämpfte Licht gewöhnen, doch dann verschlug es ihr den Atem.
    Sie befanden sich in einem kreisrunden Zimmer, in dessen Mitte ein wuchtiger Tisch aus purem Gold stand, der in einen See aus sanftem Licht getaucht war. An der Wand waren in regelmäßigen Abständen Leuchter angebracht, die wie riesige Handschalen geformt waren und in denen Kerzen von der Größe eines Kleinkindes brannten. Auf dem Tisch standen Teller und silberne Schalen mit einfachem Essen: Quark, Brot, Obst und Marzipankonfekt. Und daneben stand ein rotes Marmorbecken mit mehreren Weinflaschen.
    »Ist das Schnee zum Kühlen des Weins? Mitten im Sommer?«, fragte Anne ehrfürchtig.
    Der König nickte. »Ja. Ich muss meinen Kämmerer unbedingt beglückwünschen.« Er streckte Anne seine Hand hin. »Willkommen, meine Lady, in diesem bezaubernden Boudoir, das extra für dich gebaut worden ist.«
    Anne raffte mit einer Hand ihr Röcke und schritt langsam durch den Raum. Alles, was sie sah, alles, was sie roch oder be-rührte, entzückte sie gleichermaßen, denn es war schlicht, erlesen und harmonisch. Statt Teppichen hingen luftige Seidenvorhänge an den Wänden. Goldene und silberne Stoffbahnen wechselten einander ab und bauschten sich sanft in der vom Garten hereinwehenden Brise. Außer dem goldenen Tisch gab es nur wenige Möbelstücke. Ein paar Hocker aus schwarzem Holz - Ebenholz? -, die unter den Tisch geschoben waren, und eine große Truhe, die neben der Tür stand, durch die sie eingetreten waren.
    Das gewichtige Stück war aus Bronze gemacht und auf beiden Seiten mit einem heiteren Fries herumtollender Amoretten versehen, die sich in einem unendlichen Kreis zu fangen suchten. Und überall, wohin sie auch schaute, waren Blumen: Rosen,

Weitere Kostenlose Bücher