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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Seidentuch, bis sie glänzte. Danach wurde das Haar für die Nacht zu Zöpfen geflochten und zu einem Kranz hochgesteckt. Dieses Ritual wurde schweigend vollzogen, denn die Königin hatte den Damen das Sprechen untersagt.
    Ehrerbietig entfernten die Frauen die Tageskleider der Königin und zogen ihr das Schlafgewand über. Modebewusst, wie sie war, hatte Elizabeth Wydeville diese neue Mode aus Italien übernommen. Zwar wusste sie, dass sie noch immer einen schönen Körper hatte - sie besaß den größten Spiegel in ganz England -, sorgte sich aber doch, was der König denken mochte, wenn er sie völlig nackt sähe. Seit Edwards Rückkehr und ihrer Versöhnung - anscheinend erinnerte nur sie sich der langen Monate bedrückender Entfremdung vor seiner Flucht - hätte sie am liebsten sämtliche Kerzen löschen lassen, bevor er zu ihr ins Bett kam. Aber das wäre langweilig gewesen und tötete jegliche Leidenschaft. Prüde Frauen waren nichts für Edward.
    Das seidene, halb durchsichtige Schlafgewand war so kunstvoll arrangiert, dass man die Nacktheit darunter ahnen konnte. Ihm verdankte Elizabeth ihre Zuversicht, dass sie immer noch die Begierde ihres Mannes erwecken konnte. Sie meinte, dies zu ihrer und seiner Zufriedenheit schon mehrere Male bewiesen zu haben, seitdem er in sein Königreich zurückgekommen war. Aber jetzt war sie nicht mehr so sicher. War es nur Pflichtgefühl gewesen, das ihn zu ihr getrieben hatte?
    »Geht!« Elizabeth Wydeville klatschte in die Hände, nachdem der letzte Ring abgezogen worden war. Er war mit einer übergroßen, von Diamanten eingefassten Perle geschmückt, ein verspätetes Geschenk des Königs zur Geburt ihres Sohnes. »Geht. Alle. Ich werde allein schlafen.«
    Die sieben Hofdamen und die dreizehn Kammerzofen sanken auf die Knie und neigten ihre Köpfe. Und sie mussten mit ächzenden Gelenken verharren, bis die Königin ihnen erlaubte, sich zu erheben. Dieser kleinlichen Schikane frönte sie, wenn sie missgestimmt war - zum Beispiel, wenn es dem König beliebte, grundlos abwesend zu sein. Wie an diesem Abend.
    In den ersten Jahren von Edwards Herrschaft hatte eine Handvoll Gesellschafterinnen und sechs oder sieben Kammerzofen gereicht, Elizabeth Tag und Nacht zu bedienen. Seitdem sich aber das Glück ihr wieder zugewendet hatte, waren dreizehn Kammerzofen das Mindeste, was sie erwartete. Dreizehn entspreche der Anzahl der Apostel plus dem Herrn, sagte sie. Sie sei die Eitelkeit in Person, munkelte man bei Hof. Ein alternder Körper, der besonderer Dienste bedurfte, um seine Schönheit unnatürlich strahlend erscheinen zu lassen.
    »Ihr mögt Euch erheben.«
    Was für eine Erleichterung, die zitternden Knie strecken und wieder stehen zu können. Selbst die Königinmutter, Herzogin Jacquetta, war nicht verschont geblieben, da sie an diesem Abend in den Gemächern der Königin zugegen war.
    »Ihr nicht, Mutter. Bleibt bei mir, bis ich eingeschlafen bin.«
    Die Herzogin seufzte leise auf, was an dem boshaften Glitzern in den Augen ihrer Tochter lag.
    »Kommt, setzt Euch zu mir.«
    Die neu eingesetzte Königin von England klopfte einladend auf ihre Überdecke. Diese Geste musste auf Außenstehende wie die unbekümmerte Vertrautheit zwischen Tochter und Mutter wirken. Jacquetta wusste aber, dass es so nicht gemeint war. Elizabeth wollte etwas von ihr.
    Die Herzogin setzte sich behutsam auf eine Ecke des großen Betts, in einigem Abstand zu ihrer Tochter, der Königin.
    »Näher. Wir können uns nicht richtig unterhalten, wenn Ihr so weit entfernt seid. Hier. Setzt Euch hierhin.« Die Königin klopfte wieder auf die bestickte Überdecke.
    Die Herzogin erhob sich und unterdrückte ein Seufzen. Sie strich ihre wallenden, raschelnden Seidenröcke glatt, die von einem schmeichelhaften, tiefen Schwarz waren (aber nicht, weil sie in Trauer war, sondern weil ihr die Farbe stand), ging langsam zu ihrer Tochter und setzte sich an die bezeichnete Stelle. Einen Augenblick herrschte Schweigen zwischen den beiden Frauen, dann winkte die Königin ihre Mutter näher zu sich heran. »Was habt Ihr erfahren, Mutter? Erzählt.«
    Ein eindeutiger Befehl. Unruhig sah sich die Herzogin in dem großen, leeren Zimmer um. Von den auf den Fluss hinausgehenden Fenstern stand nur ein einziges offen. Trotzdem regte sich am Bett, das ungefähr zwölf Ellen entfernt war, kein Lüftchen. Das Fenster war viel zu weit entfernt, als dass man sie hätte belauschen können, selbst wenn ein sportlicher Spion die vom

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