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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Aber nichts von Bedeutung, meint Ihr nicht auch?«
    Louis de Gruuthuse zuckte unbehaglich die Achseln. Er hätte manches Beruhigende sagen können, aber es wäre nicht die Wahrheit gewesen. »Euer Majestät, Ihr müsst meinem Herrn noch ein bisschen mehr Zeit lassen. Wie Ihr wisst, befindet er sich in einer höchst schwierigen Lage. Der französische König klopft mit seinen Truppen an sämtliche Pforten Burgunds und ...«
    »Zeit!« Nun verriet Edward doch etwas von seinen Gefühlen. »Zeit, mein lieber Louis, genau die habe ich nicht. Und das weiß Karl! Er ist ein Narr, wenn er glaubt, der König von Frankreich würde sich zurückziehen. Das wird erst geschehen, wenn ich England zurückerobert habe. Wenn Margaret und Warwick ihre Macht erst einmal konsolidiert haben, dann ist Burgund verloren. Louis wird sich eine Provinz nach der anderen einverleiben. Und Karl wird keinen starken Verbündeten wie England haben, der ihm zur Seite steht.«
    Im Stillen musste Louis de Gruuthuse seinem Gast zustimmen, aber für solche Wahrheiten war jetzt nicht die Zeit. Seine Pflicht war, das Spiel so zu spielen, wie sein Herr, der Herzog von Burgund, es zu spielen wünschte - mit Vorsicht.
    »Warum möchte Euer Herr mich nicht in Brügge empfangen?«
    Louis lächelte leicht. »Ach, Majestät, ich vermute, er sorgt sich um Eure Sicherheit, da die Franzosen das ganze Land unsicher machen. Ihr wäret ein kostbares Beutestück.« Aber als er den skeptischen Gesichtsausdruck und den starren Blick des Königs wahrnahm, seufzte Louis und sagte wahrheitsgemäß: »Vielleicht möchte er auch nicht von Euch überwältigt werden. Ihr seid ein Gegner, der schwer zu bezwingen ist.«
    Edward schnaubte und bleckte für einen Augenblick die Zähne, es sah fast aus wie ein Lächeln. Dann ließ er die Schultern sinken und starrte wieder in die Flammen. »Wir sind also nicht weitergekommen, aber auch nicht zurückgefallen. Noch ist nichts verloren. Noch besteht Hoffnung für unsere Sache.« Schweigen. Nur das Knistern des Feuers war zu hören, als der letzte Pergamentfetzen aufflammte und sich in einen dünnen Rauchfaden verwandelte.
    »Wünschen Euer Majestät zu ruhen?«, fragte Louis de Gruuthuse und verneigte sich.
    Die aufrichtige Achtung, die er Edward zuteil werden ließ, war für diesen nur ein schwacher Trost, denn er musste seinen Männern Mut machen. In der Schlacht war das einfacher - das Schwert oder die Streitaxt schwingend die Angst zu bezähmen, das war ein lange eingeübter Reflex. Da war keine Zeit, über richtig oder falsch nachzudenken, da hieß es handeln. Das zähe Ringen der Politik verlief nach ganz anderen Regeln. Nicht körperliche Überlegenheit zählte, der ganze Mensch wurde auf den Prüfstand gestellt. Edward hob den Kopf und lächelte seinen Gastgeber herzlich an, diesmal war sein Lächeln echt. »Aber sicher, mein lieber Freund«, antwortete er gähnend und hakte sich bei Louis de Gruuthuse unter. »Wisst Ihr, Louis, wenn Ihr uns einmal in London besucht, werdet Ihr eine hübsche Anekdote zu erzählen haben. Wie der König eines Abends zu Bett ging und am nächsten Morgen mit der Lösung seines kleinen Problems erwachte.« Edward lachte, und bei seinem unbeschwerten Ton mussten Richard, sein Bruder, und William, sein bester Freund, erleichtert kichern. Sie fassten neuen Mut. Es würde einen Ausweg geben, es gab immer einen Ausweg.
    Doch später, als Edward allein in dem großen Bett lag und in die Dunkelheit starrte, drehte und wendete er die offenen, harten Worte seines Schwagers hin und her. Sah er denn nicht die Gefahr, in der er schwebte, wenn er Edwards Schicksal dem Zufall überließ? Oder wollte er sie nicht sehen? Und seine Schwester, die Herzogin, stand sie auf der Seite ihrer Familie, oder hatte ihre leidenschaftliche Liebe für ihren Gemahl sie ihre Herkunft vergessen lassen? Edward dachte an die Hochzeit, die noch nicht lange zurücklag, und erinnerte sich bitter der zitternden Hand seiner Schwester, die er nach dem Trauungsgottesdienst in der Kathedrale von Damme in die Hand ihres frisch angetrauten Gemahls gelegt hatte.
    Und Anne. Seine Anne. Warum spürte er noch immer diese Sehnsucht nach ihr, nach ihrer Berührung, obwohl so viel auf dem Spiel stand?
    Die Begierde des Fleisches war eine willkommene Ablenkung, und wenn er von Anne träumte, sich ihr Gesicht und ihren Körper vorstellte, dann geriet sein Blut in Wallung. Vielleicht war das eine Gnade Gottes, um ihn von der unendlichen Anspannung dieser

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