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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nötig, wenn sie überleben wollten, sowie die Schnelligkeit von Sleipnir, dem Pferd des Gottes Odin. Und um die Zukunft zu erkennen und den richtigen Weg einzuschlagen, brauchte er den weisen Rat des Großen Vaters persönlich. Und so wan-derten sie gemeinsam weiter, von Nordwesten blies ein scharfer Wind, ein eisiger Wind, der ihnen den Sand ins Gesicht peitschte, scharf wie Glassplitter.
    Aber Anne beschwerte sich in den folgenden Stunden nicht ein einziges Mal. Und kein einziges Mal, auch nicht, wenn sie strauchelte, bot Leif ihr seine Hilfe an. Sie wusste, warum. Natürlich. Und er wusste es auch.
    Wieder schlugen die Glocken, immer wieder die Glocken. Edward versuchte, sie nicht zu beachten. Sie waren eine schwere Heimsuchung für ihn, denn sie zählten erbarmungslos die qualvollen Stunden seines ungewissen Daseins.
    Die Stadt s'Gravenhage war immer noch voll von Menschen, die den ersten Advent feierten. In lärmenden Grüppchen schien-derten die Städter durch die hereinbrechende Dunkelheit nach Hause. In den Häusern flammten die Lichter auf und glitzerten wie zahllose, kleine Sterne. Edward und Richard ritten gemächlich durch die engen Straßen und unterhielten sich leise über ihre Pläne.
    Seit Edwards peinvollem Gespräch mit Louis de Gruuthuse war er entschlossener denn je. Die Geburt seines Erben würde seine Anhänger in England ermutigen, das Schicksal würde sich nun doch noch zu seinen Gunsten wenden. Gleichgültig, ob es ihnen an Geld oder Unterstützern mangelte, am nächsten Morgen in aller Früh wollten er und Richard sich durch das Stadttor schlagen und nach Brügge reiten. Darum ging es hauptsächlich bei ihrer geflüsterten Unterhaltung. Über das Was und Wie und das Wann. Karl musste sie anhören, und so Gott es wollte, würde der Rest auch noch gelingen: Männer, Geld, Waffen und England.
    Aber dann schlugen wieder die Glocken, sie riefen, sie befahlen. Zurück zum Palast, zurück zum Palast, kehrt Ihr nicht zurück, werden die Soldaten unseres Herrn Euch suchen. Geht, geht, die Stadttore müssen geschlossen werden, die Straßen müssen geleert und für die Nacht gesichert werden. Geht nur, noch seid Ihr sicher, noch schützt Euch der Klang unserer Stimmen ...
    Glocken und Menschen wissen um die Nacht. Die Zeit der Schatten ist eine Zeit unerwarteter Ereignisse, eine Zeit, in der Seelen sich im hämischen Grinsen des Satans, in der unkontrollierten Lust des Fleisches verlieren können. Eine Zeit, in der das große Schicksalsrad sich zu drehen beginnt.
    »Wir sollten zum Rittersaal zurück, Bruder, sonst macht sich unser überaus edler Gastgeber noch Sorgen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht gerade heute sein Misstrauen erregen.«
    Edward schnaubte verächtlich. »Ha! Wenigstens könnten wir Louis' Männern ein wenig Bewegung verschaffen, wenn sie uns zwischen all den vielen Leuten durch die Gassen jagen müssten. Mein Gott, ich weiß, wie eng die Straßen von London sind, Richard, aber diese hier sind geradezu lächerlich. Und gefährlich.«
    Sie ritten langsam hinter einer Gruppe von Städtern her, die gehorsam nach Hause eilten, als etwas oder jemand die Aufmerksamkeit des Königs erregte. Er bemerkte den Mann wegen seiner Größe. In der rasch hereinbrechenden Dunkelheit konnte er ihn nicht so genau erkennen, aber der Fremde hatte ungefähr seine Größe. Edward Plantagenet war es gewöhnt, immer der Größte in einer Gruppe zu sein. Einen Mann zu treffen, der ebenso groß war, erregte sein Interesse. Der große Mann schritt zielstrebig aus, gefolgt von einer zierlichen Frau. Er ging so schnell, dass der Abstand zwischen dem Paar und dem König immer größer wurde.
    Edward zeigte in seine Richtung. »Dieser Mann dort. Siehst du ihn, Bruder? Er sieht aus, als könnte er uns von Nutzen sein.«
    Richard reckte den Hals und nickte. »Seemannsstiefel. Seeleute können wir gebrauchen. Was meinst du? Wie wäre es mit einer Presspatrouille zu zweit?«
    Mehr musste Edward nicht hören. Der König spornte sein Pferd an, verbeugte sich eilig nach links und nach rechts und preschte, von Schreckensschreien und Flüchen begleitet, nach vorn. »Verzeiht, meine Dame, mein Herr ... verzeiht uns, aber .« Schon bald war er nur noch eine Pferdelänge von dem großen Kerl entfernt und rief ihm auf Französisch zu: »Herr, würdet Ihr bitte einen Augenblick stehen bleiben? Herr!«
    Vielleicht lag es am Gedränge der Menschen in der engen Straße oder am letzten Schlag der Glocken oder an der lauten

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