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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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was anscheinend nicht einfach war. Und dann der englische König. Auch er war da und ging ständig vor dem Bett auf und ab. Dabei sah er so verzweifelt auf dieses Mädchen, dass man gerade meinen könnte, er hätte ein Mitglied seiner eigenen Familie getötet.
    »Du!«
    Hawise erstarrte. Graf Louis war ins Zimmer getreten. Die Magd sank in einen tiefen Knicks, ihre Röcke bauschten sich, als sie das Knie beugte.
    »Ja. Dich meine ich. Kannst du nähen?«, fragte Louis barsch.
    Sämtliche Männer im Zimmer drehten sich nach ihr um. Hawise errötete und blickte zu Boden, denn so viel Aufmerksamkeit war sie nicht gewöhnt. »Ja, Herr. Ich kann nähen.« Zu jeder anderen Zeit hätte das Mädchen damit geprahlt, dass sie genauso flinke Finger besäße wie die feinen Damen, aber der strenge Ton ihres Herrn, das Gefühl, dass hier etwas Geheimnisvolles vorging, schüchterten sie ein.
    »Sehr gut. Master Jacobi - habt Ihr gehört? Ihr habt eine Verbündete. Was benötigt Ihr?«
    Der Doktor legte vorsichtig die Hand seiner Patientin auf die bestickte Überdecke, wo sie klein, weiß und bewegungslos liegen blieb.
    »Weingeist, flüssigen Honig und Spinnweben. Das Erste zum Reinigen der Wunden, das Zweite und Dritte zum Verbinden. Dann Seidengarn. Gibt es hier im Schloss auch Hofdamen? Damen, die sticken?« Er ging auf das, was die Magd gesagt hatte, nicht ein, natürlich.
    Louis de Gruuthuse fing Edwards Blick auf und schüttelte verneinend den Kopf. »Nein, Master Jacobi. Der Binnenhof ist eine Männerwelt. Wir sind hier eine Provinzgarnison.«
    Plötzlich stand Edward neben dem Doktor. »Bestimmt könnt Ihr doch auch etwas anderes als Seide benutzen. Pferdehaar aus den Mähnen, zum Beispiel. Das wird in den Feldlazaretten benutzt - ich habe es selbst schon gesehen!«
    Der Doktor schüttelte den Kopf. »Majestät, manch ein Mann stirbt im Kampf, aber viel mehr sterben, weil sie nach dem Kampf unzureichend verarztet werden. Ich finde Pferdehaar nicht gut genug. Ich brauche Seide, denn Seide ist besonders reißfest. Am besten wäre gekochtes Seidengarn.«
    »Was redet Ihr für einen Unsinn? Gekocht? Wofür soll das gut sein? Dafür ist jetzt keine Zeit, selbst wenn wir Seide hätten ...« Hawise war sehr mutig, ja, geradezu tollkühn, wie sie später fand, als sie dem englischen König ins Wort fiel. »Majestät, ich habe etwas Seide.«
    Alle drehten sich zu der Magd um und sahen sie verwundert an. »Ich nähe, wie gesagt. Nur ab und zu. Das haben die Nonnen mir beigebracht. Ich nähe für sie - zum Beispiel Altartücher«, sagte sie hastig. Es verstieß gegen das Luxusgesetz, wenn ein Mädchen ihres Standes auch nur daran dachte, sich in Seide zu kleiden. Das war das Privileg der Damen, vor allem der Hofdamen. Aber Hawise hatte ein Geheimnis, einen roten Unterrock, den sie sich verbotenerweise nähte. Wenn er fertig war, wollte sie ihn beim Frühlingsfest unter ihr Kleid anziehen. Als Glücksbringer, hatte sie Gudrun gesagt, nur als Glücksbringer.
    »Welch ein Segen, Mädchen!«, sagte der Doktor. »Spute dich und hol deine Seide. Koche sie so lange, bis du zehn Mal auf zehn gezählt hast. Dadurch wird sie weich und lässt sich gut nähen. Hast du mich verstanden?«
    Hawise nickte. Sie selbst konnte nicht gut zählen, aber bestimmt fand sie jemanden in der Küche, der ihr helfen konnte. Vielleicht den Koch, er machte auch die Zählstriche für die Speisekammer. Ohne ein weiteres Wort rannte sie aus dem Zimmer. Sie nahm sich nicht einmal die Zeit, um zu knicksen.
    Der Doktor rief ihr noch nach: »Und schick die andere Magd mit einer Schale abgekochten Wassers herauf. Und vergiss den Honig nicht. Und die Spinnweben. Beeil dich!«
    »Doktor?«, sagte Edward zögernd, ohne seinen Blick von Anne zu lösen. »Was könnt Ihr für sie tun?«
    Master Jacobi, der gerade Annes Kopf untersuchte und vorsichtig die blutverklebten Haare beiseiteschob, sah kurz von seiner Arbeit auf.
    »Das Pferd hat sie hier getroffen ...« Er zog einen Moment den Kragen des Nachtgewands zurück. Annes Brust und Schultern waren von blauvioletten Prellungen übersät. ». und auch hier am Kopf, glaube ich. Direkt über dem Ohr. Seht Ihr?«
    Edward, der schon manche Kampfverletzung gesehen hatte, konnte es nicht mehr schrecken, wenn er einen Brei aus Knochen, Fleisch und Blut sah. Doch als der Jude von Annes Kopf einen Hautlappen abhob, an dem noch Haare waren, stieg eine Welle von Übelkeit in ihm auf.
    »Nur ein oder zwei Rippen sind gebrochen, und auch

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