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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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der Puppe hinein. Im selben Augenblick stach ihre Mutter das andere Messer in den Unterleib der Puppe. Ein Geräusch wie von entweichender Luft war zu hören. Vielleicht war es der Wind.
    Das Kind wachte auf und schrie, wie ein Kind schreit, wenn die Mutter nervös und angespannt ist. Und so sehr sich Mutter und Großmutter auch mühten, das unruhige Kind ließ sich nicht trösten. Den ganzen Tag und die ganze Nacht war es wach, bis schließlich Thomas Milling, der Abt von Sankt Peter, seine Brauen mit Weihwasser netzte.
    Dann schlief es ein.
    Kapitel 20
    Louis XI. war kein sportlicher Mann, und Reiten mochte er überhaupt nicht, weil die Pferde ihn nicht mochten. Das allerdings beruhte auf Gegenseitigkeit, was nicht nur lästig, sondern ein Skandal war. Immerhin hatte der König von Frankreich Le Grand Chevalier zu verkörpern. Doch dies konnte man von diesem König nicht behaupten, denn er zog es vor, in Sänften getragen zu werden.
    An einem eiskalten Abend, nicht lange nach dem zweiten Adventssonntag, traf Louis de Valois, hinter den Vorhängen seiner abgenutzten Sänfte kauernd, in einem einsam gelegenen, von ihm aber gern genutzten Jagdschlösschen ein. In seiner Begleitung befanden sich eine kleine Schar von Wachsoldaten und ein paar missmutige, durchnässte Höflinge. Er selbst war übel-launig und müde, und er hatte Leibschmerzen, was nicht selten vorkam.
    Der König liebte diesen Ort, weil er unauffällig war und weil er so versteckt lag. Das Jagdschlösschen war zwar klein und ungemütlich, lag aber nah genug bei Paris, so dass ihn wichtige Nachrichten erreichen konnten, wenn er es wünschte. Gleichzeitig lag es so versteckt, dass man unter sich, also sicher war. Louis mochte seine Hauptstadt nicht. Mit Paris verband er zu viele schlechte Erinnerungen an seinen Vater, den er gehasst und gefürchtet hatte. Aus diesem Grund misstraute er auch der Loyalität der Stadt und mied sie, wann immer er konnte. Paris war auch der Ort, wo sich die Adligen gern einfanden, gerade jetzt in der Adventszeit. Und der Louvre war die Lieblingsresidenz von Königin Charlotte. Wenn Louis dort war, musste er mit ihr sprechen, ja, sogar das Lager mit ihr teilen, alles andere wäre ein Skandal gewesen.
    Dies und die Tatsache, dass die mächtigen Fürsten und die niederen Edelleute sich gerade jetzt zur Adventszeit versammelten, um ihn um diese oder jene Gunst zu bitten, hatten ihn in seinem Entschluss bestärkt. Sie würden alle warten müssen. Er wollte sich von ihren Streitereien und Intrigen nicht ablenken lassen, denn er hatte Wichtigeres zu tun. An diesem Abend hatte ihn eine Nachricht erreicht, die ihm Sorge bereitete und er gab, obwohl es widersinnig war, seinen Beamten in Paris die Schuld daran. Sie hätten ihn früher informieren müssen! Ihre Aufgabe war es, ihn auf seiner Reise durch das Königreich ausfindig zu machen. Er würde keine Entschuldigung gelten lassen!
    Edward Plantagenet und seine Männer waren aus dem Binnenhof verschwunden. Louis setzte sich zu Tisch und rief seinen Berater, um noch einmal alle Einzelheiten mit ihm durchzusprechen.
    »Wie viele sind es?«
    »Wir wissen nicht genau ihre Zahl, Sire.« Olivier le Dain, wegen seiner bescheidenen Anfänge als Kammerdiener des Königs der »Barbier« genannt, war äußerst nervös, hoffte aber, dass man ihm dies nicht anmerkte. Le Dain war im Zeichen des Saturn geboren und entsprach genau diesem Klischee: Er war finster, wachsam und gefährlich. In der Gegenwart dieses Königs aber, dem er ein wertvoller Berater geworden war, wurde er zu einer ängstlichen, schwitzenden, bebenden Masse, was seine Feinde bei Hof mit Schadenfreude erfüllte. Das Schreckgespenst des »Käfigs« war schuld daran.
    Zwei Jahre zuvor hatte le Dain den König verärgert - er wusste bis heute nicht, warum - und musste einen ganzen, furchtbaren Winter lang in einem Käfig über den Zinnen von Nantes verbringen, Wind und Wetter ausgesetzt, am Leib nur das, was er bei seiner Festnahme getragen hatte. Er wäre beinahe verhungert, und seine beiden kleinen Finger waren erfroren, schwarz geworden und abgefallen. Schließlich aber, gelobt sei Gott, hatte Louis ihm seine Sünden, welche es auch immer gewesen sein mochten, verziehen. Aber was, wenn er wieder des Königs Missfallen erregte? Wie sollte er das wissen?
    Le Dain beobachtete nervös, wie der König sich seinem Essen zuwandte. Louis wollte eine Gänsekeule abnagen, aber le Dain konnte sogar von seinem Platz aus sehen, dass das Fleisch

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