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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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gehabt, hätte er über das idiotische Pathos des Mönchs gelacht. Bruder Agonistes war eindeutig verrückt, aber was machte das schon, wenn er den brennenden, unerträglichen Schmerz in seinen Beinen und in seinem Leib beenden konnte?
    Die Augen des Mönchs leuchteten vor Inbrunst, als er, den Rosenkranz betend, die Stufen zum Thron erklomm.
    Louis schreckte zurück, denn die Augen des Mannes machten ihm plötzlich Angst. Er hatte sich freiwillig in die Hände dieses Wahnsinnigen begeben. Und was, wenn der Mönch ein Messer bei sich trug? Doch dann stand Agonistes neben ihm, und seine Augen blickten sanft wie die Augen einer Mutter.
    »Wo tut es weh, Bruder? Erlaubt mir, Euch zu helfen, denn ich spüre, dass dies der Wille des Herrn ist.«
    Louis war über sich selbst erstaunt, als er den Saum seines Umhangs anhob, als sei dies das Normalste aufder Welt. Rauchschlieren aus den Kohlebecken hüllten ihn und den Mönch ein, der nun sacht seine Schienbeine untersuchte. Und da fiel dem König etwas ein. Myrrhe, wurden darauf nicht die Toten gebettet? Louis war sehr abergläubisch. Der Rauch seines eigenen Feuers war ein Omen - davon war er plötzlich überzeugt. »Muss ich sterben?«
    Der Mönch seufzte, ließ den Saum der Königsrobe fallen und wischte sich seine von Blut und Eiter verschmierten Finger an seiner Kutte ab.
    »Nein, Bruder König. Ihr habt eine Störung der Körpersäfte, so viel ist sicher, aber sie kann geheilt werden. Euer Körper ist geschwächt, und ich kann ihn wieder kräftigen. Ich werde Euch von Euren irdischen Qualen erlösen und, so Gott will, auch von Euren seelischen.«
    »Wirklich?« Louis fühlte sich plötzlich schwach vor Erleichterung - und vor Zuversicht. Der Mönch mochte ein heiliger Narr sein, aber er konnte von Gott gesandt sein. Gott, ein anderer König in einer anderen Welt.
    Der Mönch nickte und deutete über dem Kopf des Königs ein Kreuzeszeichen an. »Bitte öffnet Euren Mund, Euer Majestät.«
    Folgsam wie ein Kind sperrte der König seinen Mund so weit auf, wie er konnte.
    »Ah, ja, ich weiß schon, was es ist.«
    »Wirklich?«
    »Die Krankheit rührt von zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse in der Winterzeit her. Und zu wenige und falsch gesprochene Gebete. Zuerst fallen die Zähne aus, und dann entzünden sich die Beine.« Der Mönch deutete auf die wunden Stellen unter der Königsrobe. »In Euerm Fall besonders gefährlich. Schlafen Hunde in Euerm Bett, mein Bruder?«
    Der König sah den Mönch verwundert an. »Natürlich. Warum?«
    »Flöhe, Sire. Da Euer Blut sehr geschwächt ist, sind Eure Beine ein Festmahl für Hundeflöhe. Verdorbenes Blut ist eine Delikatesse für sie, besonders schmackhaft. Und die Bisse haben zu eitern begonnen, weil Euer Körper geschwächt ist.«
    »Also keine vergifteten Stiefel?«
    Der Kammerdiener vermied den Blick seines Herrn, seine Knie waren weich vor Angst.
    Der Mönch schüttelte feierlich den Kopf. »Nein, Bruder, Eure Stiefel sind nicht vergiftet.«
    Ein plötzlicher Schweißausbruch durchnässte Levaux wie ein Wasserschwall.
    »Was muss ich tun, Bruder?«
    »Gehorcht mir, o König, denn ich bin die Stimme des Herrn. Er wird mich führen, denn Ihr seid sein Gesandter auf Erden, der seine irdischen Untertanen in seinem Namen regiert.«
    Der König bekreuzigte sich, dann griff er nach dem Rosenkranz, der am Gürtel der Mönchskutte hing, und küsste die daran baumelnde kleine, elfenbeinerne Christusfigur.
    Später, als Louis neben Bruder Agonistes auf dem blanken Steinboden vor dem Altar in seiner Privatkapelle kniete und für seine Genesung betete, wurde in einer Ecke seines Gedächtnisses eine Erinnerung wach. Der Mönch hatte von dem Bösen am englischen Hof gesprochen. Kein Gebet der Welt würde seine Neugier darauf besänftigen können.
    Beim Abendessen, das auf Geheiß des Mönchs ungewöhnlich karg ausfiel und nur aus Sauerkraut und bitteren, grünen Kräutern aus dem Garten des Mönchs bestand, hielt Louis es nicht länger aus.
    »Bruder, was war denn das Böse, vor dem Ihr vom englischen Hof geflohen seid?«
    Bruder Agonistes fing an zu zittern, sank auf die Knie und schloss die Augen, dabei bekreuzigte er sich wieder und wieder.
    »Kommt schon, Bruder. Ich habe getan, was Ihr mich geheißen. Nun ist es an Euch, zu gehorchen. Hat dieses Böse einen Namen?«
    »Ja. Den Namen einer Frau. Der Buhle des Königs.« Der Mönch spukte diese Worte förmlich aus und schien sich vor Abscheu erbrechen zu wollen.
    Louis war begeistert.

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