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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Wasser standen.«
    Er schluckte und sah mich mit weiten Augen an. Seine Finger zuckten jetzt schneller; eine Hand ballte sich plötzlich zur Faust.
    »Sie hatten sich als dunkle Figuren vor dem Kies abgezeichnet«, sagte er. »Vor dem Hintergrund des Wasser waren sie jedoch kaum mehr zu sehen; nur wenn sie sich bewegten, konnte man ahnen, wo sie waren und was sie taten. Ich hörte das Platschen ihrer Schritte im Wasser und das Gurgeln, mit dem der Fluß um ihre Beine strich. Das Platschen wurde lauter, und ich sah Wasser hochspritzen. Plötzlich wurde mir klar, was sie taten: Sie zwangen den Mann in ihrer Mitte auf die Knie und versuchten, seinen Kopf unter Wasser zu drücken. Wahrscheinlich kam er durch die Kälte des Flusses wieder zu sich und begann sich zu wehren, aber er hatte nie eine Chance. Ich hörte ihn nicht schreien; ich nehme an, sie hatten seinen Kopf schon unter die Wellen gedrückt, als er endlich vollends bei Bewußtsein war. Was ich hörte, war das Zappeln seiner Beine, mit denen er vergeblich um sein Leben strampelte. Ich hörte die beiden Männer keuchen und unterdrückt fluchen, und ab und zu hörte ich ein krampfhaftes, gurgelndes Atemholen, wenn er den Kopf doch kurz ins Freie brachte. Sie überwältigten ihn aber jedesmal wieder. Es dauerte lange; sie taumelten im Wasser hin und her, wenn er ihrem Griff zu entgleiten drohte, und einmal fiel einer der zwei der Länge nach ins Wasser, aber er kam so schnell auf die Beine zurück, daß der Flößer keine Gelegenheit zur Flucht hatte. Sie schlugen ihn nicht, und sie traten nicht auf ihn ein; was immer ihr Ziel war, sein Tod sollte auch bei einer näheren Untersuchung so aussehen, als sei er schlicht und einfach ertrunken. Schließlich wurden die Geräusche schwächer; es war wie bei einem Fisch, den man ins seichte Wasser geschleudert hat: Das Platschen brach ab, lebte wieder für einen Moment auf, erstarb nochmals und endete schließlich in einem letzten krampfhaften Aufbäumen. Ich konnte sehen, wie sie sich aufrichteten und den Leichnam vom Ufer weg ins tiefere Wasser stießen. Einer hielt ihn fest, und sie banden die Fessel los. Sie blieben noch einen Moment lang im Wasser stehen, um sich zu vergewissern, daß der Fluß ihn auch mitnahm, dann stapften sie langsam zurück. Ich erwachte wie aus einer Erstarrung; ich ließ mich einfach von der Mauerkrone fallen, plumpste auf den Boden wie ein Sack, rappelte mich auf und lief zurück nach Hause ...« er wischte sich zitternd über den Mund »... und da spie ich mir die Seele aus dem Leib. Heute morgen erfuhr ich durch den Klatsch in der Apotheke, daß die Flößer ihren Kameraden gefunden hätten. Als ich das mitbekam, fiel mir wieder ein, daß ich während der ganzen Zeit, in der die beiden Kerle den armen Teufel ertränkten, das Lachen und Singen von ihrem Lagerplatz hörte.«
    »Mein Gott!« flüsterte ich, als er endlich schwieg.
    Er schnaubte; als er die Finger spreizte und ein ironisches Lächeln versuchte, wurde mir klar, daß er seine Erzählung noch nicht beendet hatte. Er sah auf seine Hände hinab und umfaßte die eine mit der anderen, um sie ruhigzuhalten.
    »Noch etwas beschäftigt mich«, sagte er. »Als die Kerle mit ihrer Arbeit fertig waren, kamen sie direkt auf mich zu. Ich hatte solche Angst, daß sie mich entdecken würden, deshalb sprang ich einfach von der Mauer, ohne mich noch darum zu kümmern, was draußen vor sich ging. Und doch glaube ich, daß ich aus dem Augenwinkel gesehen habe, wie jemand zum Wasser hinunterhuschte, nachdem die Mörder schon beinahe zurück beim Tor waren.«
    »Jemand?« dehnte ich mit einem dumpfen Gefühl im Bauch.
    »Jemand«, wiederholte er. »Ich weiß nicht, ob die Gestalt der Auftraggeber der beiden war, der sich davon überzeugen wollte, daß sie ihre Aufgabe zu Ende gebracht hatten, oder ob es sich um jemanden handelte, der wie ich die Szene beobachtet hatte und nun versuchte, dem armen Kerl zu helfen. Zu helfen«, stieß er hervor.
    »Anders als ich, der ich die Hosen voll hatte.« Er spie die Worte ärgerlich aus.
    »Ihr konntet nicht erkennen, wer dieser Jemand war?« fragte ich.
    »Nein«, seufzte er. »Aber ich sah lange Haare und eine schlanke Gestalt, und der Teufel soll mich holen, wenn es sich nicht um eine Frau gehandelt hat.«
    Ich fühlte, daß mir das Blut aus dem Gesicht wich. Plötzlich waren meine Hände eiskalt.
    »Ihr habt nicht gesehen, was – sie – letztendlich getan hat?« keuchte ich.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Zu

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