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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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auf meinen Besuch vorzubereiten. Ich dachte: Ich könnte weiß Gott Hilfe brauchen; zumindest jemanden, der mir beim Denken hilft. Aber ich wage es nicht, mein Freund. Es wurde bereits einer ermordet, den ich als Helfer angestellt hatte.
    »Eine Frage noch«, sagte ich. »Ihr habt gesagt, es wurden drei Männer aus dem Haus geführt, und zwei Frauen versuchten, die Verhaftung zu verhindern. Der Mann, mit dem ich sprach, war in Begleitung zweier Frauen. Seid Ihr sicher, daß meine Beschreibung nicht wenigstens auf einen der Verhafteten zutrifft?«
    Er dachte nach.
    »Ganz sicher bin ich nicht«, sagte er zögernd. »Ich würde aber meinen, daß ich einen alten, schwer gebauten Mann auf die Entfernung und im Fackellicht erkannt hätte.«
    Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte selbst nicht daran geglaubt, daß man meinen unbekannten Gesprächspartnerverhaftet habe. Aus irgendeinem Grund hatte ich nicht den Eindruck, daß er sich wie ein Vöglein würde fangen lassen, wer immer er war.
    Löw stand auf und machte Anstalten, mich wieder zu verlassen. Ich begleitete ihn nach draußen, wo er sein Pferd angebunden hatte. Mittlerweile war es dunkel geworden, aber er schlug mein Angebot aus, ihm zwei meiner Knechte zu seinem Schutz mitzugeben.
    »Ihr haltet Euch jetzt aus der Sache heraus, versprecht Ihr mir das?« drang ich in ihn.
    Er nickte.
    »Wenn Ihr mir erzählt, was daraus geworden ist.«
    »Wenn mir die Klärung der Angelegenheit nicht gelingt, werdet Ihr es noch früh genug merken«, brummte ich, und er schnaubte unlustig.
    »Viel Glück«, sagte er.
    Er drückte mir die Hand und bestieg das Pferd. Ich sah zu ihm hinauf und wollte ihn mit einem Gruß auf die Reise senden, als mir noch etwas einfiel.
    »Seid Ihr sicher, daß Ihr der einzige seid, der sich Gedanken gemacht hat? Was ist mit dem Totengräber?«
    »Wenn er über die Sache nachdenkt und zu demselben Schluß kommt wie ich, wird er es jedenfalls für sich behalten. Er wird allerdings auch nicht zu Euch kommen, so wie ich. Ihr könnt ihm trotzdem vertrauen. Mein Vater kennt ihn schon seit vielen Jahren. Er ist zwar nur ein Totengräber, mit dem sich ein angesehener Bürger der Stadt nicht zeigen darf, aber er ist ein besserer Mensch als viele der hier ansässigen Patrizier.«
    »Das glaube ich Euch unbesehen.«
    Er verabschiedete sich und ritt in die Dunkelheit hinaus. Ich sah ihm hinterher, bis ihn die Nacht verschlang, und dachte mit Neid daran, daß er jetzt nach Hause ritt zu seiner Familie und vielleicht noch mit seinem Vater ein Gläschen Schnaps in der nach allen wunderlichen Essenzen duftenden Apotheke trank. Ich hatte Daniels Besuch schon hinter mir, und es würde eine Weile dauern, bis er ihn wiederholte; und keinesfalls würde dabei zwischen uns mehr herrschen als eine gespannte Atmosphäre.
    Ich schüttelte meine Gedanken ab – sie führten mich nur in eine düstere Stimmung. So kehrte ich ins Haus zurück und setzte mich wieder in die Stube. Eine der Küchenmägde näherte sich scheu und fragte, ob ich etwas zu essen wünsche, nachdem mein Gast jetzt gegangen sei. Ich bemerkte, daß ich tatsächlich hungrig war, und bat sie um etwas Brot und Wein. Wie zu erwarten gewesen war, bereitete sie mir statt dessen eine vollständige Mahlzeit zu, die ich nichtsdestotrotz verschlang.
    Nach dem Essen verliefen meine Gedanken in ruhigeren Bahnen. Ich dachte an Jana Dlugosz, die noch immer eines der losen Enden in dieser Geschichte darstellte. Aber den Gedanken, was wäre, wenn sie tatsächlich mit dem Mord an meinem Spitzel zu tun hätte, vermochte ich nicht weiterzuverf olgen. Mein ganzes Selbst sträubte sich dagegen. Ich ging zu Bett und träumte, daß sie vor dem Richtblock auf dem Boden kniete und mit ihren dunklen Augen zu ihrem Scharfrichter aufsah. Der Scharfrichter war ich, und ich sah, daß sich der Himmel in ihren Augen spiegelte, und ich hob das Schwert in die Höhe und zerschmetterte es auf dem harten Steinpflaster in tausend Stücke.

9
    A ls ich am nächsten Morgen an die Tür des Leutgebschen Hauses schlug und dem Widerhall des Klopfens in das Innere des Hauses hinein nachhorchte, hatte ich das seltsame Gefühl, auch dieses Gebäude würde leerstehen. Ich hatte bereits ergebnislos versucht, die Tür zu öffnen, und als mir auf mein erstes Klopfen niemand aufmachte, zögerte ich eine Weile, bevor ich es nochmals versuchte. Ich sah an der Straße auf und ab, aber wie üblich verirrte sich kaum ein Passant in die Gasse. Von der Altstadt her

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