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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Verblüffung, daß sie nackt badete. Als sie die Tür hörte, öffnete sie die Augen und sah mich an. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, und unwillkürlich tauchte sie tiefer in das Wasser.
    »Ich glaube nicht, daß es sich gehört, ins Zimmer zu kommen, wenn eine Dame badet«, sagte sie argwöhnisch. Ich zuckte mit den Schultern.
    »Normalerweise zieht man sein Unterkleid nicht aus, wenn man badet«, sagte ich. »Dann ist es auch kein Problem, zu einer Dame ins Bad zu kommen.«
    Sie sah mich überrascht an, dann lachte sie plötzlich.
    »Tatsächlich?« meinte sie. »Und man hat mir immer gesagt, die Deutschen wären ein so reinliches Volk, weil sie so oft baden. Aber wenn man dazu die Kleider anbehält...«
    Ich bückte mich und raffte ihr Kleiderbündel zusammen. Als ich mich aufrichtete und den Raum wieder verlassen wollte, rief sie: »Wo geht Ihr denn damit hin?«
    Ich drehte mich um.
    »Das sind doch Eure Kleider, oder?« fragte ich. »Ich lasse sie zur Wäsche bringen.«
    Ihr Gesicht nahm einen verletzten Ausdruck an.
    »Legt sie wieder hin«, sagte sie entschieden. Sie bewegte sich langsam durch das Wasser, bis sie sich mit dem Oberkörper ganz an den Rand drängte, der mir zugewandt war. Nur ihr Kopf sah oben über den Zuber heraus.
    »Ihr habt Euch die ganze Zeit über höflich und distanziert mir gegenüber verhalten«, sagte sie langsam. »Ich dachte, Ihr wärt ein kalter und abweisender Mann.«
    »Manchmal bin ich das wohl.«
    »Und jetzt glaubt Ihr, nur weil ich zu Euch herausgekommen bin, um Euch zu warnen, daß Ihr die Situation nützen könnt. Ihr kommt hier herein und nehmt meine Kleider weg. Was habt Ihr als nächstes vor? Bietet Ihr mir Euer Bett an?«
    Ich starrte sie an und wußte auf einmal, daß ich mit dieser Möglichkeit gespielt hatte. Ich war zu verwirrt, um etwas darauf zu antworten.
    »Vielleicht zieht Ihr die falschen Schlüsse aus meinem Verhalten«, sagte sie.
    »Vielleicht tue ich das«, erwiderte ich ruhig und legte den Kleiderhaufen wieder ab. »Dennoch sind Eure Sachen naß und schmutzig. Ich werde sehen, ob ich unter den Kleidern meiner Frau etwas Passendes für Euch finde.«
    Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen.
    »Eure Frau«, sagte sie leise. »Ich verstehe. Sie ist nicht anwesend. Ihr dachtet, ich könne womöglich für diese Nacht als Lückenbüßerin herhalten.«
    »Ich dachte gar nichts«, sagte ich verärgert. »Meine Frau ist seit sieben Jahren tot.«
    Sie kaute ein bißchen daran herum, aber sie war zu verletzt, um nachzugeben.
    »Habt Ihr gedacht, mich damit dankbar zu stimmen?« fragte sie mit rauher Stimme. »Meine Kleider reinigen zu lassen und mir dafür die Eurer Frau zu geben?«
    »Zum Teufel mit den Kleidern!« explodierte ich. »Wenn ich noch einmal etwas von Euren Kleidern höre, lasse ich sie auf der Stelle verbrennen.«
    »Ihr braucht doch nicht gleich so zornig zu werden«, sagte sie.
    »Ihr seid es, die mich zornig macht«, klagte ich sie an.
    Sie senkte den Kopf und legte die Stirn auf den Rand des Zubers.
    »Ich bin für niemanden ein Gewinn«, murmelte sie in das Wasser hinein.
    Ich holte tief Atem.
    »Ich glaube, der Wein ist schon lange heiß«, sagte ich und drehte mich um. »Ich werde einen Becher für Euch holen.«
    Der Wein füllte einen kleinen Kessel, der über dem Feuer in der Küche hing, und verteilte sein Aroma nach Nelken, Zimt und Alkohol im Raum. Zwei Mägde saßen in einer Ecke und scheuerten den Ruß von Kochtöpfen. Als ich in die Küche kam, sprangen sie auf. Ich versuchte, den Kessel vom Haken zu angeln, aber der Griff war zu heiß, und ich verbrannte mir die Finger. Eines der Mädchen lächelte scheu, griff an mir vorbei und holte den Kessel herunter, ohne auch nur das Gesicht zu verziehen. Sie goß den Wein in zwei hölzerne Becher. Der Duft stieg mir in die Nase, und plötzlich hatte ich das Verlangen, sofort einen Schluck davon zu trinken. Ich stürzte einen Becher hinunter und spürte, wie sich die Wärme schlagartig in meinen Eingeweiden verbreitete und in mein Gesicht stieg. Die Magd schenkte den Becher nach, und ich nahm beide mit spitzen Fingern und trug sie zum Bad nach hinten.
    Es war leer. Das Wasser war ruhig, und ein paar von den Kerzen waren ausgegangen. Der Kleiderstapel auf dem Schemel war verschwunden. Ich stand da und starrte auf die Pfütze, die sich an der Stelle gesammelt hatte, wo sie aus dem Zuber geklettert war. Ich machte ein paar Schritte auf den Zuber zu und stellte die beiden Becher auf dem Schemel

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