Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
ab.
    Die Tür hinter mir öffnete sich erneut, und ich drehte mich um. Sie stand mit ihrem nassen Haar in der Türöffnung, in eine dicke Decke gewickelt und die Zehen wegen der Kälte des Bodens einziehend. Der Glanz der Kerzen spiegelte sich in ihren Augen.
    »Ich habe meine Kleider in das Wäschelager gebracht«, sagte sie. »Eure Haushälterin hat mir gezeigt, wo es ist.«
    Sie ließ die Tür zufallen und machte ein paar zögernde Schritte in meine Richtung. Ich bückte mich nach den Bechern und hielt ihr einen davon entgegen. Ich sah, daß meine Hände zitterten. Sie wand einen Arm aus der Decke heraus und ergriff den Becher. Sie nahm einen tiefen Schluck und gab ihn mir zurück.
    Ihr Gesicht hatte Farbe bekommen vom heißen Wasser des Bades; die blauen Schatten unter ihren Augen waren fast verschwunden. Ihre Hand war dennoch eiskalt, als sie vorsichtig über mein Gesicht streichelte; nur die Fingerspitzen waren warm, wo sie den heißen Becher gehalten hatte. Ihre Augen waren halb geschlossen.
    »Mir ist kalt«, flüsterte sie und trat von einem Fuß auf den anderen.
    »Geht zurück ins heiße Wasser«, sagte ich rauh. »Ich lasse derweil die Stube für Euch aufheizen und ein paar heiße Steine in Decken wickeln.« Ich wollte mich abwenden, aber sie nahm die Hand nicht von meinem Gesicht. Ich blieb stehen.
    »Nein«, sagte sie kaum hörbar. »Kommt mit mir ins Bad.«
    Sie trat zurück und ließ die Decke zu Boden fallen. Ich schluckte. An ihrer verkrampften Haltung erkannte ich, daß sie dies noch niemals getan hatte; dennoch blieb sie ruhig stehen und sah mich aufmerksam an. Ihr Körper war schlanker, als es dem allgemeinen Geschmack entsprach, und auf ihrem flachen Bauch zeichneten sich Muskelstränge ab. Ihre Schultern waren gerade, und ihre Brüste waren klein und fest. Ich spürte, wie mein Körper wieder von Taubheit ergriffen wurde.
    »Auf diese Art zu baden ist viel angenehmer«, sagte sie, aber es klang nicht so leichthin, wie sie es gerne gehabt hätte. Sie stieg aus der Decke heraus, die sich um ihre Füße gewickelt hatte, und kletterte in die Wanne. Ich beobachtete sie, ohne mich zu bewegen. Dann stellte ich wie in Trance einen Fuß auf den Schemel, zog den zweiten nach und stieg ebenfalls ins Wasser, ohne auch nur meine Stiefel auszuziehen. Mein Kopf, meine Hände, alles brannte. Sie sah mir mit großen Augen zu und begann zu kichern.
    Ich streckte die Hände nach ihr aus, und sie stieß sich von Rand des Zubers ab und kam langsam in meine Arme. Ich legte beide Hände um ihr Gesicht und ließ sie langsam daran heruntergleiten, um ihren Hals, ihren Nacken, ihre Schultern. Ich spürte ihren zähen Bizeps an den Oberarmen, und dann spürte ich mit den Handballen die sanften Schwellungen an ihrem Brustkorb, wo ihre Brüste begannen. Sie seufzte leise und begann zu zittern. Dann drückte sie sich an mich, als wollte sie verhindern, daß ich diese Berührung wiederholte. Ich legte die Hände flach auf ihren Rücken, hob sie ein wenig aus dem Wasser und küßte sie auf den Mund. Ihre Lippen öffneten sich zögernd, dann ihre Zähne, dann spürte ich die Süße ihrer Zunge, die vorsichtig vor meinen Berührungen zurückschreckte.
    Ich hatte das Bedürfnis, ihren Namen auszusprechen.
    »Jana«, sagte ich erstickt.
    »Bitte«, sagte sie. »Tu mir nicht weh. Sei vorsichtig.«
    Ich umfaßte ihre Schultern und hielt sie von mir weg.
    »Ist es für dich ... das erste Mal?« fragte ich verblüfft.
    Sie wäre nicht sie gewesen, wenn sie verschämt nach unten geblickt hätte. Sie sah mir in die Augen und sagte einfach: »Ja.«
    »Aber ...«, sagte ich, »du bist doch ... ich meine ...«
    »Ich bin kein junges Mädchen mehr«, vollendete sie sachlich. »Nein. Ich bin zweiunddreißig. Ich hatte noch niemals einen Geliebten.«
    »Aber das kann ich gar nicht glauben!« rief ich.
    »Warum nicht? Sieh mich an. Meine Haare sind stumpf, meine Augen zu groß, meine Nase zu lang, meine Lippen zu schmal, und ...«
    Ich zog sie wieder an mich heran.
    »Deine Haare«, murmelte ich, »sind wie das Gold eines Weizenfeldes kurz vor der Ernte, wenn der Wind hindurchfährt und die Ähren sich bewegen wie ein stürmischer See; deine Augen spiegeln den Himmel selbst an trüben Tagen wider; deine Nase ist gerade wie die einer klassischen Statue, und jeder Mann, der deine Lippen ansieht und sie nicht küssen will, ist ein Narr.«
    »... und«, vollendete sie unbeirrt, aber lächelnd, »vor meiner scharfen Zunge hat sich noch jeder

Weitere Kostenlose Bücher