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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Abgesandter der Zunft, der Euch nachspionierte. «
    Sie senkte den Kopf.
    »Ich dachte, meine Aktivitäten seien bekannt geworden«, murmelte sie. »Aus Euren Fragen glaubte ich zu schließen, die Zunft wüßte, daß jemand aus der Delegation sich strafbar gemacht hatte, aber nicht, wer dieser Jemand war. Deshalb sprach ich Euch in der Gasse an. Ich wollte herausfinden, wieviel Ihr wußtet.«
    »Und die Begegnung am Fluß? Wo Ihr mir gezeigt habt, daß Ihr mehr vom Feilschen versteht als ich? Laßt mich nicht vergessen, Euch noch das Geld zu geben, das ich Euch schulde«, fügte ich in einem Versuch zu scherzen an. Ihre Lippen spitzten sich leicht in der ihr eigenen Miene der Amüsiertheit. Sie sah wieder vom Feuer hoch und mir ins Gesicht.
    »Ich war noch immer nicht schlau aus Euch geworden; ich hatte begonnen, Euch zu beobachten«, sagte sie. »Dabei war mir aufgefallen, daß Ihr immer wieder um das alte Haus in der Gasse entlang der Stadtmauer herumschlicht; Ihr hattet später sogar einen Mann angeheuert, der das Gebäude während Eurer Abwesenheit bewachte. Ich wußte, wenn ich mich dort in der Gegend aufhielt, würde ich Euch immer wieder zu Gesicht bekommen.«
    »Seid Ihr jemals in das Haus eingedrungen?« fragte ich. Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich versuchte es. Aber das Eingangstor war zu gut verschlossen. So blieb ich nur in seiner Nähe, solange ich konnte.«
    »Deshalb wart Ihr auch so schnell auf der Kiesbank.«
    »Wie gesagt, man hörte Euch mit den Flößern bis hinter die Stadtmauer streiten«, lächelte sie.
    »Wollt Ihr etwas trinken oder essen?« fragte ich sie. Sie dachte nach und nickte dann.
    »Mir ist kalt«, sagte sie. »Für einen warmen Schluck wäre ich Euch dankbar.«
    Ich nickte und verließ den Raum. Vor der Stube blieb ich stehen und starrte in die von ein paar Kerzen erleuchtete Haushalle. Wollte ich ihr glauben? Ich wußte es noch nicht. Ich marschierte in die Küche und ließ Wein auf das Feuer stellen und würzen. Als ich zurückkam, hatte sie sich den Stuhl an den Kamin gezogen und hielt ihre Füße in die Nähe der Flammen. An der Art, wie sie sich selbstverständlich auf den Stuhl des Hausherrn gesetzt hatte, erkannte ich, daß zumindest ihre Geschichte über ihre Verhältnisse zu Hause nicht erfunden war.
    »Man wird gleich etwas Glühwein bringen.« Sie sagte: »Danke«, und schwieg dann.
    Ich setzte mich auf die Bank und betrachtete ihren Rücken. Ihr Kleid war zerknittert, als hätte sie es schon längere Zeit getragen. Ihr Haar war einmal naß geworden, und danach hatte sie sich keine Mühe gegeben, es zu ordnen oder zu trocknen.
    »Was führt Euch diesmal zu mir?« stellte ich schließlich die Frage, die mir am meisten auf der Zunge brannte.
    »Ein Mord«, sagte sie nach langem Zögern. Ich erstarrte. Ich war froh, daß ich hinter ihr saß und sie mein Gesicht nicht sehen konnte.
    »Der Mann, den ihr beauftragt hattet, das Haus zu überwachen«, fuhr sie fort. »Er wurde ermordet.«
    »Ich weiß«, sagte ich ruhig.
    Sie machte eine halbe Bewegung, als wollte sie sich zu mir umdrehen, aber dann blieb sie doch so sitzen, wie sie war, ihr Gesicht dem Feuer zugewandt.
    »Ihr seid zwar ein Kaufmann«, sagte sie. »Aber es waren keine kaufmännischen Zwecke, die Euch zur Delegation geführt haben.«
    »Sondern?« fragte ich, als sie schwieg, um mir eine Antwort zu ermöglichen. Sie seufzte.
    »Sondern die Suche nach der Gräfin Jagiello«, sagte sie. »Dachtet Ihr, ich hätte es mir nicht schon längst zusammengereimt? Ihr merkwürdiges Verschwinden, Euer Interesse an ihr, die durchsichtige Erklärung, die Albert Moniwid abgab ... Was hat sie angestellt?«
    »Wie kommt Ihr darauf, daß sie etwas angestellt haben könnte?« fragte ich vorsichtig.
    Nun drehte sie sich doch um. Sie rückte den Stuhl herum, bis er mit der Lehne vor dem Feuer stand, aber das massive Holzteil schirmte ihren Rücken vor der Wärme ab. Kurzentschlossen drehte sie den Stuhl weiter herum, bis sie seitlich darauf saß. Sie umschlang die Lehne mit einem Arm und beugte sich zu mir in die Dunkelheit vor. »Weil es jemandem einen Mord an einem alten Mann wert war«, rief sie. »Ein Mord, den ich mit angesehen habe.«
    »Ich weiß«, sagte ich nochmals.
    Ihre Augen weiteten sich. Zum erstenmal hatte ich sie wirklich aus der Fassung gebracht.
    »Ihr wißt...«, echote sie fassungslos.
    »Es gibt noch einen Zeugen für den Mord«, erklärte ich ihr. »Er hat mir gesagt, er habe Euch gesehen.«
    »Ich habe

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