Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
gefunden hatte? Noch während ich mit meinem Schicksal haderte, brach zwischen Ludwig dem Bärtigen und seinem Sohn Ludwig dem Höckrigen der schon lange schwelende Konflikt aus, und die Ereignisse zwangen mich, für eine Weile meinen Blick auf meine Geschäfte zu richten, um nicht meines Besitzes beraubt zu werden. Als ich alles so weit geregelt hatte, daß es nicht mehr meiner ständigen Konzentration bedurfte, hatte der Teufel selbst Ulrich Ebran schon eingeholt. Ich war zu spät gekommen.«
    »Er war tot?« fragte ich. Reckel schnaubte und zeigte zum erstenmal während des Verlaufs seiner Erinnerungen so etwas wie Befriedigung.
    »Es hatte sich herausgestellt, daß Ebran insgeheim mit dem Höckrigen paktiert hatte. Ich weiß nicht, aus welchem Antrieb heraus; sicherlich dachte er, er könne sich dadurch einen Anteil an dessen französischem Thronschatz sichern. Er blieb jedoch in der Nähe des Herzogs, anstatt Ingolstadt zu verlassen. Vielleicht hielt er sich für schlau genug, dem Sohn des Bärtigen als Spion dienen zu können. Es fand sich, daß er nicht schlau genug war. Die Beamten Ludwigs des Bärtigen hatten ihn wohl schon seit einiger Zeit im Visier gehabt; sie ließen ihn in den Kerker werfen und, da er nicht geneigt war zu gestehen, der peinlichen Befragung unterziehen.«
    »Woher wißt Ihr das?« erkundigte ich mich ungläubig.
    »Es ist nicht nur der Henker, der die Befragung durchführt«, sagte er dumpf. »Seine Knechte freuen sich, wenn man sie zu ein paar Gläsern Wein einlädt; sie haben recht wenig Gesellschaft.«
    »Hattet Ihr keine Angst vor der Achtung, wenn bekannt würde, daß Ihr Euch mit Henkersknechten abgebt?«
    »Ich war vorsichtig genug.«
    Ich warf einen Blick zu Moniwid, ob ihn das Geständnis Reckeis abstoßen würde; aber zu meinem Erstaunen schien er der Geschichte des alten Mannes eine gewisse Spannung abzugewinnen. Er betrachtete ihn konzentriert und ungeduldig, als ob er auf den Weitergang der Erzählung warte.
    »Ihr wißt, wie die Befragung durchgeführt wird«, sagte Reckel. »Im ersten Anlauf werdet Ihr durch die Kammer geführt, und der Henker erklärt Euch die Anwendung und die Wirkungsweise der Geräte. Ein Advocatus begleitet Euch, für den Fall, daß diese Demonstration ein Geständnis bewirken könnte. Danach verwahrt man Euch im Kerker, welcher üblicherweise unterhalb des Befragungsraumes liegt und ein großes Loch in der Decke hat, durch welches Ihr die Vorgänge dort genauestens mithören könnt. In Zeiten wie damals, wo der Sohn sich gegen den Vater erhebt, ist der Kerker voll mit Menschen, und Ihr dürft erwarten, während Eures Aufenthalts allerhand geboten zu bekommen. Danach gibt man Euch erneut die Möglichkeit, Euer Gewissen zu erleichtern; nutzt Ihr diese Gelegenheit nicht, verfallt Ihr selbst der Folter, wenn auch in einem ersten, abgeschwächten Grad, so daß kaum dauerhafte körperliche Schäden davongetragen werden. Solltet Ihr hierbei gestehen, müßt Ihr das Geständnis außerhalb des Befragungsraumes und in einem genügenden zeitlichen Abstand zu der Befragung wiederholen. Wenn Ihr es Euch bis dahin wieder anders überlegt habt, führt man Euch zur Befragung zurück. Ich habe noch selten gehört, daß es sich nach dieser Runde nochmals jemand anders überlegt hätte. Und selbst wenn, steht Ihr noch für einen dritten Lauf zur Verfügung. Ich will Euch nicht im einzelnen schildern, mit welchen Kunstgriffen der Henker und seine Knechte dafür sorgen, daß Ihr garantiert nicht ein drittes Mal in Eurem Geständnis wankelmütig werdet.«
    Er hatte so sarkastisch gesprochen, daß es einem kalt den Rücken hinunterlief. Ich wußte aber, daß er dabei an seine eigenen Freunde dachte, denen die Folter drohte. Vermutlich war es seine Art, mit diesem Gedanken fertigzuwerden.
    »Ebran war schon nach seiner Führung durch die Geräte zu jeglicher Kooperation bereit, wie man mir erzählte«, fuhr Reckel fort. »Er legte ein umfassendes Geständnis ab. Um ihm die rechtsgültige Wiederholung desselben nach einem genügend langen Zwischenraum zu ermöglichen, wurde er für die Nacht in den Kerker zurückgebracht. «
    »Seid Ihr sicher?« fragte ich nach. »Er war doch von Adel, wenn auch von niedrigem. Adlige sind von der Folter ausgenommen.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Man verdächtigte ihn als Spion«, entgegnete er lapidar. »Und Ludwig der Bärtige war nicht als zaghafter Herrscher bekannt. Scheinbar zerrte der Kerkeraufenthalt so sehr an Ebrans Nerven,

Weitere Kostenlose Bücher