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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Klappen befanden. Reckel selbst war eine massige, dunkle Figur auf den Stufen zum Altarraum.
    »Ich habe ihn fünfundzwanzig Jahre verfolgt«, sagte er leise. »Ich habe ein Recht darauf, ihn alleine zu treffen.«
    Moniwid knurrte etwas, aber ich sagte rasch: »Wir verbergen uns hinter einem der Holzstapel und hören jedes Wort mit, das Ihr wechselt.«
    »Ihr könnt sicher sein, daß Ihr zu hören bekommt, wozu Ihr gekommen seid«, erklärte Reckel.
    Moniwid war nicht überzeugt und murmelte unzufrieden vor sich hin.
    »Ich verstecke mich nicht«, brummte er.
    »Das ist kein Verstecken, sondern ein Auf-die-Lauer-Legen«, sagte Reckel. »Wenn der Richter Euch oder Herrn Bern ward sieht, wird er niemals sprechen.«
    »Ich dachte, wenn er kommt, wäre das schon Geständnis genug?« fragte Moniwid ätzend.
    »Für Herrn Bernward schon«, sagte Reckel gelassen. »Für Euch vermutlich nicht.«
    Der Pole verstummte. Bei seinen Wortgefechten mit mir hatte er niemals so schnell klein beigegeben.
    »Kommt«, sagte ich und zupfte ihn am Ärmel. »Legen wir uns auf die Lauer, bevor der Richter noch kommt und uns alle hier beisammen sieht.«
    Es wurde eine erneute Geduldsprobe. Nach kurzer Zeit begann ich auf dem kalten Boden zu frieren, aber ich wagte nicht, mich mehr als nötig herumzurollen. Bald wurde der Drang in mir übermächtig, mich zu bewegen, und ich streckte meine Beine hierhin und dorthin aus, bis Moniwid mich ungnädig anzischte. Er selbst fing nach einer Weile an, seine Schulter wieder zu massieren, aber er klagte nicht. Er zog mühsam das Fläschchen des Apothekers aus der Tasche und nahm einen kleinen Schluck. Es roch nach Kräutern und Alkohol; vielleicht war es nur ein Schnaps, aber Moniwid hörte wenige Minuten nach dem Genuß des Mittels auf, seine Schulter zu bearbeiten, und wurde ruhiger. Ich verlagerte meine Aufmerksamkeit auf Reckel, den ich von meiner Position aus zwischen einem Stapel Holz und einer säuberlich aufeinandergeschichteten Steinpyramide hervor undeutlich sehen konnte. Er saß bewegungslos in der Dunkelheit neben seiner Laterne. Nach allem, was ich sah, konnte er ebensogut eingeschlafen sein. Ich zischte seinen Namen, und er drehte den Kopf herum und sagte leise: »Seid ruhig.«
    Ich zog mich wieder zurück. Moniwid warf mir einen Blick zu, und ich zuckte mit den Schultern. Er schnitt eine Grimasse und blickte schweigend zu Boden. Ich verlegte mich darauf, ihn zu beobachten. Bald sah ich, wie sein Kopf immer wieder nach unten nickte und dann rasch hochzuckte. Ich beugte mich ein wenig vor und sah aus der Nähe, daß seine Augenlider flatterten; plötzlich zuckte er so stark zusammen, daß die Zöpfe an seinen Schläfen tanzten.
    »Schlaft mir nur nicht ein«, flüsterte ich halbwegs belustigt.
    »Es ist das verdammte Mittel«, murmelte er undeutlich. »Es macht einen müde.«
    Ich wollte etwas sagen, aber dann hörte ich das Geräusch einer vorsichtig geöffneten Tür weiter vorne. Jemand machte ein Seitenportal auf. Ich hätte beinahe aufgeschrien, aber ich riß mich zusammen. Moniwids Kopf fuhr herum; er schien mit einem Schlag wieder hellwach geworden zu sein. Ich reckte mich hinter unserer Deckung hervor und versuchte, Reckel zu erkennen. Seine Haltung hatte sich kaum geändert, aber er wirkte jetzt angespannt. Er drehte sich nicht zu uns herum. Ich sah, daß seine linke Hand auf der Klappe der Laterne ruhte.
    Von vorne näherten sich langsame Schritte. Nach einigen Augenblicken wurde mir klar, daß es mindestens zwei waren, die die Kirche betreten hatten. Ich blickte Moniwid betroffen an, aber der Pole horchte nur konzentriert. Ich wagte nicht mehr, über den Stapel hin wegzublicken; ich versuchte an der Seite entlang zu spähen, aber das Baumaterial raubte mir die Sicht. Trotzdem konnte ich erkennen, daß die Ankömmlinge wenigstens eine Fackel dabei hatten: Ihr Lichtschein tanzte über die klobigen Formen. Ich hörte sie halblaut miteinander murmeln; einer von ihnen lachte unterdrückt. Sie bogen um die Ecke, die durch den freigeräumten Weg vom Portal zum Chorraum bestimmt wurde, und näherten sich dem Altar. Ich hörte das scharfe Klacken, mit dem Reckel die Klappe von seiner Laterne zurückschnellen ließ, und aus der Richtung der Ankömmlinge einen zweifachen, erschrockenen Seufzer. Ich konnte nicht mehr länger an mich halten und lugte vorsichtig nach draußen; Moniwid tauchte neben mir auf und tat es mir gleich. Er war mir so nahe, daß ich den Alkoholgeruch des Schmerzmittels

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