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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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an.
    »Tauben fliegen nachts nicht«, erwiderte er. »Wußtet Ihr das nicht?«
    »Was sagt Ihr da?«
    »Das weiß selbst ein Kind!« knurrte Moniwid. »Womit habt Ihr denn Eure geschäftlichen Botschaften versandt, Kaufmann? Mit Eulen? Seid Ihr sicher, daß Ihr nicht schon lange bankrott seid und es nur noch nicht wißt?«
    Ich wollte aufbegehren, aber es machte keinen Sinn. Er hatte recht. Ich hatte einen Fehler gemacht. Für Momente war mein Kopf völlig leer.
    »Dann schicken wir einen Boten«, stammelte ich.
    »Und wen stellt Ihr Euch vor?« fragte Reckel.
    »Wie wäre es mit Konrad?«
    »Völlig ausgeschlossen«, sagte er bestimmt. »Ich werde nicht auch noch ihn ins Feuer schicken.«
    »Er würde es bestimmt ohne Zögern tun«, rief ich.
    »Er schon«, erklärte Reckel. »Ich aber nicht.«
    Ich wandte mich an Moniwid, aber er schüttelte den Kopf. Sein Grinsen war jetzt wieder deutlicher zu sehen.
    »Denkt nicht einmal daran«, sagte er.
    »Habt Ihr niemanden unter Eurem Gesinde, den Ihr losschicken könnt?« fragte Reckel und sah mich an. »Niemand, dem Ihr – vertraut?«
    Ich starrte zurück und merkte, wie ein Name in mir Gestalt annahm. Jemand, an den ich in den letzten Tagen überhaupt nicht mehr gedacht hatte; dem ich noch nicht einmal für seinen Einsatz betreffs meiner Tuchlieferung gedankt hatte. Hatte ich so viel Vertrauen zu ihm? Aber die Frage lautete ganz anders: Hatte ich eine Wahl?
    »Doch«, sagte ich bestimmt. »Jörg Tannberger.«
    »Benachrichtigt ihn«, sagte Reckel.
    In späteren Jahren habe ich mich oft gefragt, ob es dieser Abend gewesen war, der meinen Weg zurück ans Licht endgültig freiräumte. Die Liebe zu Jana hatte mich aus der Vereisung aufwachen lassen, die ich selbst geschaffen hatte, und mir gezeigt, daß es niemals zu spät ist, einen Fehler zu korrigieren und in einer anderen Richtung weiterzugehen. Jetzt aber sah ich, daß ich nicht allein auf diesem schwierigen Pfad war; noch jemand kämpfte sich an meiner Seite zum Leben zurück, dessen Erstarrung noch viel länger gedauert hatte, nämlich sein ganzes Leben: Johannes Reckel. Auch das wurde mir erst später bewußt, und unter den vielen Dingen, die ich an dem alten Mann bewunderte, war dieser Umstand nicht der geringste. Erst am Abend seines Lebens fand er wieder zu der Würde zurück, die einem Mann wie ihm anstand, und er trat ohne zu zögern an, um sich seiner Vergangenheit zu stellen.
    Reckel hatte Richter Girigel in seinem Brief für die Nacht vom Sonntag auf Montag nach Landshut bestellt; es war die früheste Möglichkeit für den Richter, die Stadt zu erreichen, und es war in unserer Absicht gelegen, ihn nicht zum Nachdenken kommen zu lassen. Er mußte reiten, so schnell er konnte, um den Termin einigermaßen zu halten. Mein Gedanke war gewesen, das Treffen auf meinem Hof stattfinden zu lassen, aber Reckel redete mir mein Vorhaben aus. Er war der Ansicht, mein Name dürfe nicht ins Spiel kommen, um den Richter nicht mißtrauisch zu machen. Er mußte weiterhin denken, daß er die Sache noch immer in den Griff bekommen könne, oder er würde nicht nach Landshut kommen. Ich fügte mich schließlich seinem Wunsch, den Richter in die Baustelle der Martinskirche zu bestellen. Es mochte sein, daß er das Treffen dorthin verlegte, weil mit der Vergabe des Bauauftrags an einen anderen der Niedergang seines Vaters begonnen hatte und er hoffte, mit dem Abschluß seiner langen Suche nach Dietrich Reckeis Hinterlassenschaft in der Kirche den Kreis zu schließen. Ich widersprach ihm nicht lange; auch für den Mordfall schloß sich damit ein Kreis, und ich empfand es als eine Art von Gerechtigkeit, daß der Richter dort zum Geständnis gezwungen werden sollte, wo er die Tat begangen hatte. Ich lud Johannes Reckel ein, mit seiner Tochter und seinem verbliebenen Helfer die Nacht auf meinem Hof zu verbringen, aber er lehnte ab. Er gab keinen Grund dafür an; vielleicht fühlte auch er, daß unsere beiden Schicksale plötzlich näher miteinander verbunden waren, als wir gewahr wurden, und wollte diese Nähe nicht noch ermutigen. Nach allem, was passiert war, hatte er keinen Grund, neben meiner Unterstützung auch noch meine Freundschaft zu suchen. Ich ritt allein nach Hause zurück, die Botschaft an den Richter in der Tasche. Die Stadt war leer, aber ich konnte Abfall und ein paar Scherben auf dem Kopfsteinpflaster entdecken, und ich dachte flüchtig daran, daß die Bürger und Bauern heute Martini gefeiert hatten. Martin war der

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