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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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um.
    »Guten Morgen«, sagte sie mit ihrer sanften Stimme und neigte mir lächelnd den Kopf zu.
    »Was wollt Ihr schon wieder?« entfuhr es mir. Ich hörte, wie ein paar der Männer in meinem Rücken albern zu kichern begannen.
    »Ich wollte ein wenig an die frische Luft«, sagte sie unschuldig. Ihre Nervosität von unserer ersten Begegnung schien geschwunden zu sein. Sie verzog die Lippen zu einer amüsierten Schnute. »Ich ahnte nicht, daß sie durch all die Feilscherei mittlerweile so zäh geworden ist.«
    »Wie lange steht Ihr denn schon hinter mir?«
    »Wenn Ihr damit andeuten wollt, ich hätte Euch belauscht, so scheint diesmal Ihr mich beleidigen zu wollen. Man konnte Euch mit den Männern hier bis hinter die Stadtmauer streiten hören.«
    Sie hatte ihr Haar nicht hochgesteckt; es legte sich in einer widerspenstigen Welle um ihre Schultern, und obwohl es nicht den reichen Glanz hatte, der zu einer solchen Kaskade langen Haares gewöhnlich gehört, stand es ihr doch besser als die strengen Zöpfe, die sie gestern um ihren Kopf gewunden hatte. Sie trug wieder ihren dunkelblauen Mantel, den sie in der Art einer Schaube vorne geöffnet hatte; diesmal lag zusätzlich ein schwerer Chaperon um ihre Schultern, dessen Rand mit Goldstickereien abgesetzt war. Ihr Kleid war heute von goldfarbenem Brokat mit einem Blütenmuster und einem weiten Ausschnitt; das Tuch darin war aus blauem Taft. Ich wandte mich wieder an den Sprecher der Flößer, aber meine absichtliche Unhöflichkeit schien sie nicht im mindesten zu veranlassen, sich zurückzuziehen. Sie stellte sich neben mich, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. Unruhe über ihr plötzliches Erscheinen stieg in mir hoch und brachte mich aus dem Konzept. Ich mußte mich zwingen, auf den Mann vor mir zu achten.
    »Was ist nun?« fragte der Flößer.
    »Es dauert zu lange, das Geld zu holen«, rief ich. »Ich gebe Euch mein Ehrenwort; wenn Ihr wollt, unterzeichne ich Euch auch ein Papier.«
    »Wer, glaubt Ihr, kann das von den Männern hier lesen?« brummte er. »Zahlt im voraus, wie ich gesagt habe.«
    Ich knirschte mit den Zähnen und warf meiner ungewollten Begleiterin einen Blick zu. Sie hob die Augenbrauen und sagte halblaut zu mir: »Laßt es sein, mein Freund. Die Fuhrleute drüben in der Stadt haben inzwischen zugesagt, ohne irgend etwas im voraus zu verlangen.«
    Der Sprecher der Flößer und ich riefen gleichzeitig: »Was!?«
    Sie richtete den Blick auf den Flößer und lächelte ihn freundlich an. »Wir würden natürlich den Auftrag lieber Euch erteilen«, erklärte sie. »Wenn es darum geht, die Zuverlässigkeit der Flußfahrer mit derjenigen der Fuhrleute zu vergleichen ...«
    »Das will ich meinen«, grollte er und blickte mich finster und gleichzeitig geschmeichelt an.
    »Wißt Ihr«, sagte sie, als wäre es ihr eben erst eingefallen, »zuerst wollten die Fuhrleute auch einen Teil der Bezahlung im voraus; aber ihr Sprecher – ich habe den Namen vergessen ...«
    »Herbert Wagner«, unterbrach der Flößer, »ein feister Mensch mit einem Vollbart und einer eingefetteten Glatze.«
    »Das kann sein«, erklärte sie. »Die Namen in Eurer Sprache sind schwer zu behalten. Nun, auf jeden Fall wurde er angesichts dieses Ansinnens seiner Männer wütend. Er sagte ...«
    Sie verstummte und senkte den Kopf. Als wollte sie ihre nächsten Worte bei sich behalten, hielt sie sich die Hand vor den Mund. Von meinem Standpunkt aus konnte ich sehen, daß sie amüsiert die Lippen spitzte.
    »Was hat er gesagt, dieser Wegelagerer?« fragte der Sprecher der Flößer voll dunkler Vorahnung.
    »Daß nur die Gauner von Flußschiffern die Bezahlung im voraus verlangen würden, weil sie wüßten, daß die Hälfte ihrer Flöße ohnehin untergeht«, sagte sie hastig. »Es tut mir leid: Ihr habt gewollt, daß ich das sage.«
    Er weitete die Augen und starrte aufgebracht von ihr zu mir. Ich besaß soviel Geistesgegenwart, mit den Schultern zu zucken. Die Flößer hinter ihm begannen laut zu murren und die Fäuste zu ballen.
    »Es ist nichts Ehrloses dabei, wenn man den Lohn vorab verlangt – unter diesen Auftragsbedingungen!« rief der Sprecher der Flößer anklagend.
    »Selbstverständlich nicht«, sagte sie, und wie sie es sagte, hörte es sich wie das genaue Gegenteil davon an. Er kniff ein Auge zusammen.
    »Also gut!« knurrte er dann und sah mich wütend an. »Die Hälfte des Lohns vorab. Was sagt Ihr dazu?«
    Ich starrte ihn an.
    »Ihr habt die Aussage der Fuhrleute

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