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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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waren noch genügend Flößer auf dem kiesigen Schwemmlandstück vor der Stadtmauer, daß ich doppelt soviel Leinwand hätte nach Landshut transportieren können. Sie saßen und standen um die Reste eines Feuers herum, das sie in der Nähe der Stadtmauer entzündet hatten; man konnte diejenigen, die aus Landshut waren und in den kleinen Häusern entlang der Stadtmauer lebten, nicht unterscheiden von den Auswärtigen, denn beide Gruppen waren unrasiert und verdreckt, und ich hätte die achtlos herumgeworfenen Knochen und die schräg im Kies liegenden Bierfässer nicht sehen müssen, um zu wissen, daß sie die Nacht hindurch gefeiert hatten. Ich war nicht gerade glücklich über den verkaterten Anblick, den die meisten von ihnen boten: Wie viele würden sich unter diesen Umständen für einen Auftrag entscheiden, der eine Menge Arbeit versprach? Mein Pferd kam auf dem losen Kies ins Stolpern, und ich stieg ab und zerrte es hinter mir her auf die Ansammlung zu.
    Als ich näher gekommen war, bemerkte ich, daß einige der Männer sich um einen weiteren Mann gruppierten, der so aussah, als hätte er die Nacht auf anständige Weise verbracht. Ich hörte ihn reden und erkannte, daß es einer der vom Stadtkämmerer mit dem Ankauf des Holzes Beauftragten sein mußte: Er verhandelte den Preis für die schweren Baumstämme, aus denen die Flöße zusammengebunden waren. Die Antworten, die die Flößer mit rauhen Stimmen gaben, waren vernünftig genug. Vielleicht fühlten sie sich nicht so unausgeschlafen und elend, wie einige von ihnen aussahen.
    Nachdem sie ihren Handel mit dem Holzbeauftragten abgeschlossen hatten, wandten sie sich mir zu. Es schien, daß sie einen Dreierrat gebildet hatten, der für die Gruppe sprach, solange sie hier vor den Toren der Stadt beisammen waren. Sie grüßten mich mit freundlicher Aufmerksamkeit, als ich mich vorstellte.
    »Wären einige von Euch an einem Auftrag interessiert?« fragte ich, und sie sahen sich an und scharten sich dann um mich.
    Zuerst waren die Flößer nicht sonderlich begeistert; vermutlich hatten sie damit gerechnet, einen kleineren Auftrag zu erhalten, der sie lediglich ein paar Meilen flußab- oder -aufwärts führen würde. Als ich ihnen auseinanderlegte, worum es ging, schüttelten sie die Köpfe und winkten ab.
    »Seht einmal«, sagte einer der von ihnen gewählten Sprecher, während wir auf Holzklötzen um das wiederaufflackernde Feuer saßen und ein paar der Männer die letzten Schlucke schalen Bieres kreisen ließen. »Wenn es stimmt, was man hört, werden zu dieser Hochzeit alle Bürger der Stadt kostenlos mit Speisen und Getränken versorgt; was bedeutet, daß auch die ärmsten unter uns einmal die Gelegenheit erhalten, sich die Bäuche vollzuschlagen und sogar noch etwas mit nach Hause zu bringen. Wir Landshuter Flößer haben die Erlaubnis erhalten, unsere auswärtigen Kameraden zu beherbergen, damit auch ihnen die Großzügigkeit des Herzogs zuteil wird. Keiner will sich das entgehen lassen; darum will keiner zu einer Mission aufbrechen, die ihn vielleicht nicht rechtzeitig zurückbringt.«
    »Sie wird ihn rechtzeitig zurückbringen!« rief ich. »Nur dann hat die ganze Sache überhaupt Sinn. Versteht Ihr das nicht?«
    »Das Risiko ist zu groß. So eine Freigiebigkeit wie bei dieser Hochzeit erfährt man nur einmal im Leben.«
    Ich stöhnte. Als ich mir aufgeregt durch die Haare fuhr, fiel mein Blick auf die im Wasser schaukelnden Flöße. Ich fragte: »Haben die auswärtigen Flößer schon alle ihr Holz verkauft?«
    »Nein, noch nicht. Der Holzmeister des Herzogs hat uns mitteilen lassen, daß die Stapelplätze vorerst voll sind und das Holz reichen wird. Ich wage das zu bezweifeln, aber er läßt sich nicht umstimmen.«
    »Wie wäre es«, sagte ich, »wenn ich anbiete, daß ich jedem auswärtigen Flößer, der meine Fuhre übernimmt, das Holz zu verkaufen versuche, und ihm vom Gewinn – sagen wir, achtzig Prozent übergebe? Wie wird der Gewinn üblicherweise aufgeteilt? Sechzig zu vierzig?«
    »Das hört sich nobel an«, sagte der Sprecher. Er beriet sich eine Weile mit seinen beiden Kollegen, dann rief er die versammelten Flößer zu sich und unterbreitete ihnen meinen Vorschlag. Die hageren, bärtigen Gesichter der Männer wurden nun nachdenklich, und ein paar warfen mir lange Blicke zu, als wollten sie ermessen, inwiefern ich in der Lage war, mein Angebot auch einzulösen. Einige nickten schließlich, aber die Mehrzahl hatte immer noch ein Problem, und diese

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