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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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stimmten die Zaudernden wieder um. Der Sprecher der Flößer wandte sich wieder mir zu.
    »Was hattet Ihr Euch als Entlohnung für die Fuhre gedacht?«
    »Den üblichen Fuhrlohn, was sonst?«
    »Das ist lächerlich.«
    »Wieso ist das lächerlich?« fuhr ich auf. »Ich besorge Euch einen Auftrag, mit dem Ihr Geld verdienen könnt, anstatt tagelang hier im Kies zu liegen und auf den Beginn der Hochzeitsfeierlichkeiten zu warten, ohne auch nur einen halben Pfennig einzunehmen. Ich garantiere Euch, daß Ihr rechtzeitig zurück sein werdet, weil auch das ganze Gelingen meines Handel davon abhängt. Und«, ich erhob meine Stimme noch lauter, aber es hatten mir ohnehin schon fast alle zugehört, »und zusätzlich biete ich Euch an, während Eurer Abwesenheit Eure im Wasser verschimmelnden Holzbalken zu verkaufen und Euch fast den gesamten Gewinn davon zu übergeben, obwohl ich die ganze Arbeit damit haben werde.«
    Sie steckten die Köpfe wieder zusammen und berieten sich aufs neue, und wiederum war ich gezwungen, der trägen Prozedur hilflos zuzusehen. Die Zeit brannte mir unter den Nägeln, und ich war so überrascht von der Halsstarrigkeit der Flößer, daß ich die in Geschäftsangelegenheiten übliche Diplomatie völlig vergessen hatte. Womöglich hatte ich es mir mit ihnen jetzt vollends verdorben. Ich verdrehte die Augen, während ich mit schmerzendem Gesäß auf dem Holzstumpen saß und ihre Diskussion verfolgte, und ich konnte mir nicht helfen, aber der Gedanke, aufzuspringen und zu rufen: Vergeßt die ganze Geschichte! und meine hundertfünfzig Gulden in den Wind zu schreiben, stieg immer stärker in mir hoch. Ich war beinahe erstaunt über meine eigene Resignation; sonst war ich zäher.
    Endlich waren sie zu einem Ergebnis gekommen. Das Stimmengewirr flaute wieder ab.
    »Einige der Männer sind aus der Scharnitzer Gegend«, sagte der Sprecher der Flößer. »Sie haben sich bereit erklärt, die Fuhre zu übernehmen; sie sagen, sie wären am besten in der Lage, den Transport so schnell wie möglich abzuwickeln, weil sie die Leute am Ausgangsort kennen und notfalls schnell Hilfe rekrutieren können.«
    Ich schloß die Augen und sagte: »Ihre Kinder und Kindeskinder sollen vor Gesundheit strotzen.«
    Der Sprecher ließ sich nicht beeindrucken; mit ruhiger Stimme fuhr er fort: »Sie bestehen allerdings darauf, daß Ihr ihnen die Entlohnung sofort auszahlt.«
    Ich öffnete die Augen wieder und starrte ihn bestürzt an. Er gab meinen Blick fest zurück, und ich sah, daß sich viele Augenpaare auf mein Gesicht gerichtet hatten. Ich sagte eisig: »Man bezahlt den Fährmann nicht, bevor man übergesetzt hat.«
    »Dies ist aber eine ganz besondere Fuhre«, erwiderte der Sprecher und lächelte.
    Ich sah von ihm zu den anderen, zu denjenigen, die mich mit brennenden Augen musterten. Kaum einer schlug den Blick nieder. Ich atmete ein und wieder aus; ich wußte, wann ich geschlagen war.
    »Also gut. Ich bin einverstanden.«
    Der Sprecher der Flößer grinste; er spuckte kräftig in seine rechte Hand und hielt sie mir hin, und ich tat es ihm nach und schlug ein. Auch ich grinste; dann kam mir schlagartig etwas zu Bewußtsein, und meine Freude verflog. Ich ließ seine Hand los und suchte unter meinem Wams herum, aber ich wußte, daß ich nicht finden würde, was ich suchte. Ich hatte keine Veranlassung gesehen, mehr als ein paar Pfennige einzustecken.
    »Ich habe nicht soviel Geld bei mir«, sagte ich.
    Ein paar der Umstehenden verzogen die Gesichter, und einer zischte hörbar. Der Sprecher der Flößer schüttelte den Kopf.
    »Es gibt kein neues Angebot«, sagte er fest. »Die Bezahlung im voraus, oder Ihr könnt den Handel vergessen.«
    Ich biß die Zähne zusammen und erwiderte: »Mein Hof ist eine ganze Strecke weit vor der Stadt. Ich muß eigens dorthin zurückreiten.«
    »Dann leiht Euch in der Stadt Geld.«
    Ich schnaubte unlustig; ich hatte noch nicht daran gedacht. Sebastian Löw kam mir in den Sinn, doch zu ihm zu gehen war mir peinlich. Andererseits war der Weg zu meinem Hof und wieder hierher zurück zu lange; sie mochten es sich nochmals anders überlegen, während ich weg war, oder wieder mit der Sauferei beginnen und dann unbrauchbar sein.
    In die Gruppe der Flößer kam plötzlich Bewegung, und mir wurde bewußt, daß sie alle mit einem seltsamen Gesichtsausdruck über meine Schulter spähten. Ich dachte: Tannberger ist schon angekommen; aber er hätte mit den Pferden mehr Lärm gemacht. Ich drehte mich

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