Der Turm der Könige
Felder ihrer Spielbretter konzentriert hatten, sahen auf, als sie den Ausruf des Priors hörten. »Du darfst nicht heiraten! Du gehörst einem religiösen Orden an, du hast ein Gelübde abgelegt, das …«
»Nein, ich habe kein Gelübde abgelegt«, unterbrach er. »Als ich unter Einsatz meines Lebens den Janitscharen entkam, um nach Malta zurückzukehren, versuchte ich, mein früheres Leben der Einkehr und des Gebets wiederaufzunehmen. Ich bemühte mich mehrere Jahre lang, doch das, was ich bei den Türken herausgefunden hatte, brachte mit sich, dass ich mich in eine neue Aufgabe stürzte. Und als mir der Großmeister seine Erlaubnis erteilte, beschloss ich, diese Mission anzunehmen. Ich verließ Malta und reiste nach Sevilla. Und da bin ich … Auch wenn man nicht behaupten kann, dass ich irgendwelche Fortschritte gemacht hätte«, schloss León sichtlich bekümmert.
»Sag das nicht, lieber Bruder.« Bruder Dámaso schien seinen Unmut zu bedauern. »Die Klugheit eines Menschen bemisst sich an seiner Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen und den Schmerz, die Angst, das Glück, den Hass oder die Liebe seiner Mitmenschen so zu empfinden, als wären es seine eigenen. Und du kennst beide Welten, die christliche und die muslimische. Du hast einen Vorteil. Du bist viel wertvoller als jeder von uns, die wir unser Leben in diesen vier Wänden damit zugebracht haben, tausend Schachpartien, Spielzüge, Rochaden und Schachmatt zu analysieren. Deshalb setzen wir unser ganzes Vertrauen in dich. Du wirst es sein, der …«
»Ein Vertrauen, für das ich Euch dankbar bin«, unterbrach ihn León, und seine Finger streichelten mechanisch über die elfenbeinerne Figur in seiner Tasche. »Ihr wisst, dass ich alles dafür gäbe, dieses Unternehmen zu einem guten Ende zu bringen.«
»Glaubst du, dass du besser an Informationen kommst, wenn du mit der Witwe von Don Diego López de Haro verheiratet bist? Wirst du leichteren Zugang zu weiteren Orten im Haus haben?«, kam Bruder Dámaso auf das Thema der Heirat zurück. »Hast du etwas Neues herausgefunden?«
»Nein, das ist nicht der Grund, weshalb ich heiraten will«, antwortete León. »Es war wirklich eine Enttäuschung, als ich zum ersten Mal in die Druckerei kam und erfuhr, dass Don Diego gestorben war. Ich dachte, meine Mission sei gescheitert«, seufzte er. »Doch dann fasste ich mich wieder und überlegte, dass womöglich seine Frau etwas wissen könnte. Deshalb bot ich mich an, dort zu arbeiten. Ich nahm an, wenn ich in der Druckerei wohnen würde, wäre es leichter, herauszufinden, ob dort etwas versteckt ist. Aber ich habe schon überall gesucht; da ist nichts«, erklärte er. »Die Spielregeln sind nicht dort, und Doña Julia hat keine Ahnung von der ganzen Sache.«
»Aber dann«, fiel Bruder Dámaso ihm ins Wort, »begreife ich nicht, was dieser Unsinn mit der Heirat soll. Als du hierher kamst, schienst du entschlossen, dein Leben dieser Mission zu widmen … Sie war es, die dich hergeführt hat. Du wusstest um unsere Verantwortung und wolltest uns vor der Gefahr warnen und helfen, unsere verlorene Ehre wiederherzustellen … Du darfst dich nicht von weltlichen Verlockungen blenden lassen. Du bist nicht wie die anderen.«
»Was ich für Doña Julia empfinde, ist keine weltliche Verlockung.« León schien getroffen. »Ich bin nicht mehr derselbe, wenn sie nicht in der Nähe ist. Ich habe die Hoffnung, dass Ihr Gebrauch von jener Klugheit macht, von der Ihr eben spracht, und begreift, was es für mich bedeutet, diese Frau zu lieben.« Er seufzte und wechselte dann das Thema. »Ihr könnt jederzeit auf mich zählen. Ihr wisst genau, dass ich Laie und gleichzeitig Mitglied des Ordens sein kann und dass ich Euch in dieser Hinsicht nicht enttäuschen werde. Hier bin ich, ich stehe zu meinem Versprechen, ich kenne meine Aufgabe und weiß, wonach ich suche. An meiner Frömmigkeit kann kein Zweifel bestehen. Aber das Schicksal hat es gewollt, dass ich ein christlicher Laie bin, und als solcher kann ich heiraten.«
»Wir müssen uns über diese Angelegenheit beraten«, sagte der Prior ein wenig ungehalten. »Man muss nach Malta schreiben, den Großmeister über deine Absichten informieren, seine Erlaubnis erbitten …«
»Ich bin nicht gekommen, um Eure Erlaubnis zu erbitten, Bruder Dámaso«, stellte León klar. »Ich wollte Euch nur darüber in Kenntnis setzen, dass ich in einem Monat heirate.«
***
BEVOR ER IN DIE DRUCKEREI zurückkehrte, ging León an den
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