Der Turm der Könige
ihm die Hand auf die Schulter.
»Keine Sorge, Cristóbal, Sie werden immer bei uns bleiben. Sie sind unersetzbar für mich, und daran wird auch meine Hochzeit nichts ändern. Es gibt keinen besseren Druckermeister in ganz Sevilla, und ich möchte Sie nicht verlieren. Sie waren doch auch zu Don Diegos Lebzeiten Meister.« Cristóbal nickte mit gesenktem Blick. »León wird von nun an das sein, was Don Diego damals war«, flüsterte Julia und strich dem Mann über den Kopf, wie man einen Hund tätschelt.
Cristóbal konnte sich nicht länger beherrschen und ergriff die Hände der Frau, um sein Gesicht darin zu verbergen. Er weinte eine ganze Weile, ziemlich unbeholfen, weil er keine Übung darin hatte.
»Sie sind einsam, Cristóbal, das ist es. Es ist nicht gut, wenn ein Mann alleine ist … Und dann sind Sie noch so verschlossen. Mit dem Unglück ist es wie mit einem Eiterpustel: Wenn man ihn nicht ausdrückt, entzündet er sich immer weiter. Sie sollten sich eine nette Frau suchen, heiraten und Kinder kriegen.«
»Das ist es, was ich immer wollte«, seufzte er und holte tief Luft. Dann sah er ihr zum ersten Mal in die Augen. »Ich wollte immer eine Familie haben, Sicherheit, ein eigenes Leben. Aber das ist alles nicht so einfach …«
»Sie verbringen zu viel Zeit mit der Arbeit, da ist es natürlich schwierig, einem Mädchen den Hof zu machen. Überlassen Sie das nur mir. Ich werde die perfekte Frau für Sie finden. Sie werden sich verlieben und glücklich sein. So wie es mir passiert ist.«
Doña Julia lächelte ihn freundlich an, und ihm wurde bewusst, wo sein Platz in der Welt war, in welche Ecke ihn dieser verfluchte Seemann für den Rest seines Lebens gedrängt hatte. Der mitleidige Blick der Frau seiner Träume, diese freundliche Rücksichtnahme, ihr Angebot, einen Ersatz für sie zu finden, schmerzte ihn mehr als eine Ohrfeige.
***
DIE HOCHZEIT VON DOÑA JULIA GIL DE LA SIERPE und León de Montenegro fand statt, als die Aussteuer fertig ausgepackt war und die Risse, die das Erdbeben in den Wänden des Patios hinterlassen hatte, mit Blumengirlanden geschmückt waren. So konnte das Brautbankett dort angerichtet werden, ohne dass man das Gefühl hatte, sich in einem Katastrophengebiet zu befinden.
»Eine Hochzeit in Weiß und mit Orangenblüten ist etwas für junge Mädchen. Eine Witwe sollte sich zurückhaltend kleiden«, riet ihr Mamita Lula.
Es waren nur knapp zwanzig Gäste geladen. Für Juan Nepomuceno war es ein großer Erfolg, dass er seine Frau überzeugen konnte, an dieser Hochzeit teilzunehmen, die sie tagelang verdrängt hatte in der Hoffnung, sie könne sich in einen bösen Traum verwandeln. Der Apotheker versuchte, sie mit allen Mitteln zu erweichen. Er drohte damit, ihr diesen Affront nie zu vergessen, doch was sie am Ende überzeugte, war der Hinweis darauf, dass sie vor der ganzen Stadt eingestand, dass es Spannungen in der Familie gab, wenn sie der Hochzeit ihrer einzigen Tochter fernblieb. Julias Mutter wollte nicht zulassen, dass man hinter ihrem Rücken über sie tuschelte. Sie schluckte ihren Stolz hinunter, wobei der Kirschlikör durchaus hilfreich war. Dann holte sie ihre besten Kleider aus dem Schrank und setzte ein strahlendes Lächeln auf, das sie während der ganzen Feier nicht ablegte, so dass sie am nächsten Tag Muskelkater im Gesicht hatte.
Nach der Hochzeit zogen sich die Frischvermählten auf das Familienanwesen in Carmona zurück, wo Julia die Sommer ihrer Kindheit verbracht hatte. Sie war seit Jahren nicht mehr dort gewesen. Aber sie sah sich gezwungen, das ebenso großzügige wie unerwartete Angebot ihrer Eltern anzunehmen, als sie erfuhr, dass sich die Instandsetzungsarbeiten in der Druckerei um einige Monate verzögern würden. Der Handwerker, der die Schäden begutachtete, betrachtete die Risse unwillig und mit sorgenvollem Gesicht.
»Ist es sehr schlimm?«, fragte Mamita Lula besorgt.
»Na ja«, antwortete er lakonisch, schüttelte den Kopf und kratzte sich den Stoppelbart.
Dann begann er die Wände abzutasten. Er klopfte sie mit den Knöcheln ab und presste sein Ohr dagegen, wie ein Arzt, der einen Kranken abhorchte. Er ging ins Speisezimmer, den Korridor entlang, dann in den Patio und die Treppe hinauf, begleitet von den besorgten Blicken der Hausbewohner, die ihm folgten wie dem Rattenfänger von Hameln. Er machte die Runde durchs ganze Haus, und als er zum Ausgangspunkt zurückkehrte, zog er mehrere Blatt feinstes Reispapier aus seiner Mappe und klebte
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