Der Turm der Könige
wurde im Patio angebracht, damit die Sonne weder der Torte noch den Gästen zusetzte. Ein Fass Wein aus Villareal, Sangría und Limonade wurden angeliefert. Korinthengebäck wurde vorbereitet, Häppchen, Salat, süßsaures Bries, Rebhühner in Mandelsauce und eine riesige, dreistöckige Torte. Die Tische wurden in Reihen unter den Bögen des Patios aufgestellt und die Speisen darauf angerichtet. Gegen Mittag füllte sich die Druckerei mit Verwandten, Angestellten, Freunden, Bekannten, Nachbarn und Kunden, die lachend herumstanden, dem Büfett zusprachen und nichtssagende Gespräche führten, bis es Zeit war, die Torte zu holen.
Mamita Lula hatte einen gut sichtbaren Platz neben dem Brunnen mit den dicken Putten dafür vorgesehen, aber einige unachtsame Gäste hatten ihre Teller und Gläser dort abgestellt, die nun rasch eingesammelt werden mussten. Cristóbal bot sich an, die Torte aus der Küche zu holen. Der Kuchen war so riesig, dass nur ein gewaltiger Sahneberg zu sehen war, als der Druckermeister damit ankam, ein schneeweißes Gebirge auf zwei Beinen. Genau in diesem Moment machte sich Abel auf einen seiner Erkundungsgänge. Unverständliche Wörter brabbelnd, tapste er auf seine Geburtstagstorte zu, ohne dass jemand auf dem Fest es bemerkte. Cristóbal sah ihn erst im letzten Augenblick, als er schon das rechte Bein angehoben hatte, um den nächsten Schritt zu machen.
Er konnte nicht mehr und stieß gegen einen Stuhl. Ein Reflex hinderte ihn daran, den Kuchen loszulassen; das Einzige, was die Gäste sahen, war ein schwankender Berg Sahne, der außer Kontrolle geraten war. Der Druckermeister drehte sich um die eigene Achse, trat sich selbst auf den Fuß und stolperte auf den Tisch zu. Für eine Sekunde glaubte er, er werde ihn ohne Gefahr für seine körperliche Unversehrtheit erreichen, doch im letzten Augenblick rutschte er aus und fiel unter dem Klirren zu Bruch gehender Gläser der Länge nach hin, und das so unglücklich, dass er mit dem Gesicht in der Torte landete.
Es wurde still. Dann tapste Abel auf Cristóbal zu, streckte seinen kleinen Zeigefinger nach der Nase des Druckermeister aus, tauchte ihn in die Sahne und steckte ihn unter dem lauten Beifall der Anwesenden in den Mund. Die Damen nahmen den Kleinen auf den Arm, und die Männer kniffen ihn in die Wange, während Cristóbal versuchte aufzustehen. Er biss sich auf die Lippen, um nicht in Tränen auszubrechen, und unterdrückte den ersten Impuls, das Haus mit einem lauten Türenknallen für immer zu verlassen.
Aber er tat es nicht. Er hatte dem »Alten Weisen« versprochen, ihn über alles auf dem Laufenden zu halten, was in der Druckerei vor sich ging. Außerdem wollte er sich nicht von Doña Julia trennen. Nur bei ihr verlor er seine sauertöpfische, strenge Art, nur sie entlockte ihm eine Miene, die man nahezu ein Lächeln nennen konnte. In der Stadt hatte er den Ruf, äußerst streitbar zu sein. Außerdem war er ein häufig gesehener Gast in den Hafenkaschemmen, wo um Geld Karten gespielt wurde. Die Behörden waren machtlos, obwohl das Glücksspiel bereits seit einiger Zeit verboten war. Er besuchte auch das Punta del Diamante gleich neben der Druckerei, wo außer Kaffee, Tee und Schokolade auch Süßwein aus Sanlúcar ausgeschenkt wurde, dem Cristóbal tüchtig zusprach.
Man redete über seine häufigen Besuche im Bordell, wo er seinen Lohn für die käufliche Liebe üppiger Frauen ausgab, die ihn in ihre Matronenarme schlossen, während er sich auf ihnen auf und ab bewegte wie ein Schiff in einer stürmischen Nacht. Dann schlief er neben ihnen ein und erwachte verwirrt und zerschlagen wie ein Schiffbrüchiger, der soeben an den Strand gespült worden war. Wenn er schließlich auf den festen Boden der Tatsachen zurückkehrte und sich neben der jeweiligen Frau wiederfand, die so gar nichts mit der stolzen, selbstbewussten Doña Julia gemeinsam hatte, packte ihn ein wilder Zorn. Er schäumte förmlich vor Wut, beschimpfte wüst die liederlichen Weibsbilder und ließ seine Rage an der Einrichtung oder den Frauen aus, bis man ihn schließlich hinauswarf.
Aber Julia brachte ihren Werkstattmeister nicht mit dieser Welt von Sauferei und bezahlten Frauen in Verbindung. Für sie hatte die säuerliche Miene, die Cristóbal so häufig zur Schau trug, viel mit seinem hartnäckigen Junggesellendasein zu tun. Deshalb bemühte sie sich nach dem lächerlichen Unfall an Abels Geburtstag, ihm eine Frau zu suchen.
Angesichts der steigenden Zahl von
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