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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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zu, doch sie schloss nicht richtig; der Volvo war alt, und man musste die Tür zuknallen. Deshalb öffnete Merrily die Tür noch einmal und bekam mit, was Sophie beim Weggehen vor sich hinmurmelte.
    Sie saß bei weit offenstehender Tür da – womöglich stand ihr Mund genauso weit offen   –, bis Sophie verschwunden war. Dann, um nicht nachdenken zu müssen, schnappte sie sich ihr Handy und rief bei David Shelbone zu Hause an, um dieses Mal wirklich darauf zu bestehen, dass er die Polizei einschaltete.
    Er hob nicht ab. Auf dem stillen Hof des Bischofspalastes betete sie für die Shelbones, dann ließ sie den Motor an und drehte die Musikanlage auf.
    Um 19   :   03   Uhr war sie von der Straße bei Knight’s Frome in denmittlerweile vertrauten Weg eingebogen und hatte den Volvo zwischen den Stallungen und dem Cottage abgestellt. Auch Lols Astra stand dort, um Jahre älter als die Bäume, die Prof Levin gesetzt hatte, um sein Studio vor fremden Blicken zu schützen.
    Die Stallung war offen, und Merrily betrat den vorderen Küchenbereich, stellte ihre Handtasche auf die Frühstückstisch-Kiste und ging den kurzen Durchgang bis zum Studio entlang. Die Tür war nur angelehnt. Sie lugte durch den Spalt.
    Ein Teil des Stallgebäudes war bisher nicht verändert worden. Drei ehemalige Boxen aber waren schon zu Aufnahmekabinen umgebaut. Und in einer davon saß Lol mit dem Rücken zur Tür und einer Gitarre auf dem Knie. Sie sah, dass sich an dem kleineren der beiden Bandgeräte weiter links die Spulen drehten. Er nahm ein Demo für Prof Levin auf. Merrily wusste, welche Anweisungen Lol von Levin erhalten hatte.
    Ein Kopfhörer, aus dem ein Summen zu hören war, hing an einem Metallhaken neben dem Bandgerät. Sie streifte die Schuhe ab und ging hinüber. Es war ruhig und warm. Mit dem Gefühl, eine akustische Voyeurin zu sein, setzte sie sich den Kopfhörer auf.
    Die Musik hörte auf. «Mist», murmelte Lol müde in ihren Kopf. Eine kurze Stille folgte, dann wurde eine Saite neu gestimmt. Die klare Akustik hatte etwas überwältigend Intimes: Sie hörte seinen Atem und sogar die Bewegungen seiner Finger an den Gitarrenwirbeln.
    Lol sagte: «Take sechs.»
    Die Gitarre, in Moll gestimmt, hatte einen unglaublich tiefen und vollen Klang. Merrily fühlte sich, als säße sie innerhalb des Resonanzkörpers und zugleich auch im Herzen des Gitarristen, und Tränen stiegen ihr in die Augen, als Lols Stimme erklang, leise, nasal und rau. Die schockierend voll tönende erste Zeile fiel wie ein Stein in einen tiefen, tiefen Brunnen.
    «Wenn vor deinem Altar du kniest   …»
    Merilly erstarrte. Lol hielt inne. Er räusperte sich. Er seufzte.
    «Take sieben.»
    Merrily hatte sich an den Seiten der Bandmaschine festgehalten, als ob sie selbst ein Teil des Gerätes wäre, selbst alles aufnehmen würde, jeden leisen, drängenden, fragenden Satz. Sie erinnerte sich daran, dass Lol mit ihr in der Kirche von Knight’s Frome gewesen war, und an den Ausdruck von Verlust in seinen Augen, als sie aus der Sakristei als Priesterin hervorgetreten war.
    Er fing von vorne an.
    «Wenn vor deinem Altar du kniest,
    siehst du da einen größeren Plan?
    Hörst du Ihn, zu dem du sprichst?
    Liebst du Ihn wie einen Mann?
    Oder war es ein Gefühlsverzicht,
    das neue Ziel zu wählen,
    die Heilung der Seelen?»
    Merrily hatte den Kopfhörer zurückgehängt und war hastig aus dem Stall gelaufen. Die Schuhe hatte sie unter den Arm geklemmt, und draußen bohrten sich der ausgedörrte Schlamm und die Steine schmerzhaft in ihre Fußsohlen.
     
    «Die Schwarze Madonna», sagte Al Boswell. «Sara
la Kali

    Kerzen, die in Flaschen gesteckt auf dem Tisch brannten, hoben sein Kobold-Profil dramatisch hervor. Nach ein paar Gläsern Wein war er nun ruhiger als zuvor, und sie saßen zu viert um den Holztisch vor dem
Vardo
.
    «Eine französische Heilige des Mittelalters», rief sich Merrily laut sprechend ins Gedächtnis. «Hatte sie nicht irgendetwas mit Maria Magdalena zu tun? War sie eine Dienerin?» War dasdie Frau auf dem merkwürdig unpassenden Bild in Allan Henrys Wohnzimmer?
    «Die Zigeuner in Frankreich standen in engem Zusammenhang mit der katholischen Wallfahrt von Saintes-Maries-de-la-Mer in der Camargue», sagte Sally Boswell. «Dort sollen die drei Marien   – Maria Salomé, Maria Jakobi und Maria Magdalena – an Land gekommen sein, und dort sollen ihre Reliquien unter der Kirche entdeckt worden sein   … und später, in einer Bronzetruhe, auch

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