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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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stärker unter Druck setzten und ihn dazu zwangen, seinen Besitz Stück für Stück zu verkaufen.
    «Großes Drama», sagte Prof lakonisch.
    Das Land war von mehreren Bauern gekauft worden, von denen die meisten nicht aus Knight’s Frome stammten. So erklärte sich, weshalb es kaum noch eine Dorfgemeinschaft gab und warum so viele der verstreut liegenden Gebäude inzwischenvon Zugezogenen wie Prof bewohnt wurden. Ein paar der alten Hopfenfelder wurden wieder bepflanzt, doch die Nachfrage war stark gesunken, seit so viele Brauereien billigeren Hopfen aus Deutschland und den USA importierten. Das war auf der einen Seite sehr schade, hatte Sally Boswell gesagt, denn die dicke Lehmschicht in den Tälern des Frome und des Lugg bot dem Hopfen ideale Wachstumsbedingungen. Auf der anderen Seite war es keineswegs schade; es war nämlich kein Zufall, dass der dritte Raum des Museums der düsterste war – er wirkte wie ein pragmatischer Schlussakkord zum veralteten Lied vom Hopfen.
    Doch nicht jeder glaubte, dass die große Zeit vorbei war. Und zuallerletzt glaubte das Adam Lake, der Sohn des Kaisers.
     
    Obwohl der Sturm vorbei war und die Felder im Licht der Abendsonne dampften, kam der Strom nicht zurück, und Prof verkündete genervt, dass er schlafen ginge.
    «Ruf mich, wenn es dunkel ist, Laurence   …
falls
wir dann endlich wieder Saft haben. Ich kann bei Dunkelheit besser arbeiten, das weißt du ja.»
    Lol sah ihm nach, wie er über den Hof zum Cottage stapfte, dann setzte er sich eine Zeitlang ins Studio und probierte den Frome-Song noch einmal auf der Boswell aus und dann, weil er das Gefühl hatte, sie zu vernachlässigen, auch noch auf seiner vertrauten alten Washburn.
    Doch dem Song fehlte immer noch die Richtung, und so gab er irgendwann auf und ging hinaus in den leuchtenden Abend. Bei tropfenden Bäumen und zwitschernden Vögeln unternahm Lol seinen ersten Streifzug zu dem, was einmal die Gemeinde Knight’s Frome gewesen war.
    Ein Schlammteppich erstreckte sich von einem Bauernhof bis zum Rand dessen, was einmal das Zentrum der Siedlung gewesensein musste. Von großen, alten Bäumen, Eichen, Sykomoren und Rosskastanien, fielen schwere Tropfen auf die Dächer von Steinhäusern und Fachwerk-Cottages, die wie wilde Pilze aus dem Boden gewachsen zu sein schienen. Eine buckelige Brücke überspannte den Frome, und auf ihrer anderen Seite standen die Kirche, eingesunken wie eine alte Scheune, und das Pfarrhaus, in dem Simon St.   John wohnte.
    Es gab keine Läden mehr, aber ein Pub hatte überlebt – ein Pub, der, wie Lol erfahren hatte, vor sechzig Jahren in einem der Cottages eingerichtet worden war, damit die Hopfenpflücker bewirtet werden konnten. Der Pub hatte sich kaum verändert. Es gab keine einladenden Hinweise auf Kaffee oder Speisenangebot, keine grob gezimmerte Kletterburg bot Kindern Unterhaltung. Lediglich eine verwitterte Bank stand unter dem Vordach.
    Der Pub hieß
Hop Devil, Hopfenteufel
, doch auf dem Wirtshausschild war nichts Dämonischeres zu sehen als eine Kohlenpfanne, von deren roter Glut Rauch aufstieg. Das Schild hing an einem Balken, der an der Straßenseite des Pubs über den ungepflasterten Vorplatz ragte.
    Es war beruhigend zu sehen, dass es noch solche Lokale gab, doch das bedeutete nicht, dass man unbedingt hineingehen musste. Lol, der ehemalige Folk-Sänger, der Traditionalist, war ziemlich argwöhnisch, wenn es um Provinz-Pubs ging – oft trafen sich nämlich in diesen düsteren Läden alte Männer in abgetragenen Tweedanzügen und junge Männer in fleckigen Jeans, und sie alle starrten einen schweigend an, bis man hastig sein Glas ausgetrunken hatte und sich wieder davonmachte.
    Als er an dem Pub vorbeiging, öffnete sich die schartige Eichentür mit einem Quietschen der rostigen Scharniere und entließ eine Wolke schalen Biergeruchs ins Freie sowie einen Mann in einem karierten Hemd mit aufgerollten Ärmeln und Baumwollhosen, die in hohen braunen Stiefeln steckten. Er schritt wütendüber die Pfützen auf dem Vorplatz hinweg, ein großer Typ mit Koteletten, der seinen Ärger mühsam unterdrückte, als er bemerkte, dass er nicht allein war.
    «’n Abend.»
    Lol trat einen Schritt zurück in den Matsch, um zu vermeiden, dass der Kerl ihn einfach niederschlug und mit einem Schritt über ihn hinwegstieg.
    «Den Sturm hatten wir echt nötig», rief der Mann über die Schulter zurück. Er war ungefähr fünfunddreißig, hatte ein hageres Gesicht und einen breiten

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