Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
bestimmt unter Denkmalsschutz stand. Es konnte nicht besonders angenehm sein, in diesem Gebäude zu wohnen. Wahrscheinlich hatte man das ganze Jahr das Gefühl, es sei tiefster Winter.
    «Ihr müsst vermutlich den ganzen Tag die Lampen brennen lassen, oder?»
    «Ein paar. Ja, wir leben wie die Maulwürfe, aber ein bisschen besser als in dem Wohnwagen ist es immerhin.»
    «Obwohl   …» Lol beendete den Satz nicht. Das konnte er nicht aussprechen.
    Stock konnte es. «Obwohl unser Esstisch an der Stelle steht, an der die netten Zigeunerjungs Onkel Stewarts Hirn auf dem Fliesenboden verspritzt haben?»
    Erneut lachte er, doch es klang nicht überzeugend. Das Licht, an das sich Lol von seinem Nachtspaziergang erinnerte, fiel schwach unter dem kegelförmigen Dach der Hopfendarre heraus.
    «Es ist gespenstisch.» Stocks Zigarette glühte zwischen seinen Rosenlippen auf wie ein verirrter Strahl der untergehenden Sonne. Er stand mit gespreizten Beinen da und wirkte wie ein psychotischerTroll. «Es ist ein gespenstischer Ort. Glaubst du an Geister, Lol?»
    Lol dachte an die nackte Frau in dem nackten Hopfenfeld, die, für einen kurzen, eisigen Moment   …
    «Ja», sagte er. «Ich glaube schon.»
    «Ich nicht.» Stock drückte seine Zigarette zwischen Zeigefinger und Daumen aus und zuckte zusammen. «Aber irgendetwas gibt es hier, mit dem man sich befassen muss.»

8   Rückläufiger Merkur
    Am späten Samstagnachmittag wirkte das Pfarrhaus stiller und riesiger, als Merrily es je erlebt hatte. Eine Frau, sieben Schlafzimmer. Sogar in der Küche war es so ruhig wie in einer Krypta.
    Sie setzte sich in Janes altem Radiohead- T-Shirt , das nach dem
Kid A
-Album angewidert ausgemustert worden war, an den Küchentisch, zog den unförmigen alten Penny aus der Gesäßtasche ihrer Jeans und betrachtete die verschwommene Frauengestalt mit dem Dreizack.
    Zuvor hatte sie im Dämmerlicht am Altar gestanden und die Münze gesegnet, doch anschließend war sie nicht in der Lage gewesen, die Sache durchzuziehen. Sie hatte eine halbe Stunde gebetet und war zu dem Schluss gekommen, dass sie keinerlei mediale Veranlagungen besaß und niemals damit rechnen konnte, den Stand der Gnade zu erreichen.
    Und dann war es Zeit gewesen, wieder nach Hause zu gehen, um Jane beim Packen zu helfen. Anschließend hatten sie die Taschen hinausgetragen, und Eirion hatte Janes Gepäck so sorgsam im Kofferraum des silberfarbenen BMWs seiner Mutter verstaut, als wäre es eine Brautausstattung. Dabei hatte er immer wiederüber die Schulter zu Jane zurückgeschaut, als müsste er sich versichern, dass sie immer noch da war, und dabei hatte die Art von Lächeln auf seinem arglosen Gesicht gelegen, die einem Dinge sagte, die man eigentlich gar nicht wissen wollte.
    Merrily ertappte sich bei dem Gedanken, dass Eirion vielleicht eher der Typ Mann war, den Jane erst in zehn Jahren hätte kennenlernen sollen, wenn sie   … ein paar Erfahrungen gesammelt hätte?
    Gott, warum war das Leben immer so schwer? Manchmal wünschte man wirklich, die Kinder könnten sich so etwas wie ein Lebenserfahrungs-Gen implantieren lassen, sobald sie in die Pubertät kamen.
    Jane hatte sich sehr praktisch und methodisch gegeben, an den Fingern die Dinge aufgezählt, die sie mitnehmen musste – und Eirions Blick gemieden, wie Merrily aufgefallen war. Eirion glaubte sie zu verstehen, aber Jane mit ihrem vielschichtigen Charakter war nicht so leicht zu durchschauen.
    Der Strom war am Vorabend nicht ausgefallen, und sie hatten kein ausführliches Gespräch mehr geführt. Aber was hätte sie schon sagen sollen?
Tue nichts, was ich nicht auch tun würde?
Sie selbst war schließlich nur ungefähr dreieinhalb Jahre älter gewesen als Jane, als sie schwanger wurde.
    «Du kommst doch klar, Mom, oder?» Ihre Tochter trug ein gelbweiß-gestreiftes Top und weiße Jeans. Sie sah aus, als wäre sie neun Jahre alt.
    «Ja, Spatz, ich esse kein Junk-Food, gehe nicht auf Saufpartys, halte mich an die Geschwindigkeitsbegrenzung und bin jeden Abend vor Mitternacht zu Hause.» Jane wirkte noch immer viel zu ernst; ihre Stimmung passte eindeutig nicht zu der Eirions. «Und, mmh   … du rufst doch ab und zu mal an aus Pembrokeshire, oder?»
    «Klar.»
    «Hast du auch genug Geld?»
    «Ich benutze das Plastikding nur, wenn’s richtig eng wird, falls es das ist, was du   …»
    «Schon gut», sagte Merrily. «Willst du das Handy mitnehmen?»
    Noch immer gab es in ihrem Haushalt nur eines.
    «Das Ding nützt

Weitere Kostenlose Bücher