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Der Turm von Zanid

Titel: Der Turm von Zanid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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waren. Zur Linken dieser Türen gewahrte Fallon etwas Weißes.
     
    Er trat näher heran. Kein Laut war aus dem Innern zu hören. Doch als er das Ohr an das kühle Metall presste, glaubte er etwas wahrzunehmen: ein schwaches, kaum hörbares Pochen oder Schlagen, das sich in regelmäßigen Abständen wiederholte. Doch war es durch die Entfernung und durch die Dicke des Mauerwerks zu gedämpft, als dass er mit Sicherheit hätte sagen können, ob es von einem Gong, einer Trommel oder einem Amboss herrührte. Nach einer Weile hörte es auf, um einen Moment später erneut einzusetzen.
    Fallon wandte seine Aufmerksamkeit von diesem Rätsel ab (dessen Lösung sich zweifelsohne ergeben würde, wenn er erst im Innern des Safq war) und dem weißen Etwas zu, das sich bei näherem Hinsehen als eine Anzahl von Anschlägen aus weißem Krishnapapier entpuppte, die mit Qulafstrauch-Dornen an das Anschlagbrett des Tempels geheftet waren. Quer über den oberen Brettrand hinweg standen die Worte DAKHT VA-YESHT ZANIDO (Kathedrale des Yesht in Zanid). Obwohl Fallon nicht sehr vertraut mit dem geschriebenen Balhibu war, gelang es ihm, die Inschrift zu entziffern. Das Wort ›Yesht‹ war nicht schwer zu erkennen, denn in balhibischer Druckschrift sah es aus wie ›OU62‹, wobei man es von rechts nach links lesen musste.
    Er trat noch näher hinzu und versuchte mit zusammengekniffenen Augen, auch die Zeichen auf den Anschlägen zu entziffern. Die fett gedruckte, obere Zeile lautete: GOTTESDIENSTPROGRAMM. Das Kleingedruckte darunter vermochte er jedoch trotz des relativ hellen Lichts der beiden Monde nicht zu lesen. (Früher, als ich noch jünger war, dachte er bei sich, nicht ohne einen Anflug von Wehmut, hätte ich damit keine Probleme gehabt.) Schließlich zog er seinen krishnanischen Zigarrenanzünder aus der Tasche und schnippte die Flamme an.
    Dann zog er einen kleinen Schreibblock und einen Bleistift hervor, hielt den Block gegen die Wand und schrieb die Wörter ab.

 
4
     
    A ls Anthony Fallon in der Rüstkammer eintraf, saß Hauptmann Kordaq an seinem Schreibtisch. Sein Helmungetüm stand neben ihm auf dem Fußboden, auf der Nase trug er eine schwarzgeränderte Brille. Er brachte eben die Kompanieberichte auf den letzten Stand. Über den Brillenrand hinweg sah er Fallon an und sagte: »Seid gegrüßt, Meister Antane! Wo ist Euer Zug?«
    Fallon erstattete ihm kurz Bericht.
    »Gut, ausgezeichnet, Meister Antane! Eine fürwahr beherzte Tat, eines echten Qarar würdig. Macht es Euch bequem.« Der Hauptmann nahm einen Krug und schenkte sich und Fallon zum Begießen dieser fahnderischen Großtat einen doppelten Shurab ein. »Sagt an, Meister Antane, seid Ihr nicht der Jagain von Gazi er-Doukh?«
    »Ganz recht. Woher wisst Ihr das?«
    »Ihr habt es einmal beiläufig erwähnt.«
    »Soso – äh –, kennt Ihr sie etwa auch?«
    Kordaq stieß einen wehen Seufzer aus. »Ja. Es gab einmal eine Zeit, da strebte ich selbst Eure jetzige Position bei ihr an. Ich brannte vor Leidenschaft wie ein Lavasee, doch ehe mein Flehen erhört war, ließ ihr einziger Bruder sein Leben, und ich verlor den Kontakt zu ihr. Dürfte ich wohl eines Tages Eure Gastfreundschaft in Anspruch nehmen, zum Zwecke der Erneuerung dieser alten Bekanntschaft?«
    »Gewiss doch, wann immer Ihr wollt. Ich freue mich auf Euren Besuch.«
    Fallon wandte sich zur Tür, durch welche soeben seine Abteilung eintrat, die pflichtgemäße Ablieferung der Gefangenen und des Zeugen im Gerichtsgebäude zu melden. Er sagte: »Ruht euch einen Moment aus, Jungs, bevor wir wieder losmarschieren.«
    Die Abteilung verteilte sich auf die freien Stühle und ruhte sich eine Viertelstunde beim Shurab aus. Dann kam eine andere Abteilung von ihrer Streife zurück, und Kordaq gab Fallons Leuten den Einsatzbefehl für die nächste Runde: »Geht zuerst die Barfur-Straße hinunter, dann haltet euch nach Süden entlang der Grenze zum Dumu, dessen Ostteil zur Zeit von Chillans Lumpenbande heimgesucht wird …«
    Der Dumu, der südlichste Stadtbezirk Zanids, war als der bevorzugte Diebesschlupfwinkel der Stadt bekannt. Die Bewohner anderer Bezirke hatten mehrfach öffentlich die Beschuldigung geäußert, dass die Verbrecher die Streife dieses Bezirks bestochen haben mussten; anders sei die Tatsache nicht zu erklären, dass sie dort fast unbehelligt ihr Unwesen treiben könnten. Die Bürgerwehr hatte sich gegen diesen Anwurf heftig verwahrt und entgegengehalten, dass sie personell völlig unterbesetzt

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